Positive Entwicklungen
25.2.2021
Syamsul (Samsul) Bahri und Samsir wurden am 24. Februar vom Langkat Regency Police Chief Adj Comr. Sr. Edi Suranta Sinulingga gegen Kaution freigelassen. Die beiden Männer sind inzwischen nach Hause zurückgekehrt, unter der Bedingung, dass sie sich zweimal pro Woche bei der Langkat Regency Police melden und bei Bedarf bei der Polizei erscheinen können.
Es ist wichtig, dass wir weiterhin Appellbriefe schreiben, da unser Aufruf an die Polizei, die Anklage gegen Syamsul (Samsul) Bahri und Samsir fallen zu lassen, noch nicht erreicht wurde. Die Anschuldigungen wegen Körperverletzung bleiben bestehen, und ihre Anwälte diskutieren derzeit die nächsten Schritte.
Diese positive Entwicklung zeigt, dass der internationale Druck wirkt!
Die Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidigern im Umweltbereich muss beendet werden, und die Behörden müssen sicherstellen, dass sie ihre friedlichen Aktivitäten ohne Angst vor Bedrohung, Einschüchterung oder willkürlicher Inhaftierung ausführen können.
Vielen Dank für euer Engagement!
Landwirte bei Naturschutzarbeiten festgenommen
Samsul und Samsir Bahri werden seit dem 10. Februar 2021 unter fadenscheinigen Anschuldigungen in Gewahrsam gehalten. Die beiden sind Vater und Sohn und leben in einer kleinbäuerlichen Gemeinschaft in der Provinz Nordsumatra. Dort engagieren sie sich bei der Wiederaufforstung eines Mangrovenwaldes und kämpfen um ihre Landrechte – lokale zivilgesellschaftliche Organisationen betrachten ihre Festnahme als Versuch, diese Arbeit zu kriminalisieren.
Die Inhaftierung von Samsul und Samsir Bahri, die sich in einer Gruppe von Nipah-BäuerInnen namens Tani Ni-pah Group engagieren, ist besorgniserregend: Es ist zu befürchten, dass sich dieser Fall in die lange Liste der Schikane und Kriminalisierung von UmweltschützerInnen in Indonesien einreiht. Diese gehören zu den am meisten verfolgten AktivistInnen des Landes und sind regelmässig mit Einschüchterungen, Drohungen und Anschuldigungen konfrontiert, die offenbar darauf abzielen, ihre Arbeit zu untergraben.
Samsul und Samsir Bahri wurden am 8. Februar 2021 von der Polizei zum Verhör vorgeladen, nachdem ein Mann sie der Körperverletzung beschuldigt hatte. ZeugInnen zufolge soll der Vorfall konstruiert worden sein. Am 10. Februar wurden sie in Gewahrsam genommen. Dabei befragte die Polizei sie weder als Zeugen, noch wurden sie aufgefordert, sich zu der Anzeige zu äussern. Insbesondere im Zusammenhang mit ihrer Arbeit als Menschenrechtsverteidiger, die ihre Landrechte einfordern, ist dies äusserst bedenklich. Laut Informationen, die Amnesty International vorliegen, geht es Samsul Bahri in Haft gesundheitlich schlecht. Da er Diabetiker ist und einen hohen Cholesterinspiegel hat, ist er auf die regelmässige Einnahme von Medikamenten angewiesen.
Die beiden Umweltschützer Samsul und Samsir Bahri arbeiten an der Wiederaufforstung eines Streifens Mangrovenwald mit, um so das Ökosystem in dem betreffenden Gebiet zu bewahren. Dadurch setzen sie sich friedlich für den Schutz und die Förderung von Menschenrechten ein. Ihre Kriminalisierung ist nicht nur eine Verletzung ihrer eigenen Rechte – sie bedroht auch die Arbeit und die Rechte aller MenschenrechtsverteidigerInnen in Indonesien. Zudem wirkt sie sich negativ auf die gesamte Bevölkerung aus, unter anderem auf deren Recht auf eine gesunde Umwelt. Anstatt für ihre Bestrebungen verfolgt zu werden, sollten sie gemäss Paragraf 66 des Gesetzes Nr. 32/2009 geschützt werden. Dieser besagt, dass Personen für die Verteidigung des Rechts auf eine intakte und gesunde Umwelt weder straf- noch zivilrechtlich verfolgt werden dürfen.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Ende 2017 erteilte die Regierung der Gemeinschaft der Nipah-BäuerInnen im Rahmen einer Genehmigung für soziale Forstwirtschaft das Recht, ein 242 Hektar grosses Gebiet im Dorf Kwala Serapuh in der Provinz Nordsumatra nachhaltig zu bewirtschaften. Seither arbeitet die Gruppe, die sich zur Tani Nipah Group zusammengeschlossen hat, an der Wiederaufforstung der Mangrovenwälder in diesem Gebiet. Die KleinbäuerInnen protestieren gegen ein Palmölunternehmen, das in dem Gebiet eine Plantage betreibt, für das die Gruppe das Recht zur Bewirtschaftung beansprucht.
