01.08.2019: Media quote
In response to the opening of the trial of filmmaker Min Htin Ko Ko Gyi a media quote was released.
Inhaftierter Filmemacher angeklagt, Sorge um Gesundheit bleibt bestehen
Gegen Min Htin Ko Ko Gyi ist Anklage erhoben worden. Der bekannte Filmemacher ist seit dem 12. April in Haft und benötigt dringend fachärztliche Behandlung. Seine Inhaftierung hängt mit einer Reihe von Beiträgen in den Sozialen Medien zusammen, in denen er die Rolle des myanmarischen Militärs in der Politik kritisierte. Seine Anträge auf Freilassung gegen Kaution wurden allesamt abgelehnt. Min Htin Ko Ko Gyi ist ein gewaltloser politischer Gefangener und muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.
Min Htin Ko Ko Gyi ist ein in Myanmar bekannter Filmemacher und Gründer eines internationalen Filmfestivals zu Menschenrechtsthemen. Am 12. April wurde er festgenommen, weil er in den Sozialen Medien Kritik an einem Verfassungsentwurf des Militärs geübt hat. Zudem kritisierte er die Rolle des Militärs in der Politik. Seit seiner Festnahme ist er im Insein-Gefängnis in Rangun inhaftiert. Am 18. Juli klagte ihn das Gericht in Insein offiziell wegen des mutmasslichen Verstosses gegen Paragraf 505(a) des Strafgesetzbuchs wegen «Aussagen zur Förderung öffentlichen Unfugs» an. Darüber hinaus wird ihm nach Paragraf 66(d) des Telekommunikationsgesetzes von 2013 «Verleumdung im Internet» zur Last gelegt. Dieser Vorwurf wird noch untersucht. Beide Verstösse werden mit jeweils zwei Jahren Haft geahndet. Amnesty International betrachtet ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen, der sich lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf Meinungsfreiheit in Haft befindet.
Der Gesundheitszustand von Min Htin Ko Ko Gyi gibt Anlass zur Sorge. Er leidet an Leberkrebs und musste sich Anfang des Jahres einer grossen Operation unterziehen. Zwar wurde ihm vor kurzem erlaubt, das Gefängnis für eine Nachsorgeuntersuchung in einem Regierungskrankenhaus zu verlassen, doch benötigt er eine durchgehende fachärztliche Behandlung sowie Medikamente, die im Insein-Gefängnis nicht verfügbar sind. Es ist zu befürchten, dass sich sein Zustand weiter verschlechtern wird, wenn ihm die entsprechende Behandlung und Medikation verweigert wird. Myanmar ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und ist somit verpflichtet, das Recht auf Gesundheit zu gewährleisten.
In Myanmar wurden in jüngster Zeit vermehrt Menschen aus politischen Gründen festgenommen und inhaftiert. Diese Festnahmen geschehen auf der Grundlage von Gesetzen, die seit mehreren Jahren dazu genutzt werden, friedliche politische AktivistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen strafrechtlich zu verfolgen. Diese Gesetze laufen internationalen Menschenrechtsnormen und -standards zuwider und schränken das Recht auf freie Meinungsäusserung ein.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Min Htin Ko Ko Gyi wurde zunächst nach Paragraf 66(d) des Telekommunikationsgesetzes von 2013 «Verleumdung im Internet» zur Last gelegt. Wenige Tage später kam ein weiterer Vorwurf gemäss Paragraf 505(a) des Strafgesetzbuchs hinzu. Dieser Paragraf verbietet das Veröffentlichen von Aussagen und Berichten in der Absicht, myanmarische Militärangehörige dazu zu bringen, zu meutern oder sich anderweitig ihrer Pflichten zu entziehen. Er sieht eine Höchststrafe von zwei Jahren Gefängnis vor. Bei einem Verstoss gegen Paragraf 505(a) liegt es im Ermessen des Gerichts, ob eine Freilassung gegen Kaution gewährt werden soll. Die von Min Htin Ko Ko Gyi gestellten Anträge auf Freilassung gegen Kaution aus humanitären Gründen sind bisher alle abgelehnt worden. Am 18. Juli 2019 hat das Gericht in Insein offiziell Anklage gegen Min Htin Ko Ko Gyi wegen des mutmasslichen Verstosses gegen Paragraf 505(a) erhoben. Der Vorwurf gemäss Paragraf 66(d) wird noch untersucht. Auch Verstösse gegen Paragraf 66(d) können mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden.
MenschenrechtsverteidigerInnen und andere AktivistInnen werden in Myanmar auch weiterhin nur deshalb festgenommen und inhaftiert, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäusserung wahrnehmen. Dieses Recht ist in Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. Amnesty International ist angesichts einiger myanmarischer Gesetze besorgt, mit denen das Recht auf freie Meinungsäusserung eingeschränkt wird, so auch Paragraf 505 des Strafgesetzbuchs und Paragraf 66(d) des Telekommunikationsgesetzes von 2013.
In den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) heisst es, dass die gesundheitliche Versorgung von Gefangenen Aufgabe des Staates ist und dass die Gefängnisbehörden in dringenden Fällen eine umgehende medizinische Versorgung sicherzustellen haben. Die gesundheitliche Versorgung von Gefangenen sollte nicht unterbrochen werden und Gefangene, die fachärztliche Behandlung bzw. eine Operation benötigen, sind in Spezialkliniken oder zivile Krankenhäuser zu verlegen.
Das Militär verfügt in Myanmar nach wie vor über erheblichen wirtschaftlichen und politischen Einfluss. Angehörige des Militärs agieren ohne zivilrechtliche Kontrolle und geniessen daher faktisch Straffreiheit. Die Verfassung von 2008 legt darüber hinaus fest, dass das Militär mindestens 25 Prozent der Sitze im Parlament innehaben muss, was bedeutet, dass es bei wichtigen Verfassungsänderungen ein Veto einlegen kann. Das Verteidigungsministerium, das Innenministerium und das Ministerium für Grenzangelegenheiten unterstehen allesamt der Armee.