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Startseite Urgent Actions 2023 11 Stop deporting Afghan refugees
UA 109/23
Pakistan
Aktiv seit 15. November 2023 | Noch 72 Tage Laufzeit

Abschiebung afghanischer Flüchtlinge beenden!

AI-Index: ASA 33/7416/2023

Am 3. Oktober verkündete die pakistanische Regierung ihre Entscheidung, ab dem 1. November alle im Land verbliebenen nicht registrierten afghanischen Geflüchteten nach Afghanistan abzuschieben. Seit Anfang November sind Hunderttausende Menschen abgeschoben worden, und nicht registrierte Geflüchtete sind u. a. willkürlicher Festnahme, rechtswidriger Inhaftierung und der Trennung von ihren Familien ausgesetzt. Betroffen sind auch Minderjährige, Frauen und ältere Menschen. Häuser von afghanischen Geflüchteten wurden abgerissen und Grundstücke beschlagnahmt, und die Behörden verweigern Rechtsbeiständen und Angehörigen den Zugang zu den neu eingerichteten Abschiebezentren. Die pakistanischen Behörden müssen die Schikane, Inhaftierung und Abschiebung von Afghan*innen dringend stoppen, da sie damit gegen ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen verstossen.

Am 3. Oktober kündigte Pakistan an, ab dem 1. November alle im Land verbliebenen nicht registrierten afghanischen Geflüchteten in ihr Herkunftsland abzuschieben. Seitdem sind Berichten zufolge mindestens 300.000 Menschen nach Afghanistan abgeschoben worden, wo die menschenrechtliche und humanitäre Lage äusserst prekär ist.

Zehntausende afghanische Geflüchtete leben seit Jahrzehnten in Pakistan. Diese jüngste Entscheidung wird sie jedoch dazu zwingen, sich erneut nach Afghanistan und damit in Gefahr zu begeben. Ganz besonders gefährdet sind afghanische Frauen und Mädchen, deren Rechte auf Bildung, Beschäftigung und Bewegungsfreiheit auf dem Spiel stehen. Für die meisten afghanischen Frauen und Mädchen besteht die einzige Chance auf eine formale Bildung darin, in Pakistan zu bleiben. Bei einer Abschiebung nach Afghanistan würde zudem bestimmten Gruppen Verfolgung und Repression durch die Taliban drohen, so z. B. Journalist*innen, Menschenrechtler*innen, Protestteilnehmer*innen, Künstler*innen und ehemaligen Regierungsbediensteten.

Afghan*innen in ganz Pakistan sind nun zudem unmittelbar in Gefahr, ihre Unterkunft, Existenzgrundlage, den Zugang zu lebenswichtigen Dienstleistungen und sogar den Kontakt mit ihrer Familie zu verlieren. Dies ist umso ernster, da der Winter vor der Tür steht.

Seit dem 1. November sind nicht registrierte afghanische Geflüchtete u. a. willkürlicher Festnahme und der Trennung von ihren Familien ausgesetzt. Betroffen sind auch Minderjährige, Frauen und ältere Menschen. Es wurden Hafteinrichtungen zu Abschiebezwecken eingerichtet, zu denen Medienschaffende, Rechtsbeistände, Angehörige der Zivilgesellschaft und gar Familienmitglieder keinen Zutritt haben. Häuser von Afghan*innen wurden abgerissen und Grundstücke beschlagnahmt. Es wurden mehrere Fälle dokumentiert, in denen afghanische Flüchtlinge mit ordnungsgemässen Papieren von den Behörden abgeschoben wurden. Die Regierung hat für die «nächste Phase» der Abschiebungen auch die Ausweisung von Flüchtlingen mit Ausweispapieren angekündigt.

Die Abschiebungen und das Vorgehen der Behörden gegen afghanische Geflüchtete verstossen gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen Pakistans, insbesondere gegen den Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (Non-Refoulement-Prinzip).