Die Anzeige gegen Samsul und Samsir Bahri geht auf einen Vorfall im Dezember 2020 zurück, als einige Nipah-BäuerInnen an einem Umweltsanierungsprojekt in dem Gebiet arbeiteten, das sie im Rahmen des Programms für soziale Forstwirtschaft bewirtschaften. Laut ZeugInnen, deren Aussagen von lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen – darunter WALHI North Sumatra, LBH Medan und Srikandi Lestari – aufgenommen wurden, betraten am 18. Dezember zwei Personen das Gelände und fotografierten die Nipah-BäuerInnen bei der Arbeit.
Der Vorstand der Tani Nipah Group, Samsul Bahri, fragte die beiden Personen nach den Gründen für ihre Anwesenheit. Danach entfernte sich einer der Männer ein Stück und rief seiner Begleitung laut zu, dass er verprügelt werde, sodass Umstehende es hören konnten. Anschliessend sprang er in den Fluss. Die Nipah-BäuerInnen holten ihn schnell mit einem Boot aus dem Wasser und brachten ihn in Sicherheit. Danach baten sie ihn, zu präzisieren, was er zuvor durch den Ausruf impliziert hatte. Daraufhin beteuerte der Mann, dass er von keinem Mitglied der Gemeinschaft verprügelt worden sei. Diese Aussage wurde von einem Nipah-Bauern in einem Video festgehalten. Kurz darauf verliessen die beiden Personen das Gelände wieder.
Fast zwei Monate später erhielten Samsul und Samsir Bahri am 8. Februar 2021 ein Vorladungsschreiben der Polizei von Tanjung Pura. Sie sollten am 10. Februar als Verdächtige zu einer Befragung er-scheinen. Einer der beiden Männer hatte bei der Polizei Anzeige erstattet und behauptet, Samsul Bahri und andere BäuerInnen hätten ihn am 18. Dezember 2020 angegriffen. Er und sein Sohn wurden nach Artikel 170 des Strafgesetzbuches wegen gemeinschaftlicher Gewalt durch eine Gruppe angeklagt. Die Anklagen gegen die beiden werfen Fragen auf, da Samsul und Samsir Bahri zu keinem Zeitpunkt als Zeugen befragt oder um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten worden waren. Die Beiden befinden sich seit dem 10. Februar in Haft.
Lokale zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für Samsul und Samsir Bahri einsetzen, gehen davon aus, dass die Festnahme auf falschen Anschuldigungen gegen die beiden beruht. Die Inhaftierung stelle eine Form der Kriminalisierung dar, die darauf abzielt, die Arbeit der Gemeinschaft zur Er-haltung der Mangrovenwälder und zur Einforderung ihrer Landrechte zu untergraben. In einer Stellungnahme gegenüber den NGOs wies der Polizeichef der Region Langkat, Adj. Sr. Comr. Edi Suranta Sinulingga, Bedenken über eine Kriminalisierung zurück. Die Polizei habe zudem Beweise zu dem Vor-fall gesammelt.
MenschenrechtlerInnen, die sich in Indonesien für den Schutz und die Förderung von Umwelt- und Landrechten einsetzen, werden zunehmend schikaniert und kriminalisiert, wenn staatliche und wirtschaftliche Akteure ihre Aktivitäten als Hindernis für die Umsetzung ihrer Entwicklungsprojekte betrachten. Einer der bedeutendsten Kriminalisierungsfälle ereignete sich 2017, als der Umweltschützer Heri Budiawan, auch bekannt als Budi Pego, zu vier Jahren Haft verurteilt wurde. Ihm war im Zusammenhang mit seinem Engagement gegen den Goldabbau in Tumpang Pitu, Banyuwangi in der Provinz Ost-Java Verbreitung von Kommunismus vorgeworfen worden. Im Jahr 2020 dokumentierte Amnesty International Festnahmen, Angriffe und die Einschüchterungen von mindestens 202 MenschenrechtsverteidigerInnen in Indonesien – darunter auch UmweltschützerInnen, die ihre Rechte auf Land und eine gesunde Umwelt verteidigten.