Inhaftierter Gewerkschafter in Lebensgefahr
Im November 2020 nahmen Beamt*innen der Generaldirektion für militärische Spionageabwehr den Gewerkschafter Guillermo Zárraga willkürlich fest. Dem Ingenieur, der bei der grössten Erdölgesellschaft Venezuelas tätig war, wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Er soll Informationen zur nationalen Sicherheit weitergegeben haben. Obwohl es keine Beweise für diese Anschuldigungen gibt, wurde er angeklagt und vor Gericht gestellt. In Haft verschlechtert sich der Gesundheitszustand von Guillermo Zárraga zusehends. Er bekommt keine angemessene Ernährung, seine Haftbedingungen sind unmenschlich. Im März erlitt er einen Kreislaufkollaps. Seine Blutwerte sind schlecht und er muss dringend medizinisch behandelt werden.
Der Gesundheitszustand von Guillermo Zárraga ist besorgniserregend. Der Ingenieur und ehemalige Gewerkschafter ist derzeit im Centro Penitenciario Región Capital Yare II in der Stadt Los Teques inhaftiert. Er wird seit November 2020 willkürlich festgehalten und mit unbegründeten Strafanzeigen überzogen.
Die Haftbedingungen des Gewerkschafters sind unmenschlich. Anstatt seine persönliche Integrität zu schützen, sorgen die zuständigen Behörden dafür, dass sich weder um seine Gesundheit noch um sein Wohlergehen gekümmert wird. Er erhält weder ausreichend Nahrung noch genügend Trinkwasser. Angaben seiner Familie zufolge hat Guillermo Zárraga seit seiner Inhaftierung mehr als 20 Kilo abgenommen. Eine angemessene medizinische Versorgung eines im März erlittenen Kreislaufkollapses und der damit verbundenen Gesundheitsprobleme steht noch aus.
Darüber hinaus wies der Prozess gegen Guillermo Zárraga massive Verfahrensmängel auf, wodurch sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt wurde. Berichten zufolge wurde er aufgrund falscher oder nicht vorhandener Beweise festgenommen und angeklagt, ihm wurde der Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl verweigert und er wurde sogar gezwungen, die ihm vorgeworfenen Straftaten zuzugeben.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Der venezolanische Ingenieur Guillermo Zárraga arbeitete als Betriebstechniker in der Erdölraffinerie Cardón, die zum Rohölraffinerie-Komplex Paraguaná in der Nähe der Stadt Coro im Bundesstaat Falcón gehört und im Besitz der staatlichen Erdölfirma Petróleos de Venezuela S.A. (PDVSA) ist. Er hatte dort zudem eine führende Funktion bei der Gewerkschaft Sindicato Único de Trabajadores. Am 14. November 2020 wurde er um 3.00 Uhr morgens von Be-amt*innen der Generaldirektion für militärische Spionageabwehr (Dirección General de Contrainteligencia Militar – DGCIM) zuhause festgenommen. Später gaben Beamt*innen der DGCIM allerdings an, dass er am selben Tag auf dem Hauptplatz der Stadt Coro festgenommen worden sei. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft wird ihm vorgeworfen, einem US-Amerikaner Informationen zur nationalen Sicherheit gegeben zu haben. Bei diesem Amerikaner soll es sich um einen CIA-Agenten handeln, der versucht haben soll, den Ölindustriekomplex zu sabotieren. Er war bereits im September 2020 festgenommen worden.
Neben seiner Rolle als Gewerkschaftsführer wurde Guillermo Zárraga auch mit Juan Guaidó, einem prominenten Oppositionspolitiker, fotografiert. Dieses Foto war Teil der Anklageschrift und diente als Beweis für Zárragas angebliche Absicht, die Sabotage zu unterstützen. Die Regierung von Nicolás Maduro hat den mutmasslichen CIA-Agenten freigelassen, Guillermo Zárraga wird jedoch weiterhin willkürlich in Haft gehalten.
Wie im Fall vieler inhaftierter Venezolaner*innen hat auch die Familie von Guillermo Zárraga nicht die Mittel, um ihn im Gefängnis zu unterstützen. Dies ist aber notwendig, da die Gefängnisbehörden den Häftlingen weder ausreichend Nahrung noch genügend Trinkwasser zur Verfügung stellen. Infolge dieses Mangels hat sich der Gesundheitszustand von Guillermo Zárraga in den letzten Jahren sehr verschlechtert. Am 16. Mai 2023 ordnete ein Gericht seine Verlegung in eine medizinische Einrichtung an, doch die Strafvollzugsbehörde ist der Anordnung bislang nicht nachgekommen.
Die Regierung unter Nicolás Maduro fährt eine repressive und auf Schikane, Strafverfolgung und Zensur beruhende Linie gegen Aktivist*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für den Schutz der Rechte der Venezolaner*innen einsetzen. In Venezuela herrscht derweil eine komplexe humanitäre und menschenrechtliche Krise, die dazu geführt hat, dass so viele Menschen wie nie zuvor das Land verlassen haben, um im Ausland Schutz zu suchen. Im März 2023 belief sich ihre Zahl bereits auf mehr als 7,24 Millionen.
Seit 2020 konnte die unabhängige internationale Ermittlungsmission für die Bolivarische Republik Venezuela in drei Berichten zahlreiche seit 2014 begangene Menschenrechtsverletzungen ausführlich dokumentieren, darunter ausser-gerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen, willkürliche Inhaftierungen sowie Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafen. Die Berichte kommen zu dem Schluss, dass die Regierung das Rechtssystem als Instrument der Unterdrückung missbraucht habe und dass die dadurch begangenen schweren Menschenrechtsverletzungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen könnten.