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Pakistan beherbergt seit 40 Jahren die grösste afghanische Flüchtlingsbevölkerung der Welt. Laut Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) leben derzeit mehr als 3,7 Mio. afghanische Staatsangehörige in Pakistan. Hierzu zählen 600.000 Menschen, die nach dem Zusammenbruch der afghanischen Regierung im August 2021 aus Angst vor Repressalien durch die Taliban aus Afghanistan geflohen sind. Darunter befinden sich Hunderte Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen, Aktivist*innen und Protestteilnehmer*innen sowie weitere Andersdenkende, die in Pakistan auf ihre Umsiedlung in ein Drittland warten und nun im Rahmen der neuen Frist drangsaliert werden.
Amnesty International hat dokumentiert, dass die Taliban in Afghanistan mit aussergerichtlichen Hinrichtungen, willkürlichen Festnahmen, Folter und Verschwindenlassen gegen Andersdenkende, Journalist*innen, Aktivist*innen, ehemalige Regierungsbedienstete und andere vorgehen. Die Taliban verstossen gegen die Rechte von Frauen und Mädchen, indem sie ihnen den Zugang zu Beschäftigung sowie zur Schulbildung über die Grundschule hinaus verweigern. Diese schweren Rechtsverstösse stellen in ihrer Gesamtheit ein System dar, das Frauen und Mädchen in fast allen Lebensbereichen unterdrückt und diskriminiert.
Die pakistanische Regierung führt kurz vor dem Winter massenhafte Abschiebungen durch, während in Afghanistan bereits eine humanitäre Krise herrscht. Die Abgeschobenen riskieren Obdachlosigkeit, den Verlust ihrer Existenzgrundlage und den fehlenden Zugang zu wichtigen Dienstleistungen. In Afghanistan leben mehr als 97% der Bevölkerung in Armut, und schätzungsweise 29 Mio. Menschen – fast drei Viertel der rund 40 Mio. Einwohner*innen – benötigen Nothilfe zum täglichen Überleben. Darüber hinaus ist der von den Vereinten Nationen ins Leben gerufene humanitäre Hilfsfonds für Afghanistan (Afghanistan Humanitarian Response Plan) stark unterfinanziert. Die menschenrechtliche und humanitäre Krise wird durch Naturkatastrophen wie Erdbeben, die Auswirkungen des Klimawandels und die seit Jahren anhaltende Dürre noch verschärft. Im Oktober 2023 litten Tausende Menschen unter den Folgen von Erdbeben in der Provinz Herat, wo mehr als 2.000 Menschen ums Leben kamen und zahlreiche Häuser zerstört wurden.
Der UN-Sonderberichterstatter über die Lage der Menschenrechte in Afghanistan, Richard Bennett, der Sonderberichterstatter über die Menschenrechte von Migrant*innen, Felipe González Morales, sowie die Sonderberichterstatterin über Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Reem Alsalem, haben die pakistanische Regierung aufgerufen, die Pläne zur Abschiebung nicht registrierter afghanischer Geflüchteter umgehend auf Eis zu legen. Diese Expert*innen äusserten ihre Besorgnis über die mögliche Abschiebung (Refoulement) afghanischer Staatsangehöriger nach Afghanistan, die für viele – darunter zahlreiche Familien, Frauen und Kinder – nicht wiedergutzumachendes Leid mit sich bringen könnte. Sie betonten, dass diese Personen bei einer Abschiebung mit schweren Menschenrechtsverletzungen und -verstössen rechnen müssen. Auch das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte forderte die pakistanischen Behörden auf, die Abschiebung afghanischer Staatsangehöriger auszusetzen, um eine Menschenrechtskatastrophe zu verhindern.
Pakistan ist zwar nicht Vertragspartei der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und dem Protokoll von 1967, das Land untersteht aber dennoch dem Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (Non-Refoulement-Prinzip). Das Verbot der Zurückweisung ist eine Verpflichtung aus dem Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, dem Pakistan beigetreten ist. Dieses Prinzip untersagt die Verbringung von Personen in Länder, in denen ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen würden.

 

Empfohlene Aktionen

  • Schreiben Sie einen Appellbrief in Ihren eigenen Worten oder verwenden Sie den untenstehenden Modellbrief.

  • Werden Sie in den sozialen Medien aktiv: Infos (in English) siehe gelbes Feld rechts.

  • Bitte schreiben Sie vor dem 8. Februar 2024.

  • Schreiben Sie in Englisch oder auf Deutsch.

Modellbrief

Sehr geehrter Herr Premierminister

Am 3. Oktober verkündete die pakistanische Regierung ihre Entscheidung, ab dem 1. November alle im Land verbliebenen nicht registrierten afghanischen Geflüchteten nach Afghanistan abzuschieben. Seit Anfang November sind Hunderttausende Menschen abgeschoben worden, und nicht registrierte Geflüchtete sind u. a. willkürlicher Festnahme, rechtswidriger Inhaftierung und der Trennung von ihren Familien ausgesetzt. Betroffen sind auch Minderjährige, Frauen und ältere Menschen. Häuser von afghanischen Geflüchteten wurden abgerissen und Grundstücke beschlagnahmt, und die Behörden verweigern Rechtsbeiständen und Angehörigen den Zugang zu den neu eingerichteten Abschiebezentren.

