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Startseite Urgent Actions 2018 12 Queer artist at risk of going to prison
UA 110/18
Paraguay
Abgeschlossen am 9. Januar 2019

LGBTI-Aktivist droht Haftstrafe

AI-Index: AMR 45/9572/2018

Bruno Almada Comas, ein junger Queer-Aktivist und Künstler, wird beschuldigt, eine «exhibitionistische Handlung» begangen zu haben. Der Vorwurf steht im Zusammenhang mit einer Performance, mit der er Gewalt und Diskriminierung, denen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgeschlechtliche und Intergeschlechtliche (LGBTI) in Paraguay ausgesetzt sind, kritisierte. Die Vorverhandlung in seinem Verfahren ist für den 19. Dezember angesetzt. Sollte er schuldig gesprochen werden, droht Bruno Almada Comas ein Jahr Gefängnis.

Am 17. Mai zeigte Bruno Almada Comas auf dem «Besatón-Festival», das von der LGBTI-Organisation SOMOSGAY organisiert wird, eine Performance mit dem Titel «Vena Rota» (gerissene Vene). Die Vorführung fand auf einem öffentlichen Platz in der Hauptstadt Asunción statt. Das Festival hat sich zum Ziel gesetzt, LGBTI in der Gesellschaft sicherbarer zu machen und die Diversität in Paraguay zu fördern. Mit seiner Performance wollte Bruno Almada Comas Gewalt und Diskriminierung, denen LGBTI ausgesetzt sind, anprangern. Mitglieder der Gruppe «Somos muchos muchos más» (Wir sind viele viele mehr), die sich gegen das Recht auf Ehe und Elternschaft für gleichgeschlechtliche Paare wendet, haben Anzeige gegen Bruno Almada Comas wegen «exhibitionistischer Handlungen», «sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen» und «homosexueller Handlungen vor Minderjährigen» erstattet, weil er sexuelle Handlungen vor Kindern gezeigt habe. Am 23. November erhob die Generalstaatsanwaltschaft Anklage gegen Bruno Almada Comas wegen «exhibitionistischer Handlungen». Die Vorverhandlung in dem Verfahren ist für den 19. Dezember angesetzt.

Sollte er schuldig gesprochen werden, droht Bruno Almada Comas eine Haftstrafe von einem Jahr, und er könnte angewiesen werden, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben. Nach seinen Angaben hat die Generalstaatsanwaltschaft angeboten, das Strafverfahren unter Auflagen auszusetzen, wenn er die Vorwürfe akzeptiert und sich über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren alle zwei Monate beim Einwohnermeldeamt registrieren lässt. Diese Auflage würde eine Einschränkung seines Rechts auf Bewegungsfreiheit bedeuten, da dadurch Auslandsreisen erheblich behindert werden.

Bei seiner Performance trug Bruno Almada Comas schwarze Unterwäsche und hatte ein Plastikherz mit einer roten Flüssigkeit (die Blut darstellen sollte) bei sich. Er führte eine Tanzperformance auf. Im Hintergrund waren Audioaufnahmen von diskriminierenden Aussagen gegen LGBTI, sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Angriffen gegen umfassende Pläne für Sexualerziehung zu hören. Am Ende der Performance zog er einen mit Glitter gefüllten Glaskolben aus seiner Hose, hielt ihn neben seinen Penis und verteilte den Glitter über seinen Körper und auf dem Boden. Seinen Angaben zufolge wollte er damit am Ende der Performance ein Zeichen der Hoffnung gegen Gewalt und Diskriminierung setzen. Der Abschluss der Performance wurde in der Anzeige als explizite sexuelle Handlung beschrieben.

Amnesty International ist der Ansicht, dass die Generalstaatsanwaltschaft das Justizsystem missbraucht, um die künstlerische Arbeit von Bruno Almada Comas zu zensieren.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Im Oktober 2017 hat das Ministerium für Erziehung und Wissenschaft eine Resolution erlassen, mit der Bildungs- und Informationsmaterialien, die das Ministerium als „Gendertheorie und/oder -ideologie“ bezeichnete, verboten wurden. Dadurch wurde der Zugang zu Materialien über Geschlechtergerechtigkeit, reproduktive Rechte, Sexualität und Nichtdiskriminierung eingeschränkt. Amnesty International fordert die Behörden von Paraguay deshalb auf, umgehend Massnahmen einzuleiten, um Antidiskriminierungsgesetze zu verabschieden und umzusetzen, um so internationale Menschenrechtsstandards und Verpflichtungen einzuhalten, die zuvor gemacht wurden. Diese Gesetze sollen Bestimmungen enthalten, die Nichtdiskriminierung garantieren und Diskriminierung in allen Bereichen, unter anderem im Hinblick auf sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, zu verhindern und zu bestrafen. Mehr Informationen dazu finden Sie in dem englischsprachigen Dokument: https://www.amnesty.org/en/documents/ior40/3034/2015/en/.

Nach Angaben der paraguayischen Menschenrechtsorganisation CODEHUPY (Coordinadora de Derechos Humanos del Paraguay) dokumentierte die Organisation im Jahr 2017 Fälle von Polizeigewalt gegen LGBTI; Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität eines Studenten/einer Studentin; die Tötung der Transfrau Andrea González, wobei der Täter nicht zu einer Haftstrafe, sondern zu Hausarrest verurteilt wurde, aus dem er entkommen konnte; Verleumdungskampagnen und Hassreden gegen LGBTI. Auch 2018 wurden laut SOMOSGAY solche Gewalttaten registriert.

Vor zwei Jahren begannen verschiedene Verwaltungsbezirke in Paraguay damit, Resolutionen «für das Leben und für die Familie» zu verabschieden. Die dabei entwickelten Positonen bedeuten, dass die Behörden in den Verwaltungsbezirken Familien, die aus einem Mann und einer Frau bestehen, bevorzugen und gleichgeschlechtliche Paare diskriminieren. Die Verabschiedung derartiger Resolutionen hat auch dazu geführt, dass Demonstrationen für die Rechte von LGBTI oder zur Förderung von Vielfalt eingeschränkt wurden. Nach Aussagen von CODEHUPY gibt es in Paraguay etwa zehn Städte, die solche Positionen entwickelt bzw. Resolutionen verabschiedet haben.

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