Update 24.1.2023
Der Prozess gegen Mohammed Ghobadlu wird vor dem Obersten Gerichtshof neu verhandelt. Seine Hinrichtung wurde vorerst ausgesetzt! Sowohl direkt vor der Hafteinrichtung als auch international mit verschiedenen (Brief-)Aktionen hatten sich zahlreiche Menschen für ihn eingesetzt. Der UA-Text spiegelt zwar den Sachstand zu Beginn dieser Urgent Action am 20. Januar 2023 wider, doch euer Einsatz ist nach wie vor gefragt. Fordert die Aufhebung des Todesurteils. Jede Stimme zählt!
Jugendlichem mit psychischer Erkrankung droht Hinrichtung
Mohammad Ghobadlou droht in Verbindung mit den Protesten im Iran unmittelbar die Hinrichtung. Er wurde nach zwei unfairen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt, in denen durch Folter erzwungene «Geständnisse» eingesetzt wurden und man seine psychische Erkrankung nicht angemessen berücksichtigte. Laut Völkerrecht und internationalen Standards darf die Todesstrafe nicht auf Menschen mit psychischen Erkrankungen angewendet werden.
Der 22-jährige Mohammad Ghobadlou, der seit langer Zeit mit einer psychischen Erkrankung lebt, ist in unmittelbarer Gefahr, hingerichtet zu werden. Er wurde in Verbindung mit dem Tod eines Angehörigen der Sicherheitskräfte von zwei verschiedenen Gerichten zum Tode verurteilt, weil er bei einer Protestveranstaltung in Robat Karim in der Provinz Teheran am 22. September2022 einen Polizisten überfahren haben soll. Das erste Urteil erging am 16. November vor dem Revolutionsgericht wegen «Verdorbenheit auf Erden» (ifsad fil-arz) und wurde am 24. Dezember durch den Obersten Gerichtshof bestätigt. Ein Antrag auf gerichtliche Überprüfung ist nach wie vor anhängig. Das zweite Todesurteil verhängte das Strafgericht Nr. 1 in der Provinz Teheran am 24. Dezember, diesmal wegen «Mordes». Rechtsmittel gegen das Urteil sind derzeit vor dem Obersten Gerichtshof anhängig. Beide Urteile wurden in Gerichtsverfahren gesprochen, die bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Verfahren genügten, und würden bei einer Vollstreckung gegen das Recht auf Leben von Mohammad Ghobadlou verstossen.
Während der ca. einmonatigen Ermittlungen wurde Mohammad Ghobadlou der Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigert. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge wurde er in diesem Zeitraum wiederholt von Angehörigen der Behörden geschlagen. Zudem wurden ihm die Medikamente gegen seine manisch depressive Erkrankung vorenthalten, um ihn dazu zu bringen, zu «gestehen», vorsätzlich mehrere Sicherheitskräfte überfahren zu haben. Ein gerichtsmedizinisches Gutachten vom 20. Oktober 2022 belegt, dass er während des Gewahrsams Prellungen und Verletzungen davontrug. In den beiden kurzen Anhörungen vor dem Revolutionsgericht am 29. Oktober und 15. November durfte er nicht von dem Rechtsbeistand seiner Wahl vertreten werden. Zwischen den beiden Anhörungen wurde Mohammad Ghobadlou in Einzelhaft gehalten, hatte keinen Zugang zu seiner Familie und seinen Rechtsbeiständen und durfte seine Medikamente nicht einnehmen. Das Verfahren vor dem Strafgericht Nr. 1 in der Provinz Teheran bestand ebenfalls nur aus zwei kurzen Anhörungen, die am 4. und 10. Dezember stattfanden. Auch in diesem Verfahren wurde Mohammad Ghobadlou das Recht auf eine angemessene Verteidigung verwehrt, da der Rechtsbeistand seiner Wahl keinen Zugang zu den Sachbeweisen hatte.
Darüber hinaus ordneten die Behörden keine unabhängigen Gutachten über seine mentale Gesundheit an, obwohl die Frage nach seinem psychischen Zustand und seiner Fähigkeit, sein Verhalten zu kontrollieren, eine zentrale Rolle spielte. Laut Völkerrecht und internationalen Standards darf die Todesstrafe nicht auf Menschen mit psychischen Erkrankungen angewendet werden. Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld oder anderer Eigenschaften der Person.