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UA 203/18
Palästinensische Gebiete
Abgeschlossen am 7. Dezember 2018

Aktivistin für soziale Gerechtigkeit im Hungerstreik

AI-Index: MDE 15/9478/2018

Suha Jbara ist seit dem 22. November im Hungerstreik und protestiert damit gegen ihre Inhaftierung und Folter durch palästinensische Sicherheitskräfte. Die nächste Anhörung ist für den 6. Dezember anberaumt.

Am 3. November um 20 Uhr Ortszeit nahmen palästinensische Sicherheitskräfte Suha Jbara im Haus ihrer Familie in Turmusaya nahe Ramallah im Westjordanland fest und brachten sie in das vom Gemeinsamen Sicherheitsausschuss genutzte Haft- und Verhörzentrum in Jericho.

Laut Angaben ihrer Rechtsbeistände Mohannad Karajah und Thafer Sa’ayda wurde Suha Jbara drei Tage lang verhört und dabei nach eigener Aussage von mehreren der sie verhörenden Männern gefoltert. Sie berichtete ihren Rechtsbeiständen, dass sie brutal auf Brust und Rücken geschlagen, geschüttelt und gegen die Wände geschleudert worden sei und ihr sexualisierte Gewalt angedroht wurde. Sie schilderte ihren Rechtsbeiständen auch, wie sie die Verhörenden durch das Haftzentrum führten und sie auf andere, männliche, Gefangene in Stresspositionen und mit Kapuzen über den Köpfen aufmerksam machten und ihr Folterwerkzeuge wie Seile, Ketten und Schlagstöcke zeigten, um ihr damit zu drohen. Ihr Vater Badran Jbara konnte sie am 21. November in Haft besuchen. Er berichtete Amnesty International, dass seine Tochter ihm die durch die Schläge verursachten Blutergüsse gezeigt habe. Suha Jbara wird seit der Ankunft im Gefängnis von Jericho in Einzelhaft gehalten.

Bei einer gerichtlichen Anhörung am 22. November unter Ausschluss der Öffentlichkeit sagte Suha Jbara, dass sie einen Hungerstreik begonnen habe und damit gegen ihre Inhaftierung und Misshandlung protestiere. Sie kündigte an, den Hungerstreik bis zu ihrer Freilassung fortsetzen zu wollen. Der Antrag ihres Rechtsbeistands auf eine gerichtsmedizinische Untersuchung zur Überprüfung ihrer Foltervorwürfe wurde abgelehnt. Seit Beginn des Hungerstreiks musste sie bereits zweimal in das Krankenhaus von Jericho gebracht werden. Sie wurde jedoch beide Male wieder ins Gefängnis zurückgefahren.

Ihren Rechtsbeiständen verweigert die Generalstaatsanwaltschaft den Zugang zu ihrer Akte.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Suha Jbara ist 31 Jahre alt, trägt die Verantwortung für drei Kinder und hat die palästinensische, US-amerikanische und panamaische Staatsangehörigkeit. Sie ist eine Aktivistin für soziale Gerechtigkeit und an islamischen Wohltätigkeitsorganisationen beteiligt. Sie engagiert sich zudem bei der Unterstützung der Familien palästinensischer Gefangener in Israel. Am 3. November wurde sie in ihrem Haus in Turmusaya festgenommen. Ihre Familie berichtete, dass fünf Fahrzeuge der palästinensischen Sicherheitskräfte vor dem Haus der Familie vorfuhren und Einlass verlangten, da sie sonst die Tür aufbrächen. Suha Jbara wurde in das Haftzentrum des Geheimdienstes in Ramallah gebracht. Dort brach sie physisch und psychisch zusammen. Daraufhin durfte sie kurz in das palästinensische Krankenhaus in Ramallah, wurde dann aber in das Haft- und Verhörzentrum in Jericho gebracht. Weder bei der Festnahme noch bei den Verhören waren weibliche Sicherheitskräfte anwesend. Ihre Familie erfuhr erst am 7. November, als sie vor Gericht gestellt wurde, von ihrem Verbleib.
An diesem Tag wurde Suha Jbara einem Gericht in Jericho vorgeführt, das ihre Haft um 15 Tage verlängerte. Anschliessend wurde sie in das Gefängnis von Jericho gebracht. Mehrere StaatsanwältInnen der Generalstaatsanwaltschaft befragten Suha Jbara am 5. November im Haft- und Verhörzentrum in Jericho und nahmen ihre Aussage auf Band auf. Laut Angaben ihrer Rechtsbeistände schnitten die StaatsanwältInnen ihre Aussage im Beisein bewaffneter Sicherheitskräfte mit. Suha Jbara durfte ihre Aussage nicht lesen, ehe sie ihr zur Unterschrift vorgelegt wurde.
Suha Jbara ist herzkrank und musste seit ihrer Inhaftierung schon mindestens dreimal ins Krankenhaus gebracht werden; zum ersten Mal in der Nacht ihrer Festnahme, als sie bei der Ankunft im Haftzentrum des Geheimdienstes in Ramallah zusammenbrach. Die beiden anderen Male wurde sie in das Krankenhaus von Jericho gebracht, als sie bereits in den Hungerstreik getreten war. Ihre Rechtsbeistände erhielten eine Kopie des Krankenberichts des ersten Krankenhausbesuchs, durften aber die Berichte der beiden folgenden Krankenhausaufenthalte in Jericho nicht einsehen. 
Amnesty International hat dokumentiert, dass palästinensische Streitkräfte im Westjordanland und dem Gazastreifen friedliche DemonstrantInnen und KritikerInnen beider Behörden immer wieder willkürlich festnehmen. Zu den Festgenommenen und Inhaftierten zählen JournalistInnen, Studierende, KritikerInnen der Behörden und MenschenrechtsaktivistInnen. Amnesty International ist besorgt darüber, dass viele dieser Festnahmen willkürlich stattfinden und dass die Gerichtsprozesse nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen. Amnesty International ist darüber hinaus sehr besorgt über den straffreien systematischen Einsatz von Folter und anderen Misshandlungen gegen Gefangene durch die palästinensischen Sicherheitskräfte, obwohl der Staat Palästina das Fakultativprotokoll des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe am 29. Dezember 2017 ratifiziert hat. Die palästinensische Unabhängige Kommission für Menschenrechte (the Independent Commission for Human Rights – ICHR) erhält jedes Jahr Hunderte Beschwerden über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von Seiten der palästinensischen Sicherheitskräfte. Bis Oktober gingen im Jahr 2018 bereits mehr als 200 Beschwerden ein.

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