Bitte stoppen Sie unverzüglich die Abschiebungen nach Afghanistan.

Lassen Sie alle willkürlich inhaftierten Afghan*innen frei und sehen Sie von der Inhaftierung weiterer afghanischer Flüchtlinge ab.

Schaffen Sie bitte Möglichkeiten für die rechtzeitige Ausstellung von Dokumenten und die Verlängerung aller abgelaufenen Visa, insbesondere für gefährdete Bevölkerungsgruppen wie Frauen und Mädchen, Menschenrechtler*innen, Journalist*innen sowie religiöse und geschlechtsspezifische Minderheiten.

Hochachtungsvoll,

 

Appelle an

Geschäftsführender Premierminister
Anwar ul Haq Kakar
Caretaker Prime Minister
Constitution Avenue
G-5/2 Islamabad
PAKISTAN

Kopien an

Botschaft von Pakistan
Bernastrasse 47
3005 Bern

Fax: 031 350 17 99
E-Mail: parepbern@gmail.com

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Minister of Interior
Sarfraz Bugti
Secretary, Room #409, 4th Floor, R-Block Pakistan Secretariat, Constitution Avenue, Red Zone, Islamabad
Fax: + 92-51-9202624
Email: interior.complaintcell@gmail.com

Minister of Foreign Affairs
Jalil Abbas Jilani
Secretary, Ministry of Foreign Affairs, Constitution Ave, G-5/1, Islamabad
Fax: 051-9207600
Email: spokesperson.office1@mofa.gov.pk

 

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Weltweite Briefzustellung - Allgemeine Info:
Der Versand von Briefen PRIORITY ist nach fast allen Ländern möglich.
Bitte prüfen Sie vorher auf der Website der Schweizer Post, ob Briefe im Zielland aktuell zugestellt werden. Falls nicht, bitten wir Sie, für die Zustellung Ihres Appells andere Kommunikationskanäle zu nutzen (E-Mail, Fax oder soziale Medien) und/oder senden Sie diesen via die Botschaft mit der Bitte um Weiterleitung an die genannte Person.


Mögliche Antwort auf Ihren Appellbrief

Es ist möglich, dass Sie ein Antwortschreiben auf Ihren Appellbrief erhalten. Sie müssen nicht selber auf diese Schreiben antworten, aber wir sind dankbar, wenn sie uns dieses Antwortschreiben zukommen lassen. Idealerweise gescannt per E-mail an ua@amnesty.ch. Wir leiten die Antwortschreiben jeweils an das zuständige Research-Team (via das Internationale Sekretariat von Amnesty) weiter. Die Kolleg*innen analysieren den Inhalt und entscheiden über das weitere Vorgehen, das allenfalls in einer Further information zum tragen kommt.

Wir befürchten keinerlei Konsequenzen für UA-Aktivist*innen in der Schweiz.
Möglicherweise ist es sinnvoll, eventuell keinen Brief zu schreiben, falls Sie in das Land einreisen möchten (oder dort Familie haben). Dies betrifft vor allem «problematische» und repressive Länder. (Russland, Türkei, China, ...)

Social media

Pakistan government’s Twitter handles should be targeted using the UA and calling for immediate halt of the forced deportations.

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Prime Minister Office:
@PakPMO; @anwaar_kakar

Ministry of Foreign Affairs of Pakistan:
@ForeignOfficePk; @JalilJilani

Ministry of Interior of Pakistan:
@MOIofficialGoP

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Suggested hashtags:
#HaltForcedDeportations
#ProtectAfghanrefugees
#non-refoulement.

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See suggested tweets below. Please remember to include tags and hashtags mentioned above.

1. Pakistan must meet its international legal obligations, and stop the crackdown on, and harassment of, Afghan refugees. Take action and call on the Government of Pakistan to immediately halt the deportations of Afghan refugees.

2. A significant number of Afghan refugees including journalists, HRDs, artists, and former government officials face immediate danger of persecution and repression by the Taliban, if deported. Share this Urgent Action and call on Pakistan’s government to halt the deportations.

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