Benutzerspezifische Werkzeuge
Amnesty Urgent Actions
Startseite Urgent Actions 2023 09 Unjustly held Yemeni at risk of deportation
UA 087/23
Ägypten
Aktiv seit 7. September 2023 | Noch 39 Tage Laufzeit

Zu Unrecht inhaftierter Jemenit von Abschiebung bedroht

AI-Index: MDE 12/7173/2023

Der jemenitische Asylsuchende Abdul-Baqi Saeed Abdo befindet sich in Ägypten seit mehr als 20 Monaten willkürlich in Haft und ist nun in Gefahr, in den Jemen abgeschoben zu werden, wo sein Leben in Gefahr wäre. Abdul-Baqi Saeed Abdo und seine Familie waren 2014 gezwungen, aus dem Jemen nach Ägypten zu fliehen, nachdem er in den Sozialen Medien seinen Übertritt zum Christentum bekannt gegeben hatte und die Familie daraufhin brutal angegriffen wurde. Die ägyptischen Sicherheitskräfte nahmen Abdul-Baqi Saeed Abdo am 15. Dezember 2021 fest und liessen ihn zwei Wochen lang verschwinden, bevor die Staatsanwaltschaft wegen mutmasslicher «Mitgliedschaft in einer terroristischen Gruppe» und «Diffamierung der islamischen Religion» seine Untersuchungshaft anordnete. Er wird nur deshalb festgehalten, weil er seine Rechte auf Meinungs-, Gewissens- und Glaubensfreiheit wahrgenommen hat. Er ist daher unverzüglich freizulassen und darf nicht abgeschoben werden.

Der jemenitische Asylsuchende Abdul-Baqi Saeed Abdo, der willkürlich im Gefängnis Al-Qanater 1 nördlich von Kairo inhaftiert ist, soll in den Jemen abgeschoben werden. Er wurde am 21. Dezember 2021 von Sicherheitskräften in seiner Wohnung festgenommen und fiel zwei Wochen lang dem Verschwindenlassen zum Opfer. Während dieser Zeit verweigerten die Behörden seiner Familie jegliche Auskunft über sein Schicksal und seinen Verbleib. Später ordnete die Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit wegen mutmasslicher «Mitgliedschaft in einer terroristischen Gruppe in Kenntnis ihrer Zwecke» und «Diffamierung der islamischen Religion» Untersuchungshaft gegen Abdul-Baqi Saeed Abdo an. Diese Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit seinem Übertritt zum Christentum, worüber er seit seiner Flucht aus dem Jemen nach Ägypten im Jahr 2014 regelmässig auf seinen Social-Media-Plattformen gesprochen hat. Seit seiner Festnahme im Dezember 2021 ist seine Untersuchungshaft verlängert worden, ohne dass er die Möglichkeit hatte, die Rechtmässigkeit seiner Inhaftierung anzufechten.

