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Startseite Urgent Actions 2022 04 Artist faces up to 10 years for anti-war action Artist’s detention prolonged
FI 036/22-2
Russland •
Abgeschlossen am 2. August 2022

Untersuchungshaft verlängert

AI-Index: EUR 46/5692/2022

Am 30. Mai wurde die Untersuchungshaft der Künstlerin Aleksandra Skochilenko bis zum 1. Juli verlängert. Sie war am 11. April festgenommen worden, weil sie in einem Supermarkt in Sankt Petersburg Preisschilder durch Antikriegsinformationen ersetzt haben soll. Sie ist wegen «Verbreitung wissentlich falscher Informationen über den Einsatz der russischen Streitkräfte» angeklagt. Aleksandra Skochilenko ist durch eine Glutenintoleranz gesundheitlich stark beeinträchtigt. Da sie in der Untersuchungshaft nicht die erforderliche Ernährung und medizinische Versorgung erhält, verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu zehn Jahre Haft.

Aleksandra Skochilenko ist eine Songschreiberin und Künstlerin aus Sankt Petersburg, die international für ihr Engagement zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen bekannt ist. Ihr wird unter Paragraf 207.3 des Strafgesetzbuchs die «Verbreitung wissentlich falscher Informationen über den Einsatz der russischen Streitkräfte» vorgeworfen. Grund für die Anklage ist, dass sie Preisschilder in örtlichen Supermärkten durch Antikriegsinformationen ersetzt haben soll, darunter Informationen über die Toten durch die Bombardierung des Theaters von Mariupol. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine international als Straftat anerkannte Handlung.

Am 11. April durchsuchte die Polizei die Wohnung von Aleksandra Skochilenko, nahm sie fest und verhörte sie bis 3 Uhr morgens. Am 13. April ordnete das Bezirksgericht Vasileostrovsky in Sankt Petersburg an, sie bis zum 1. Juni in Untersuchungshaft zu nehmen. Diese ist nun bis zum 1. Juli verlängert worden.

Aleksandra Skochilenko ist durch Zöliakie, eine genetische Glutenintoleranz, gesundheitlich stark beeinträchtigt. Dass sie in der Untersuchungshaft nicht die erforderliche Ernährung und medizinische Versorgung erhält, stellt eine grosse Gefahr für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden dar. Wenn sie glutenhaltige Nahrung zu sich nimmt, kann das letztlich zu Organversagen, Krebs oder Autoimmunerkrankungen führen. Angaben ihres Rechtsbeistands und Medienberichten zufolge ist die Untersuchungshafteinrichtung nicht vollständig in der Lage, sie mit glutenfreien Lebensmitteln zu versorgen, und gestattet der Künstlerin auch weiterhin nicht, Nahrungsmittel von ihrer Familie zu erhalten.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Aleksandra Skochilenko wird die «öffentliche Verbreitung wissentlich falscher Informationen über den Einsatz der Streitkräfte der Russischen Föderation und die Ausübung der Befugnisse der staatlichen Organe der Russischen Föderation» gemäss dem kürzlich hinzugefügten Paragrafen 207.3 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihr fünf bis zehn Jahre Haft.
Die Sankt Petersburgerin ist in der Kunstszene bekannt: Sie schreibt Lieder, verfasst Comic-Bücher und Cartoons, organisiert Konzerte und Jamsessions. Ausserdem hat sie das bekannte «Buch über Depressionen» geschrieben, das dazu beiträgt, das Stigma psychischer Erkrankungen zu verringern. Das Buch ist äusserst beliebt. Es wurde mehrfach neu aufgelegt und in mehrere Sprachen übersetzt und hat vielen Menschen inner-halb und ausserhalb Russlands geholfen. Viele Videos und Ausstellungen wurden durch das Buch inspiriert.
Aleksandra Skochilenko leidet an Zöliakie, einer genetischen Glutenintoleranz, und muss sich glutenfrei ernähren. Am 20. April hiess es, dass sich ihr Gesundheitszustand durch das Fehlen glutenfreier Nahrungsmittel verschlechtert habe. Am 21. April teilte ihr Rechtsbeistand Amnesty International mit, dass die Haftanstalt ihr schliesslich erlaubt habe, ein Paket ihrer Familie mit Lebensmitteln zu erhalten, die ihrer glutenfreien Ernährung entsprechen.
Am 23. April wurde sie von einer provisorischen Haftanstalt in ein Untersuchungsgefängnis gebracht.
Nach einem Besuch bei Aleksandra Skochilenko in der Untersuchungshaftanstalt am 25. April berichtete einer der Rechtsbeistände, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe. Sie konnte nichts essen, da sie nicht das erforderliche glutenfreie Essen erhielt und ihre Familie ihr auch kein weiteres Essen schicken durfte. Daher fühlte sie sich die meiste Zeit über schwach. Zudem wurde sie von den Wärter*innen und ihren Zellengenoss*innen psychisch unter Druck gesetzt und ihre Zelle war unhygienisch und kalt.
Am 7. Mai, nachdem diese Informationen in die Medien gerieten, verbesserten sich die Haftbedingungen von Aleksandra Skochilenko. Sie erhält nun mindestens einmal am Tag glutenfreies Essen – das Frühstück und Abendessen muss sie jedoch nach wie vor ausfallen lassen. Am Tag ihrer letzten Gerichtsverhandlung erhielt sie den ganzen Tag lang kein angemessenes Essen. Die Künstlerin hat in der Haft stark an Gewicht verloren, was aufgrund ihrer Zöliakie bestimmte Risiken mit sich bringt.
Die Partnerin von Aleksandra Skochilenko wurde zu einer Zeugin in ihrem Strafverfahren erklärt, was bedeutet, dass sich die beiden nicht sehen dürfen. Die von ihrer Partnerin gestellten Besuchsanträge wurden allesamt abgelehnt.

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