Sorge um Gefangenen im Hungerstreik
Der inhaftierte dänisch-bahrainische Menschenrechtsverteidiger Abdulhadi Al-Khawaja ist am 9. August in den Hungerstreik getreten, um gegen seine willkürliche Inhaftierung und die mangelnde medizinische Versorgung zu protestieren. Am 11. August wurde er mit starken Herzrhythmusstörungen in das Krankenhaus der bahrainischen Streitkräfte eingeliefert und dort auf die Intensivstation gebracht. Ihm wurden intravenöse Medikamente verabreicht, woraufhin sich sein Herzschlag stabilisierte und er ins Gefängnis zurückgebracht wurde, wo er seinen Hungerstreik wieder auf-nahm. Abdulhadi Al-Khawaja ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der seit 2011 willkürlich in Haft ist. Er muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.
Der dänisch-bahrainische Menschenrechtsverteidiger Abdulhadi Al-Khawaja trat am 9. August in den Hungerstreik und nimmt seither nur Wasser zu sich. Er befindet sich seit zwölf Jahren nur deshalb in Haft, weil er während der Proteste im Jahr 2011 in Bahrain seine Rechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit wahrgenommen hatte. Mit dem Hungerstreik protestiert er gegen seine willkürliche Inhaftierung und den mangelnden Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung.
Am 11. August wurde Abdulhadi Al-Khawaja mit starken Herzrhythmusstörungen zunächst in die Gefängnisklinik und dann in das Krankenhaus der bahrainischen Streitkräfte (BDF-Krankenhaus) eingeliefert und dort auf die Intensivstation gebracht. Aufgrund seiner schwachen Verfassung konnte er sich nicht gegen die intravenöse Behandlung wehren. Wenige Stunden später stabilisierte sich sein Herzschlag wieder und er wurde in das Gefängnis zurückgebracht, wo er seinen Hungerstreik umgehend wieder aufnahm. Laut der Familie von Abdulhadi Al-Khawaja hörte er sich in einem Telefonat am 14. August sehr schwach an und gab an, nur schwer seine Arme heben zu können und die meiste Zeit liegen zu müssen.
Abdulhadi Al-Khawaja begann seinen Hungerstreik, nachdem die Gefängnisbehörden ihm wieder einmal eine angemessene medizinische Versorgung verweigert hatten. Obwohl er bereits am 28. Februar Herzrhythmusstörungen hatte, wurde Abdulhadi Al-Khawaja erst am 1. Juni zu einem Termin in der Gefängnisklinik mit einem*r Kardiolog*in des Salmaniya-Krankenhauses eingeladen. Der*die Kardiologe*in hatte weder Zugang zu seiner Krankenakte noch die nötige Ausrüstung, um ihn gründlich zu untersuchen. Er*Sie gab an, Abdulhadi Al-Khawaja müsse geröntgt und einige Tage lang im Krankenhaus beobachtet werden, was die Gefängnisbehörden jedoch nicht zuliessen.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Der bekannte Menschenrechtsverteidiger und gewaltlose politische Gefangene Abdulhadi Al-Khawaja ist 62 Jahre alt und Mitbegründer der Menschenrechtsorganisation Gulf Centre for Human Rights (GCHR) und der NGO Bahrain Center for Human Rights (BCHR). Bis Anfang 2011 hat er für die Menschenrechtsgruppe Frontline Defenders als Schutzkoordinator für die Region Nahost und Nordafrika gearbeitet. Darüber hinaus war er 2003 mit Amnesty Inter-national im Rahmen einer Untersuchungskommission im Irak und ist Mitglied des internationalen Beratungsnetzwerks der NGO Business and Human Rights Resource Centre. Er setzt sich friedlich für die Menschenrechte ein und hat bereits mehrere Menschenrechtspreise erhalten. So wurde ihm im Oktober 2013 der Dignity – World without Torture Award verliehen. Zuletzt wurde er 2022 mit dem renommierten Martin Ennals Award for Human Rights Defenders ausgezeichnet. Abdulhadi Al-Khawaja verbüsst wegen seiner Beteiligung an den friedlichen Protesten 2011 in Bahrain eine lebenslange Haftstrafe im Jaw-Gefängnis. Er wurde im Jahr 2011 nach einem Verfahren vor einem Militärgericht schuldig gesprochen und verurteilt, und erneut 2012 nach einem Neuverfahren vor einem nicht militärischen Gericht. Unter anderem wurde ihm vorgeworfen, «Terrorgruppen gebildet zu haben mit dem Ziel, die Herrschaft des Königs zu beenden und die Verfassung zu ändern».