Im Juli 2022 erliessen die ägyptischen Behörden eine Ausweisungsanordnung für Abdul-Baqi Saeed Abdo. Bei einer Abschiebung in den Jemen würden ihm willkürliche Inhaftierung, Folter und andere Misshandlungen oder gar der Tod drohen, u. a. durch ein Todesurteil oder die Tötung durch bewaffnete Gruppen oder nichtstaatliche Akteure. Gemäss Paragraf 259 des jemenitischen republikanischen Dekrets zum Gesetz Nr. 12 von 1994 über Verbrechen und Strafen «werden Personen, die sich von der islamischen Religion abwenden oder sie denunzieren, mit dem Tod bestraft, nachdem ihnen dreimal Gelegenheit zur Reue gegeben und ihnen eine Bedenkzeit von dreissig Tagen eingeräumt wurde. Öffentlich durch Reden oder Handlungen zum Ausdruck gebrachte Apostasie wird als Widerspruch zu den Grundsätzen des Islam und seinen Säulen betrachtet, wenn sie vorsätzlich und entschieden erfolgt. Wenn Vorsatz oder Entschiedenheit nicht erwiesen sind und die schuldige Person Reue zeigt, wird keine Strafe verhängt.» Angesichts dieser Bestimmungen und früherer Bedrohungen, denen Abdul-Baqi Saeed Abdo im Jemen ausgesetzt war, ist Amnesty International der Ansicht, dass sein Leben im Fall einer Abschiebung in Gefahr wäre.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Abdul-Baqi Saeed Abdo floh im August 2014 nach Ägypten, wo er sich beim UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) als Flüchtling registrieren liess. Nachdem er 2013 auf seinen Social-Media-Plattformen seinen Übertritt zum Christentum bekannt gegeben hatte, waren er und seine Familie, die in einer ländlichen Gegend ausserhalb von Taiz lebte, einer Welle von gewalttätigen Angriffen ausgesetzt. Familienmitglieder berichteten Amnesty International, dass Abdul-Baqi Saeed Abdo seine Arbeit verlor und sein Auto beschädigt wurde. Im Juni 2014 wurde sein Haus in Brand gesetzt, was den Tod seiner Frau zur Folge hatte. Im August 2014 floh er mit seinen vier Kindern aus dem Jemen nach Ägypten.
Am 23. Juni 2022 warnte die Organisation Egyptian Initiative for Personal Rights (Ägyptische Initiative für persönliche Rechte) vor der bevorstehenden Abschiebung von Abul-Baqi Saeed Abdo und forderte die ägyptischen Behörden auf, diese zu stoppen und die Anklagen gegen ihn fallen zu lassen. Am 30. Juni 2022 wandten sich zahlreiche UN-Einrichtungen schriftlich an die ägyptischen Behörden und machten auf die willkürliche Inhaftierung, das Verschwindenlassen und die ungerechtfertigte Strafverfolgung von Abdul-Baqi Saeed Abdo aufmerksam. Dabei handelte es sich um die UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen, die UN-Arbeitsgruppe zur Frage des Verschwindenlassens von Personen, den UN-Sonderberichterstatter über aussergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, die Sonderberichterstatterin über die Förderung und den Schutz des Rechts auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäusserung, den Sonderberichterstatter über die Menschenrechte von Migrant*innen, den Sonderberichterstatter für Minderheitenfragen und die Sonderberichterstatterin über Religions- und Weltanschauungsfreiheit.
Ägypten ist verpflichtet, Menschen nicht in Länder abzuschieben, in denen ihnen Verfolgung, Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen wie z. B. die willkürliche Verletzung des Rechts auf Leben drohen. Der Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (Non-Refoulement-Prinzip) ist als Norm unter dem Völkergewohnheitsrecht anerkannt und in internationalen Instrumenten verankert, so z. B. im UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, dessen Vertragsstaat Ägypten ist.
Religiöse Minderheiten in Ägypten wie z. B. Christ*innen sind in Gesetz und Praxis starker Diskriminierung ausgesetzt. Bewaffnete Gruppen führen seit 2013 gewaltsame und religiös motivierte Angriffe gegen christliche Gemeinschaften durch. Die ägyptischen Behörden unternehmen nichts, um Christ*innen davor zu schützen und die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht zu stellen. Die Behörden haben es auch versäumt, Christ*innen vor Angriffen bewaffneter Gruppen im Nordsinai zu schützen und die sichere Rückkehr von Hunderten von Christ*innen zu gewährleisten, die nach gewalttätigen Angriffen im Jahr 2017 aus dem Nordsinai vertrieben wurden. Die Betroffenen haben bisher auch keine Entschädigung für den Verlust ihres Eigentums und ihrer Lebensgrundlagen erhalten. Angehörige religiöser Minderheiten und Muslim*innen, die keine staatlich anerkannten religiösen Überzeugungen vertraten, werden wegen «Diffamierung der Religion» und anderer fingierter Anschuldigungen willkürlich festgenommen, strafrechtlich verfolgt und inhaftiert. Personen, die lediglich ihren Glauben ausüben oder die Rechte von religiösen Minderheiten verteidigen, werden ebenfalls ins Visier genommen.
Ägypten ist sowohl dem UN-Abkommen über die Rechtsstellung von Flüchtlingen als auch der Flüchtlingskonvention der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) beigetreten. Beide Verträge verpflichten Ägypten, Flüchtlingen internationalen Schutz zu gewähren und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-Refoulement-Prinzip) zu beachten. Gemäss einer Vereinbarung zwischen Ägypten und dem UNHCR aus dem Jahr 1954 nimmt der UNHCR die Registrierung und Feststellung des Flüchtlingsstatus in Ägypten vor. Die ägyptischen Behörden sind verpflichtet, Asylsuchenden ein Treffen mit UNHCR-Vertreter*innen zu ermöglichen und die vom UNHCR vorgenommene Beurteilung ihres Flüchtlingsstatus zu respektieren. Ägyptische Medien berichteten im Juni 2023 über die Absicht der Behörden, die Verabschiedung eines neuen Asylgesetzes zu beschleunigen. Zwar ist der Gesetzesentwurf noch nicht veröffentlicht, doch wird berichtet, dass darunter alle Asylsuchenden und Flüchtlinge im Land verpflichtet wären, sich bei den Behörden zu registrieren und ihren Status innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes zu regeln.

 

Empfohlene Aktionen

  • Schreiben Sie einen Appellbrief in Ihren eigenen Worten oder verwenden Sie den untenstehenden Modellbrief.

