Filmemacher inhaftiert und bei schlechter Gesundheit
Der Filmemacher Min Htin Ko Ko Gyi ist seit dem 12. April in Haft und benötigt dringend fachärztliche Behandlung. Seine Inhaftierung hängt mit einer Reihe von Beiträgen in den Sozialen Medien zusammen, in denen er die myanmarische Verfassung kritisiert hat. Seine Anträge auf Freilassung gegen Kaution wurden allesamt abgelehnt. Sollte er angeklagt und verurteilt werden, drohen ihm bis zu vier Jahre Gefängnis. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der umgehend und bedingungslos freigelassen werden muss.
Min Htin Ko Ko Gyi ist ein in Myanmar bekannter Filmemacher und Gründer eines internationalen Filmfestivals zu Menschenrechtsthemen. Am 12. April wurde er festgenommen, weil er in den Sozialen Medien Kritik an einem Verfassungsentwurf des Militärs geübt hat. Zudem kritisierte er die Rolle des Militärs in der Politik. Ihm werden gemäss Paragraf 505(a) des Strafgesetzbuchs «Aussagen zur Förderung öffentlichen Unfugs» vorgeworfen. Darüber hinaus wird ihm nach Paragraf 66(d) des Telekommunikationsgesetzes von 2013 «Verleumdung im Internet» zur Last gelegt. Sollte er in beiden Fällen vor Gericht gestellt und verurteilt werden, drohen ihm bis zu vier Jahre Gefängnis. Amnesty International betrachtet Min Htin Ko Ko Gyi als gewaltlosen politischen Gefangenen, der nur deshalb in Haft ist, weil er friedlich von seinem Recht auf freie Meinungsäusserung Gebrauch gemacht hat.
Der Gesundheitszustand von Min Htin Ko Ko Gyi gibt Anlass zur Sorge. Er leidet an Leberkrebs und musste sich Anfang des Jahres einer grossen Operation unterziehen. Er benötigt durchgehende fachärztliche Behandlung, die im Insein-Gefängnis nicht verfügbar ist. Es ist zu befürchten, dass sich der Zustand von Min Htin Ko Ko Gyi weiter verschlechtern wird, wenn ihm die entsprechende Behandlung verweigert wird. Myanmar ist verpflichtet, sein Recht auf Gesundheit zu gewährleisten. Internationale Menschenrechtsstandards legen fest, dass Gefangene, die fachärztliche Behandlung bzw. eine Operation benötigen, in Spezialkliniken oder zivile Krankenhäuser verlegt werden sollten.
In Myanmar wurden in jüngster Zeit vermehrt Menschen aus politischen Gründen festgenommen und inhaftiert. Diese Festnahmen geschehen auf der Grundlage von Gesetzen, die seit mehreren Jahren dazu genutzt werden, friedliche politische AktivistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen strafrechtlich zu verfolgen. Diese Gesetze laufen internationalen Menschenrechtsnormen und -standards zuwider und schränken das Recht auf freie Meinungsäusserung ein.
Das Militär verfügt in Myanmar nach wie vor über erheblichen wirtschaftlichen und politischen Einfluss. Angehörige des Militärs agieren ohne zivilrechtliche Kontrolle und geniessen daher faktisch Straffreiheit. Die Verfassung von 2008 legt darüber hinaus fest, dass das Militär mindestens 25 Prozent der Sitze im Parlament innehaben muss, was bedeutet, dass es bei wichtigen Verfassungsänderungen ein Veto einlegen kann. Das Verteidigungsministerium, das Innenministerium und das Ministerium für Grenzangelegenheiten unterstehen allesamt der Armee.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Min Htin Ko Ko Gyi wurde nach Paragraf 66(d) des Telekommunikationsgesetzes von 2013 «Verleumdung im Internet» zur Last gelegt. Wenige Tage später kam ein weiterer Vorwurf gemäss Paragraf 505(a) des Strafgesetzbuchs hinzu. Dieser Paragraf verbietet das Veröffentlichen von Aussagen und Berichten in der Absicht, myanmarische Militärangehörige dazu zu bringen, zu meutern oder sich anderweitig ihrer Pflichten zu entziehen. Er sieht eine Höchststrafe von zwei Jahren Gefängnis vor. Bei einem Verstoss gegen Paragraf 505(a) liegt es im Ermessen des Gerichts, ob eine Freilassung gegen Kaution gewährt werden soll. Die von Min Htin Ko Ko Gyi gestellten Anträge auf Freilassung gegen Kaution aus humanitären Gründen sind bisher alle abgelehnt worden. Min Htin Ko Ko Gyi muss sich wegen des mutmasslichen Verstosses gegen Paragraf 505(a) vor dem Gericht des Townships Insein in Rangun verantworten. Der Vorwurf gemäss Paragraf 66(d) wird noch untersucht. Verstösse gegen Paragraf 66(d) können mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden.
MenschenrechtsverteidigerInnen und andere AktivistInnen werden in Myanmar auch weiterhin nur deshalb festgenommen und inhaftiert, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäusserung wahrnehmen. Dieses Recht ist in Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. Amnesty International ist angesichts einiger myanmarischer Gesetze besorgt, mit denen das Recht auf freie Meinungsäusserung eingeschränkt wird, so auch Paragraf 505 des Strafgesetzbuchs und Paragraf 66(d) des Telekommunikationsgesetzes von 2013.
In den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) heisst es, dass die gesundheitliche Versorgung von Gefangenen Aufgabe des Staates ist und dass die Gefängnisbehörden in dringenden Fällen eine umgehende medizinische Versorgung sicherzustellen haben. Die gesundheitliche Versorgung von Gefangenen sollte eine gewisse Durchgängigkeit gewährleisten und Gefangene, die fachärztliche Behandlung bzw. eine Operation benötigen, sind in Spezialkliniken oder zivile Krankenhäuser zu verlegen.