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UA 107/23
Iran
Aktiv seit 6. November 2023 | Noch 31 Tage Laufzeit

Gefolterter kurdischer Iraner zum Tode verurteilt

AI-Index: MDE 13/7381/2023

Reza (Gholamreza) Rasaei droht in Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im Herbst 2022 im Iran die Hinrichtung. Am 7. Oktober 2023 befand ihn die Abteilung 2 des Strafgerichts 1 der Provinz Kermanschah nach einem grob unfairen Verfahren des «Mordes» für schuldig und verurteilte ihn zum Tode, nachdem das Gericht sein unter Folter erzwungenes «Geständnis» als «Beweis» zugelassen hatte.

Reza (Gholamreza) Rasaei gehört der kurdischen Minderheit und der Religionsgemeinschaft der Yaresan im Iran an. Ihm droht im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten unter dem Slogan «Frau Leben Freiheit», die zwischen September und Dezember 2022 stattfanden, die Hinrichtung. In einem Urteil vom 7. Oktober 2023 wurde er von der Abteilung 2 des Strafgerichts 1 in der Provinz Kermanschah des «Mordes» für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Dem Urteil zufolge soll Reza (Gholamreza) Rasaei am 18. November 2022 bei einer Demonstration in Sahneh in der Provinz Kermanschah an der Tötung eines Geheimdienstmitarbeiters beteiligt gewesen sein, der von den iranischen Staatsmedien als Angehöriger der Revolutionsgarden identifiziert wurde. Reza Rasaei hat eine Beteiligung wiederholt bestritten, auch während seines Prozesses. Darüber hinaus verurteilte ihn das Gericht wegen der «Störung der öffentlichen Ordnung» zu einem Jahr Gefängnis und 74 Peitschenhieben. Bei der Urteilsverkündung wies das Gericht den Widerruf seines erzwungenen «Geständnisses», das nach Angaben von Reza Rasaei unter Folter und anderen Misshandlungen bei den Verhören zustande gekommen war, ab, ohne entsprechende Ermittlungen durchzuführen.

Reza Rasaei wurde am 24. November 2022 in Schahriyar in der Provinz Teheran von der Ermittlungseinheit der iranischen Polizei (Agahi) festgenommen und anschliessend in eine von der Agahi kontrollierten Hafteinrichtung in Sahneh gebracht. Dort soll Reza Rasaei bei den Verhören von Angehörigen der Agahi gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein, um ein «Geständnis» zu erzwingen, unter anderem durch Elektroschocks, das Erzeugen von Erstickungsängsten durch eine Plastiktüte über dem Kopf und schwere Schläge. Reza Rasaei wurde später in das Gefängnis von Dizel Abad in der Provinz Kermanschah verlegt, wo er sich derzeit befindet. Er hat seinen Rechtsbeistand erstmals beim Prozess getroffen. Der Prozess, der sich über drei Sitzungen erstreckte, endete am 21. September 2023. Amnesty International liegen keine Informationen vor, ob gegen das Urteil ein Rechtsmittel eingelegt wurde. Das Recht von Reza Rasaei auf ein faires Gerichtsverfahren wurde in eklatanter Weise verletzt. Dieses Recht umfasst den Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl ab dem Zeitpunkt der Festnahme, eine angemessene Möglichkeit, die Rechtmässigkeit seiner Inhaftierung anzufechten, und das Recht auf ein Verfahren vor einem zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht. Amnesty International hat auf Seiten der iranischen Behörden ausserdem wiederholt ein Muster aus erzwungenen «Geständnissen» nach Folter und anderen Misshandlungen dokumentiert, auch durch die Agahi. Gerichte stützen sich bei Verurteilung und Strafzumessung auf derartige «Geständnisse», und das auch in Fällen im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten, in denen die Todesstrafe verhängt wird.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Von September bis Dezember 2022 kam es im gesamten Land zu beispiellosen Unruhen gegen das System der Islamischen Republik, ausgelöst durch den Tod von Mahsa (Zhina) Amini am 16. September 2022, wenige Tage nach ihrer willkürlichen Festnahme durch die iranische «Sittenpolizei». Die Sicherheitskräfte machten umfassenden und rechtswidrigen Gebrauch von scharfer Munition, Metallkugeln und Tränengas und gingen mit schweren Schlägen gegen Demonstrierende vor. Hunderte Demonstrierende und unbeteiligte Dritte, darunter auch Minderjährige, wurden rechtswidrig von Sicherheitskräften getötet. Tausende erlitten Verletzungen, liessen sich häufig aber aus Angst vor einer Festnahme nicht medizinisch versorgen. Mehr als die Hälfte der Getöteten gehörte zu der unterdrückten belutschischen Minderheit in der Provinz Sistan und Belutschistan oder der kurdischen Minderheit in den Provinzen Kurdistan, Kermanschah und West-Aserbaidschan. Ab Anfang November 2022 berichteten kurdische Menschenrechtsgruppen von einer massiven Präsenz von Sicherheitskräften in der Provinz Kermanschah.
Bisher wurden im Iran sieben Männer im Zusammenhang mit den Protesten unter dem Slogan «Frau Leben Freiheit» willkürlich hingerichtet, die in äusserst unfairen, von Foltervorwürfen geprägten Verfahren zum Tode verurteilt worden waren. Am 19. Mai liessen die iranischen Behörden Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi und Saeed Yaghoubi hinrichten. Sie waren im Dezember 2022 bzw. Januar 2023 vor Gericht gestellt und wegen der vage formulierten und zu weit gefassten Anschuldigung der «Feindschaft zu Gott» (moharebeh) zum Tode verurteilt worden. Die Behörden hatten die Anklagen auf der Grundlage unbegründeter Anschuldigungen und durch Folter erzwungener «Geständnisse» erhoben, wonach die Männer bei einem Vorfall während der Proteste, bei dem drei Angehörige der Sicherheitskräfte starben, Schusswaffen eingesetzt hätten. Die Männer wurden jedoch im Zusammenhang mit diesen Todesfällen nicht des Mordes angeklagt oder für schuldig befunden. Am 10. Mai 2023 gaben die Behörden bekannt, dass die Schuldsprüche und Todesurteile vom Obersten Gerichtshof bestätigt worden waren, obwohl gegen die Grundsätze für ein faires Verfahren verstossen wurde, erhebliche Verfahrensfehler vorlagen, es keine Beweise gab und die Foltervorwürfe nie untersucht wurden. Amnesty International liegen Informationen vor, dass die drei in der Zeit, als sie «verschwunden» waren, gefoltert und gezwungen wurden, sich selbst zu belasten.