  • Werden Sie in den sozialen Medien aktiv: Infos (in English) siehe gelbes Feld rechts.

  • Bitte schreiben Sie vor dem 2. November 2023.

  • Schreiben Sie in Arabisch, Englisch oder auf Deutsch.

Modellbrief

Sehr geehrter Herr Minister

Nachdem Abdul-Baqi Saeed Abdo im Jemen zum Christentum übergetreten war, musste er von dort fliehen. Jetzt ist der in Ägypten inhaftiert worden und wird möglicherweise in den Jemen abgeschoben, wo ihm schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

Deshalb wende ich mich heute an Sie mit den folgenden Bitten:

Lassen Sie Abdul-Baqi Saeed Abdo bitte unverzüglich frei, da seine Inhaftierung lediglich mit der Ausübung seiner Rechte auf Meinungs-, Gewissens- und Glaubensfreiheit zusammenhängt.

Bitte stoppen Sie alle Pläne, ihn in den Jemen abzuschieben, wo er in grosser Gefahr wäre, verfolgt zu werden.

Bis zu seiner Freilassung müssen seine Haftbedingungen den internationalen Standards für die Behandlung von Gefangenen entsprechen, und er sollte umgehend Zugang zu seiner Familie, seinen Rechtsbeiständen und dem UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) erhalten.

Hochachtungsvoll,

 

Appelle an

Innenminister
Mahmoud Tawfiq
Ministry of Interior
25 El Sheikh Rihan Street
Bab al-Louk, Cairo
ÄGYPTEN

Fax: (00 20) 22794 5529
E-Mail: center@iscmi.gov.eg; E.HumanRightsSector@moi.gov.eg
Twitter: @moiegy

 

Zusätzliche Zielperson

President Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo, Arab Republic of Egypt
Fax +202 2391 1441
Email: p.spokesman@op.gov.eg
Twitter: @AlsisiOfficial

Kopien an

Botschaft der Arabischen Republik Ägypten
Elfenauweg 61
3006 Bern

Fax: 031 352 06 25
E-Mail: eg.emb.bern@gmail.com ; (embassy.bern@mfa.gov.eg)

FB: https://www.facebook.com/eg.bern.embassy/

 

 

- - -

Weltweite Briefzustellung - Allgemeine Info:
Der Versand von Briefen PRIORITY ist nach fast allen Ländern möglich.
Bitte prüfen Sie vorher auf der Website der Schweizer Post, ob Briefe im Zielland aktuell zugestellt werden. Falls nicht, bitten wir Sie, für die Zustellung Ihres Appells andere Kommunikationskanäle zu nutzen (E-Mail, Fax oder soziale Medien) und/oder senden Sie diesen via die Botschaft mit der Bitte um Weiterleitung an die genannte Person.


Mögliche Antwort auf Ihren Appellbrief

Es ist möglich, dass Sie ein Antwortschreiben auf Ihren Appellbrief erhalten. Sie müssen nicht selber auf diese Schreiben antworten, aber wir sind dankbar, wenn sie uns dieses Antwortschreiben zukommen lassen. Idealerweise gescannt per E-mail an ua@amnesty.ch. Wir leiten die Antwortschreiben jeweils an das zuständige Research-Team (via das Internationale Sekretariat von Amnesty) weiter. Die Kolleg*innen analysieren den Inhalt und entscheiden über das weitere Vorgehen, das allenfalls in einer Further information zum tragen kommt.

Wir befürchten keinerlei Konsequenzen für UA-Aktivist*innen in der Schweiz.
Möglicherweise ist es sinnvoll, eventuell keinen Brief zu schreiben, falls Sie in das Land einreisen möchten (oder dort Familie haben). Dies betrifft vor allem «problematische» und repressive Länder. (Russland, Türkei, China, ...)

Social media

Suggested Tweet

1/2

#Egypt: Egyptian authorities must immediately release Yemeni national Abdul-Baqi Saeed Abdo who has been arbitrarily detained since December 2021 for exercising his rights to freedom of religion & expression.

2/2

They must also stop any plans to deport him to Yemen, where his life would be at risk & from where he fled after violent attacks due to his conversion to Christianity [Link to UA]

9 Briefe verschickt  
My Urgent Actions
Fürs Mitzählen lassen Ihres Briefes und Update-Funktion zu nutzen müssen Sie sich
einloggen oder
anmelden
Downloads
UA 087/23 english
Microsoft Word Document, 41.6 kB
UA 087/23 français
Microsoft Word Document, 42.4 kB
UA 087/23 deutsch
Microsoft Word Document, 42.5 kB
Mehr zum Thema

Folter

Warum ist Folter immer falsch und nutzlos? Wie engagiert sich Amnesty für die Wahrung des absoluten Folterverbots? Mehr