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UA 202/18
Mexiko
Abgeschlossen am 25. Januar 2019

Drohende weitere Ausweitung der Untersuchungshaft

AI-Index: AMR 41/9574/2018

Der mexikanische Kongress könnte in den kommenden Wochen eine Verfassungsreform verabschieden, die RichterInnen dazu verpflichten würde, bei einer erweiterten Anzahl von Straftaten Untersuchungshaft anzuordnen. Anders als im Völkerrecht vorgesehen, entzieht diese Reform RichterInnen die Möglichkeit, von der Untersuchungshaft abzusehen oder Beweise aufzunehmen und erst dann zu entscheiden, ob ein Freiheitsentzug angemessen ist.

Am 6. Dezember billigte der mexikanische Senat den Vorschlag, Artikel 19 der mexikanischen Verfassung zu reformieren und die Liste der Straftaten auszuweiten, bei denen RichterInnen die Untersuchungshaft für die beschuldigte Person anordnen müssen. Der Reformvorschlag liegt nun dem Abgeordnetenhaus vor und soll in den kommenden Wochen diskutiert werden. Sollte er angenommen werden, würden unter Verstoss gegen internationale Menschenrechtsnormen jedes Jahr Tausende Menschen im Vorfeld des Gerichtsverfahrens in Untersuchungshaft genommen werden.

Laut offiziellen Zahlen sind in Mexiko 29,6% der inhaftierten Personen ohne einen Schuldspruch im Gefängnis.  Die Untersuchungshaft ist aufgrund der Dauer der strafrechtlichen Verfolgung für gewöhnlich extrem lang, in manchen Fällen bis zu zehn Jahre. Eine obligatorische Untersuchungshaft wird nicht nur Tausende Menschen ins Gefängnis bringen, sondern auch RichterInnen nicht gestatten, die Fälle angemessen zu prüfen und die Verhältnismässigkeit einer solchen Massnahme abzuwägen.

Im Völkerrecht ist festgelegt, dass die Art der Straftat nicht das einzige Kriterium für die Verhängung von Untersuchungshaft sein soll und dass Untersuchungshaft eine Ausnahmemassnahme darstellt und nicht als Strafe eingesetzt werden darf. Die obligatorische Untersuchungshaft würde die Inhaftierung von Menschen, die einer Straftat beschuldigt werden, selbst in den Fällen gestatten, in denen keinerlei Beweise vorliegen und sie würde einer Zunahme von mangelhaften strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und unbegründeten strafrechtlichen Beschuldigungen Vorschub leisten. Dies könnte die Straflosigkeitskrise in Mexiko noch verstärken, in einem Land also, in dem fast 99% der begangenen Straftaten nicht zu einer Verurteilung führen.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die exzessive Verhängung von Untersuchungshaft stellt in Mexiko ein anhaltendes Problem dar. Mit dem neuen Strafjustizsystem – das 2016 für das ganze Land in Kraft trat – wurden verschiedene Alternativen zur Untersuchungshaft eingeführt. Die Nutzung von Alternativen zur Untersuchungshaft wird jedoch nach wie vor behindert, insbesondere dadurch, dass Artikel 19 der mexikanischen Verfassung RichterInnen vorschreibt, bei bestimmten Arten von Straftaten und allen Verbrechen, die den Einsatz von Gewalt einschliessen, Untersuchungshaft anzuordnen. Die vorgeschlagene Gesetzesreform würde die Liste der Straftaten erheblich verlängern.

In all diesen Fällen könnten RichterInnen nicht mehr die Fakten abwägen, um zu einer Entscheidung zu gelangen, sondern müssten immer Untersuchungshaft verhängen. Diese Massnahme läuft dem Völkerrecht zuwider, das festschreibt, dass die Art der Straftat nicht das einzige Kriterium für die Verhängung von Untersuchungshaft sein sollte und Untersuchungshaft eine Ausnahmemassnahme darstellt und nicht als eine Form der Strafe verhängt werden darf. Untersuchungshaft ist nur dann zulässig, wenn keine andere Massnahme zu einem berechtigten Ziel führt, z.B. bei erheblicher Fluchtgefahr sowie dem Abwenden von Schaden Dritter und unzulässiger Einflussnahme zur Verhinderung der Strafverfolgung.

Die Gründe für die Anordnung von Untersuchungshaft müssen genau und im engen Sinne angewendet werden und die besonderen Umstände einer Person (wie Alter und Gesundheitszustand) berücksichtigen. Die Justizbehörden sollten in regelmässigen Abständen die Rechtmässigkeit der Haft prüfen und bestätigen, dass sie weiterhin notwendig und verhältnismässig ist.

Die obligatorische Untersuchungshaft begünstigt auch das Unterschieben von Beweisen, da dies die Arbeit der ErmittlerInnen vereinfacht. So können ErmittlerInnen zum Beispiel mit der Behauptung, dass eine Person auf frischer Tat ertappt worden sei, die Inhaftierung der Person für einige Zeit sicherstellen, in der Regel für einige Jahre. Für diese Behauptung genügt es, wenn die oder der Verdächtige einen einzelnen Gegenstand bei sich führten (wie bei Festnahmen im Zusammenhang mit Waffen oder illegalen Drogen). Auf der anderen Seite ist es in einigen Gerichten üblich, bei mutmasslichen Straftaten, die eine Untersuchungshaft zwingend vorsehen, die Umstände der Festnahme nicht ordnungsgemäss zu hinterfragen.

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