Drohende Hinrichtungen im Zusammenhang mit Protesten
Im Iran wurden mindestens sieben Menschen in Verbindung mit den landesweiten Protesten zum Tode verurteilt, während vielen weiteren die Todesstrafe droht. Die Behörden haben ihr Recht auf faire Gerichtsverfahren verletzt und viele von ihnen u. a. mit Schlägen, Elektroschocks, Morddrohungen und sexualisierter Gewalt gefoltert und anderweitig misshandelt. Seit Ende April häufen sich die Hinrichtungen. Am 19. Mai exekutierten die Behörden in Isfahan willkürlich auch drei Männer, deren Todesurteile in Verbindung mit den Protesten standen.
Dutzende Menschen sind im Iran im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten von der Todesstrafe bedroht, nachdem ihnen in grob unfairen Gerichtsverfahren unter anderem wegen «Feindschaft zu Gott» (moharebeh) und «Verdorbenheit auf Erden» (ifsad fil-arz) der Prozess gemacht wurde. Am 19. Mai richteten die Behörden willkürlich Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi und Saeed Yaghoubi hin. Die Männer waren in einem Verfahren schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden, das sich auf durch Folter erzwungene «Geständnisse» stützte und in keiner Weise den Anforderungen an faire Gerichtsverfahren gerecht wurde. Mindestens sieben Menschen befinden sich derzeit im Todestrakt und sind in grosser Gefahr, hingerichtet zu werden. Dabei handelt es sich um Ebrahim Narouie, Kambiz Kharout, Manouchehr Mehman Navaz, Mansour Dahmardeh, Mohammad Ghobadlou, Mojahed (Abbas) Kourkour und Shoeib Mir Baluchzehi Rigi. Bei mindestens vier weiteren Personen – Mahan Sadrat (Sedarat) Madani, Mansour Hout, Mohammad Boroughani, Nezamoldin Hout – stehen Neuverhandlungen an, nachdem ihre Schuldsprüche und Todesurteile vom Obersten Gerichtshof aufgehoben und ihre Fälle an vorinstanzliche Gerichte zurückverwiesen worden waren. Amnesty International sind mindestens drei weitere Personen bekannt, die wegen Straftaten vor Gericht gestellt wurden, die mit der Todesstrafe geahndet werden. Zu ihnen zählen Saeed Shirazi, Abolfazl Mehri Hossein Hajilou und Mohsen Rezazadeh Gharegholou. Gegen Dutzende weitere Personen wird wegen Kapitalverbrechen im Zusammenhang mit den Protesten ermittelt.
Die Verfahren der genannten Personen vor Revolutionsgerichten und/oder Strafgerichten überall im Land entsprachen bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Dabei wurden unter anderem folgende Rechte verletzt: das Recht der Angeklagten auf eine angemessene Verteidigung und Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl, das Recht auf Unschuldsvermutung, das Recht zu schweigen, das Recht auf wirkungsvolle Anfechtung der Rechtmässigkeit ihrer Inhaftierung und das Recht auf eine faire, öffentliche Verhandlung. Amnesty International hat dokumentiert, dass neun der oben genannten Personen gefoltert und auf andere Weise misshandelt wurden, z. B. durch Schläge, Auspeitschung, Elektroschocks, Aufhängen an den Füssen, sexualisierte Gewalt und das Vorenthalten von Gesundheitsversorgung. Die so erzwungenen «Geständnisse» wurden als Beweise und als Grundlage für Schuldsprüche verwendet, ausserdem strahlten sie die staatlichen Medien im Fall mehrerer Angeklagter bereits vor Prozessbeginn aus.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Die Prozesse gegen Personen, die wegen Kapitalverbrechen im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten angeklagt sind, haben mit fairen Gerichtsverfahren nichts zu tun. Die Behörden ziehen dabei unter Verstoss gegen das Völkerrecht und internationale Standards unter Folter erzwungene «Geständnisse» und andere Beweismaterialien heran, um Anklage zu erheben und Schuldsprüche zu verhängen. Während der Ermittlungsphase hatten die Angeklagten keinen Zugang zu ihren Rechtsbeiständen. Die Behörden verweigerten unabhängigen Rechtsbeiständen zudem den Zutritt zu Anhörungen und den Zugang zu den Fallakten ihrer Mandanten. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung wurde ebenfalls wiederholt verletzt, da die staatlichen Medien die erzwungenen «Geständnisse» mehrerer Personen bereits vor dem Gerichtsverfahren ausstrahlten. Zudem führen die Behörden Gerichtsverfahren, in denen Kapitalverbrechen verhandelt werden, im Eilverfahren durch. Mehrere Personen wurden schon nach wenigen Tagen schuldig gesprochen. Diese Verfahren fanden im ganzen Land statt. Mohammad Boroughani und Mahand Sadrat (Sedarat) Madani standen in der Provinz Alborz vor Gericht; Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi und Saeed Yaghoubi in der Provinz Isfahan; Mojahed (Abbas) Kourkour in der Provinz Chuzestan; Ebrahim Narouie, Mansour Dahmardeh, Kambiz Kharout, Shoeib Mir Baluchzehi Rigi, Mansour Hout und Nezamoldin Hout in der Provinz Sistan und Belutschistan; und Manouchehr Mehman Navaz, Mohammad Ghobadlou, Saeed Shirazi, Abolfazl Mehri Hossein Hajilou und Mohsen Rezazadeh Gharegholou in der Provinz Teheran. Mindestens vier Personen wurden wegen Straftaten wie Vandalismus, tätlichen Angriffs und Brandstiftung zum Tode verurteilt, obwohl die Verhängung der Todesstrafe nach internationalem Recht nur für Straftaten gestattet ist, die eine vorsätzliche Tötung beinhalten.