Am 13. Februar 2023 war Abdulhadi Al-Khawaja von einem*r Augenarzt*Augenärztin untersucht worden, der*die ohne jegliche Ausrüstung ins Jaw-Gefängnis gebracht worden war und dort feststellte, dass sich sein Glaukom verschlimmert hatte. Ihm wurden neue Augentropfen und eine Brille verschrieben. Am 2. März wurde Abdulhadi Al-Khawaja zu einem augenärztlichen Termin ins BDF-Krankenhaus gebracht. Entgegen der Vereinbarung, die er mit den Gefängnisbehörden getroffenen hatte, wurden ihm bei der Ankunft enge Handschellen angelegt.
Am 28. Februar hatte Abdulhadi Al-Khawaja Herzrhythmusstörungen, woraufhin er im BDF-Krankenhaus untersucht und die dringende Empfehlung ausgesprochen wurde, ihn an einen Herzspezialisten zu überweisen. Noch während der Versorgung im Krankenhaus wollte ein in Zivil gekleideter Mann, der sich als Leiter des Sicherheitsdienstes des Krankenhauses ausgab, Abdulhadi Al-Khawaja Handschellen anlegen. Abdulhadi Al-Khawaja weigerte sich, Handschellen zu tragen und verliess den Raum. Er wurde daraufhin ins Gefängnis zurückgebracht und erst am 1. Juni kardiologisch untersucht.
Am 9. Mai 2023 begann Abdulhadi Al-Khawaja damit, täglich vor den Überwachungskameras des Gefängnishofes zu protestieren, um für sich und seine Mitgefangenen den Zugang zu Arztterminen einzufordern. Er hielt Schilder in die Kameras, auf denen stand: «Die Vorenthaltung medizinischer Behandlungen ist langsamer, systematischer Mord» und «Ihr macht euch der Folter schuldig und verhindert medizinische Behandlungen». Am 14. Mai sagte er seiner Familie, dass er seinen Protest vorübergehend aussetze, da die Gefängnisverwaltung bessere Bedingungen zugesichert und ihm den Zugang zu angemessener Behandlung versprochen habe. Er hat jedoch bis heute keinen Zugang zu der nötigen fachärztlichen Behandlung erhalten.
Die ärztlichen Termine von Abdulhadi Al-Khawaja wurden nicht eingehalten, selbst als er zustimmte, in Handschellen in einem gepanzerten Fahrzeug transportiert zu werden. Dabei hatten die Ärzt*innen des Gefängniskrankenhauses den Gefängnisbehörden empfohlen, aufgrund seiner Erkrankungen (u. a. Rückgratsprobleme) die Einschränkungen für ihn zu lockern. Laut Angaben anderer Inhaftierter werden die Gefangenen während der Fahrten in dem gepanzerten Fahrzeug manchmal stundenlang im Wagen belassen. In jüngster Zeit wurden einige Gefangene in normalen Wagen und Bussen und ohne Handschellen transportiert. Internationale Menschenrechtsgremien sind der Ansicht, dass die Fixierung von Gefangenen, die kein Risiko darstellen, unter Umständen als Folter oder andere Misshandlung gelten kann. In Grundsatz 47 der UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) heisst es, dass Gefangene nur fixiert werden sollten, um sie an der Flucht zu hindern oder um zu vermeiden, dass sie sich oder andere verletzen.
Am 4. Mai 2023 veröffentlichten die Vereinten Nationen einen gemeinsamen Brief, der Anfang des Jahres vom UN-Sonderberichterstatter zur Lage von Menschenrechtsverteidiger*innen und fünf weiteren UN-Expert*innen an die Regierung von Bahrain geschickt worden war. Darin drückten sie ihre Sorge über den Fall von Abdulhadi Al-Khawaja aus, nicht zuletzt über seine willkürliche Inhaftierung und die neuerlichen Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen. Am 17. April 2023 hatte die bahrainische Regierung auf den Brief reagiert, indem sie Abdulhadi al-Khawaja nicht als Menschenrechtsverteidiger anerkannte, sondern als «Terroristen» bezeichnete. Weiter hiess es, er käme in den Genuss seiner Rechte, u. a. was Gesundheitsversorgung und rechtlichen Beistand angehe.