 

Empfohlene Aktionen

  • Schreiben Sie einen Appellbrief in Ihren eigenen Worten oder verwenden Sie den untenstehenden Modellbrief.

  • Bitte schreiben Sie vor dem 1. Januar 2024.

  • Schreiben Sie in Persisch, Englisch oder auf Deutsch.

Modellbrief

Sehr geehrter Herr Ejei

Reza (Gholamreza) Rasaei gehört der kurdischen Minderheit und der Religionsgemeinschaft der Yaresan im Iran an. Ihm droht im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten unter dem Slogan «Frau Leben Freiheit», die zwischen September und Dezember 2022 stattfanden, die Hinrichtung. In einem Urteil vom 7. Oktober 2023 wurde er von der Abteilung 2 des Strafgerichts 1 in der Provinz Kermanschah des «Mordes» für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Dem Urteil zufolge soll Reza (Gholamreza) Rasaei am 18. November 2022 bei einer Demonstration in Sahneh in der Provinz Kermanschah an der Tötung eines Geheimdienstmitarbeiters beteiligt gewesen sein, der von den iranischen Staatsmedien als Angehöriger der Revolutionsgarden identifiziert wurde. Reza Rasaei hat eine Beteiligung wiederholt bestritten, auch während seines Prozesses. Darüber hinaus verurteilte ihn das Gericht wegen der «Störung der öffentlichen Ordnung» zu einem Jahr Gefängnis und 74 Peitschenhieben. Bei der Urteilsverkündung wies das Gericht den Widerruf seines erzwungenen «Geständnisses», das nach Angaben von Reza Rasaei unter Folter und anderen Misshandlungen bei den Verhören zustande gekommen war, ab, ohne entsprechende Ermittlungen durchzuführen.

Ich fordere Sie dringend auf, den Schuldspruch und das Todesurteil gegen Reza (Gholamreza) Rasaei unverzüglich aufzuheben. Für den Fall, dass er wegen einer international anerkannten Straftat angeklagt wird, muss sein Verfahren den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen. Dabei darf nicht auf die Todesstrafe oder erzwungene «Geständnisse» zurückgegriffen werden.

Ich fordere Sie mit Nachdruck auf, Reza Rasaei umgehend Zugang zu seiner Familie, einem selbst gewählten Rechtsbeistand und angemessener medizinischer Versorgung zu gewähren. Sorgen Sie bitte dafür, dass er vor weiterer Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und dass seine Foltervorwürfe untersucht werden. Die mutmasslich Verantwortlichen müssen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.

Zudem bitte ich Sie dringend, unabhängigen Beobachter*innen Zugang zu Verfahren zu gestatten, die mit den Protesten in Verbindung stehen und bei denen die Todesstrafe verhängt werden kann. Bitte verfügen Sie ein offizielles Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Hochachtungsvoll,

 

Appelle an

Oberste Justizautorität
Head of judiciary, Gholamhossein Mohseni Ejei
c/o Embassy of Iran to the European Union
Avenue Franklin Roosevelt No. 15
1050 Bruxelles
Belgien

Fax: (+32) 2 762 39 15
E-Mail: secretariat@iranembassy.be
Twitter: iranmissioneu

-

Alternativ-c/o-Adresse in der Schweiz:
c/o Permanent Mission of Iran to the UN, Chemin du Petit-Saconnex 28, 1209 Genève
E-Mail: iran.unog@mfa.irMissionofiran@Gmail.com / Twitter: iran_geneva

-

Instagram - Head of judiciary, Gholamhossein Mohseni Ejei:
https://www.instagram.com/ejeii_org/ (falls nicht aktiv → President: raisi_org)

 

Kopien an

Botschaft der Islamischen Republik Iran
Thunstrasse 68
Postfach 227
3000 Bern 6

Fax: 031 351 56 52
E-Mail: secretariat@iranembassy.ch
Twitter: iraninbern

 

 


Mögliche Antwort auf Ihren Appellbrief

Es ist möglich, dass Sie ein Antwortschreiben auf Ihren Appellbrief erhalten. Sie müssen nicht selber auf diese Schreiben antworten, aber wir sind dankbar, wenn sie uns dieses Antwortschreiben zukommen lassen. Idealerweise gescannt per E-mail an ua@amnesty.ch. Wir leiten die Antwortschreiben jeweils an das zuständige Research-Team (via das Internationale Sekretariat von Amnesty) weiter. Die Kolleg*innen analysieren den Inhalt und entscheiden über das weitere Vorgehen, das allenfalls in einer Further information zum tragen kommt.

Wir befürchten keinerlei Konsequenzen für UA-Aktivist*innen in der Schweiz.
Möglicherweise ist es sinnvoll, eventuell keinen Brief zu schreiben, falls Sie in das Land einreisen möchten (oder dort Familie haben). Dies betrifft vor allem «problematische» und repressive Länder. (Russland, Türkei, China, ...)

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