Empfohlene Aktionen
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Schreiben Sie einen Appellbrief in Ihren eigenen Worten oder verwenden Sie den untenstehenden Modellbrief.
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Werden Sie in den sozialen Medien aktiv: Infos (in English) siehe gelbes Feld rechts.
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Bitte schreiben Sie vor dem 23. Juli 2023.
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Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch oder auf Deutsch.
Modellbrief
Sehr geehrter Herr Ejei
Dutzende Menschen sind im Iran im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten von der Todesstrafe bedroht, nachdem ihnen in grob unfairen Gerichtsverfahren unter anderem wegen «Feindschaft zu Gott» (moharebeh) und «Verdorbenheit auf Erden» (ifsad fil-arz) der Prozess gemacht wurde. Am 19. Mai richteten die Behörden willkürlich Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi und Saeed Yaghoubi hin. Die Männer waren in einem Verfahren schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden, das sich auf durch Folter erzwungene «Geständnisse» stützte und in keiner Weise den Anforderungen an faire Gerichtsverfahren gerecht wurde. Mindestens sieben Menschen befinden sich derzeit im Todestrakt und sind in grosser Gefahr, hingerichtet zu werden. Dabei handelt es sich um Ebrahim Narouie, Kambiz Kharout, Manouchehr Mehman Navaz, Mansour Dahmardeh, Mohammad Ghobadlou, Mojahed (Abbas) Kourkour und Shoeib Mir Baluchzehi Rigi. Bei mindestens vier weiteren Personen – Mahan Sadrat (Sedarat) Madani, Mansour Hout, Mohammad Boroughani, Nezamoldin Hout – stehen Neuverhandlungen an, nachdem ihre Schuldsprüche und Todesurteile vom Obersten Gerichtshof aufgehoben und ihre Fälle an vorinstanzliche Gerichte zurückverwiesen worden waren. Amnesty International sind mindestens drei weitere Personen bekannt, die wegen Straftaten vor Gericht gestellt wurden, die mit der Todesstrafe geahndet werden. Zu ihnen zählen Saeed Shirazi, Abolfazl Mehri Hossein Hajilou und Mohsen Rezazadeh Gharegholou. Gegen Dutzende weitere Personen wird wegen Kapitalverbrechen im Zusammenhang mit den Protesten ermittelt.
Bitte heben Sie umgehend alle Schuldsprüche und Todesurteile auf, die in Verbindung mit den Protesten ausgesprochen wurden. Sehen Sie bitte von weiteren Todesurteilen ab und sorgen Sie dafür, dass alle Personen, die einer als Straftat anerkannten Handlung angeklagt sind, Verfahren erhalten, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und in denen nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird. Bitte lassen Sie alle Inhaftierten frei, die nur wegen der friedlichen Wahrnehmung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind.
Sorgen Sie dafür, dass die Inhaftierten Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen ihrer Wahl erhalten und vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt sind. Stellen Sie sicher, dass Foltervorwürfe untersucht und die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden. Bitte stellen Sie sicher, dass unabhängige Beobachter*innen Zugang zu den Verfahren mit möglichen Todesurteilen im Zusammenhang mit den Protesten erhalten.
Verhängen Sie bitte umgehend ein offizielles Hinrichtungsmoratorium mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen.
Hochachtungsvoll,
Appelle an
Oberste Justizautorität
Gholamhossein Mohseni Ejei
c/o Permanent Mission of Iran to the UN
Chemin du Petit-Saconnex 28
1209 Genève
Alternativadresse:
c/o Embassy of Iran to the European Union,
Avenue Franklin Roosevelt No. 15, 1050 Bruxelles, Belgien
Instagram: https://www.instagram.com/ejeii_org/ (falls nicht aktiv → Präsident: raisi_org)
Kopien an
Botschaft der Islamischen Republik Iran
Thunstrasse 68
Postfach 227
3000 Bern 6
Fax: 031 351 56 52
E-mail: secretariat@iranembassy.ch
Twitter: https://twitter.com/iraninbern
Mögliche Antwort auf Ihren Appellbrief
Es ist möglich, dass Sie ein Antwortschreiben auf Ihren Appellbrief erhalten. Sie müssen nicht selber auf diese Schreiben antworten, aber wir sind dankbar, wenn sie uns dieses Antwortschreiben zukommen lassen. Idealerweise gescannt per E-mail an ua@amnesty.ch. Wir leiten die Antwortschreiben jeweils an das zuständige Research-Team (via das Internationale Sekretariat von Amnesty) weiter. Die Kolleg*innen analysieren den Inhalt und entscheiden über das weitere Vorgehen, das allenfalls in einer Further information zum tragen kommt.
Wir befürchten keinerlei Konsequenzen für UA-Aktivist*innen in der Schweiz.
Möglicherweise ist es sinnvoll, eventuell keinen Brief zu schreiben, falls Sie in das Land einreisen möchten (oder dort Familie haben). Dies betrifft vor allem «problematische» und repressive Länder. (Russland, Türkei, China, ...)