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Startseite Urgent Actions 2019 06 Over hundred persons continue in detention Released activists still face charges
FI 082/19-5
Nicaragua
Abgeschlossen am 30. Januar 2020

Aktivistinnen und Aktivisten nach wie vor angeklagt

AI-Index: AMR 43/1652/2020

Am 30. Dezember 2019 wurden in Nicaragua 91 Inhaftierte freigelassen, darunter auch 13 AktivistInnen, die im November 2019 beim Verlassen einer Kirche in Masaya festgenommen worden waren. Die AktivistInnen hatten eine Gruppe von Menschen im Hungerstreik, die die Freilassung ihrer Angehörigen forderten, mit Wasser versorgt. Die 13 AktivistInnen sind jedoch nach wie vor angeklagt und müssen am 30. Januar vor Gericht erscheinen. Laut Angaben von Organisationen vor Ort befinden sich nach wie vor 65 Personen in Haft, die wegen ihrer Teilnahme an den Protesten im April 2018 festgenommen worden waren.

Am 18. April 2018 brachen in Nicaragua landesweite Proteste aus. Seither verfolgt die nicaraguanische Regierung eine Strategie der Strafverfolgung und Kriminalisierung der ProtestteilnehmerInnen. Laut Angaben lokaler Organisationen befinden sich trotz der kürzlich erfolgten Freilassung von 91 Personen immer noch 65 Menschen im Gefängnis. Die 13 AktivistInnen, die festgenommen wurden, weil sie eine Gruppe von Menschen im Hungerstreik mit Wasser versorgt hatten, befinden sich zwar auf freiem Fuss, müssen sich allerdings trotzdem noch vor Gericht verantworten, da ihre Anklagen nicht fallengelassen wurden.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Nach einem Gesetzentwurf zu Reformen des Sozialversicherungssystems brachen in Nicaragua am 18. April 2018 zahlreiche Proteste aus. Die Reformpläne waren nicht mit der Bevölkerung diskutiert worden und fanden keine Zustimmung. Die Proteste wurden von den Behörden gewaltsam niedergeschlagen. Laut Angaben der Interamerikanischen Menschenrechtskommission wurden dabei 328 Personen getötet. Mehr als 2.000 Menschen erlitten Verletzungen. Nach Angaben zivilgesellschaftlicher Organisationen wurden darüber hinaus mehr als 700 Personen festgenommen. Etwa 300 im Gesundheitswesen Beschäftigte wurden entlassen und 144 Studierenden der öffentlichen Universität Universidad Nacional Autónoma de Nicaragua (UNAN) wurde der Studienplatz entzogen. Laut Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge sind bis August 2019 etwa 80.000 nicaraguanische Staatsangehörige ins benachbarte Ausland geflohen, 68.000 davon haben in Costa Rica Asyl beantragt. Mehr als 100 JournalistInnen und Medienschaffende sahen sich gezwungen, ins Exil zu gehen.
Die Regierung Nicaraguas ist ihrer im März 2019 gemachten Zusage bislang nicht nachgekommen, alle Gefangenen freizulassen, die sich seit dem 18. April 2018 lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung in Haft befinden. Am 8. Juni 2019 verabschiedete die nicaraguanische Nationalversammlung ein neues Amnestiegesetz. Drei Tage später wurden 56 Personen aus der Haft entlassen. Es gibt jedoch seitdem immer wieder Berichte über neue Repressalien. Am 16. Mai 2019 wurde der 57-jährige Eddy Montes, der über die nicaraguanische und US-amerikanische Staatsbürgerschaft verfügte, im Gefängnis La Modelo in Managua erschossen. Gemeinsam mit vielen weiteren Personen war er wegen seiner Beteiligung an den Demonstrationen im April 2018 festgenommen worden. Am 14. November 2019 nahm die nicaraguanische Polizei mindestens 13 AktivistInnen beim Verlassen einer Kirche in Masaya fest und inhaftierte sie. Die AktivistInnen hatten einer Gruppe von Menschen im Hungerstreik Wasser gebracht. Die Hungerstreikenden forderten die Freilassung ihrer bei den Protesten am 18. April 2018 inhaftierten Angehörigen.
Am 30. Dezember 2019 wurden 91 Inhaftierte, die im Nachgang der Proteste festgenommen worden waren, freigelassen – darunter auch die 13 AktivistInnen. Laut der Regierung handelte es sich dabei um eine Geste der «nationalen Versöhnung». Unter den Freigelassenen war auch die 22-jährige studentische Aktivistin María Guadalupe Ruiz Briceño, die nach Angaben der Nicaraguanischen Initiative von Menschenrechtsverteidigerinnen (Iniciativa Nicaraguense de Defensoras de Derechos Humanos) und der rechtlichen Organisation Unidad de Defensa Jurídica am 13. Juli 2019 unter Einsatz von Gewalt von der Polizei festgenommen worden war.
In dem im Oktober 2018 veröffentlichten Bericht Instilling Terror kommt Amnesty International zu dem Schluss, dass die nicaraguanische Regierung eine repressive Strategie verfolgte, die darauf beruhte, vermeintliche GegnerInnen zu kriminalisieren. Personen, die gegen die Regierung protestierten, wurden als «Terroristen» und «Putschisten» abgestempelt, um ein entsprechend gewaltsames Vorgehen zu rechtfertigen. Immer wieder kommt es in Nicaragua zu Protesten, in denen die Menschen grundlegende Veränderungen fordern. Es ist über anderthalb Jahre her, seit die Regierung anfing, scharf gegen die TeilnehmerInnen der damaligen Proteste vorzugehen. Doch Amnesty International erhält nach wie vor Berichte über willkürliche Inhaftierungen und die Folterung von inhaftierten Personen. Einigen zivilgesellschaftlichen Organisationen, wie z. B. der Menschenrechtsorganisation Centro Nicaragüense de los Derechos Humanos (CENIDH), wurde die Registrierung als juristische Person entzogen. Sie können nach wie vor nicht ungehindert ihrer Arbeit nachgehen, und auch JournalistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen werden weiterhin schikaniert. Die Regierung scheint immer noch die Strategie zu verfolgen, kritische Stimmen durch Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zum Schweigen bringen zu wollen.

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