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Startseite Urgent Actions 2018 11 Workers arrested for trying to set up trade union
UA 200/18
China
Abgeschlossen am 4. Januar 2019

Festgenommen wegen Gewerkschaftsgründung

AI-Index: ASA 17/9438/2018

Seit Juli 2018 befinden sich in China drei Fabrikarbeiter und ein NGO-Mitarbeiter wegen versuchter Gewerkschaftsgründung in Haft. Die vier Männer haben seit ihrer Festnahme nur eingeschränkten Zugang zu ihren Rechtsbeiständen und dürfen keinen Kontakt mit ihren Familien aufnehmen. Amnesty International sorgt sich daher um die Gesundheit der Männer. Zudem befürchtet Amnesty, dass sie kein faires Gerichtsverfahren erhalten.

Li Zhan, Mi Jiuping und Yu Juncong sind bei Jasic Technology angestellt, einem Hersteller von Schweissgeräten in der südchinesischen Stadt Shenzhen. Im Juli 2018 begannen sie gemeinsam mit einigen KollegInnen damit, entsprechend des geltenden Rechtsrahmens eine Gewerkschaft zu gründen. Nur wenige Tage später, am 27. Juli, wurden die drei Arbeiter beschuldigt, eine illegale Gewerkschaft gründen zu wollen. Daraufhin nahm man sie in Gewahrsam auf der Grundlage des Verdachts, «Streit angefangen und Ärger provoziert zu haben». Fu Changguo, ein Mitarbeiter des Dagongzhe Workers' Centre in Shenzhen, wurde im August festgenommen, weil er vor einer Polizeiwache Parolen zur Unterstützung der drei Arbeiter skandiert hatte. Alle vier Männer wurden daraufhin wegen «Versammlung einer Menschenmenge, um die öffentliche Ordnung zu stören» angeklagt.

Li Zhan, Mi Jiuping, Yu Juncong und Fu Changguo haben seit ihrer Festnahme nur eingeschränkten Zugang zu ihren Rechtsbeiständen. Laut der Familie von Fu Changguo durfte er sich erst einmal mit seinem Rechtsbeistand treffen, seit er sich in Gewahrsam befindet, da die Gefängnisbehörden alle anderen Treffen abgelehnt haben. Der Rechtsbeistand von Fu Changguo hat der Familie nun mitgeteilt, dass er sein Mandat niederlegen werde, da seinem Mandanten ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt werde. Es ist unklar, ob Fu Changguo dem zugestimmt hat. Auch der Rechtsbeistand von Yu Juncong durfte sich nur einmal mit ihm treffen; nach diesem Treffen legte er sein Mandat nieder. Ein Treffen zwischen Yu Juncong und seinem neuen Rechtsbeistand hat noch nicht stattgefunden. Mi Jiuping hatte bereits zwei Rechtsbeistände, die ihre Mandate niedergelegt haben. Auch er durfte sich noch nicht mit seinem neuen Rechtsbeistand treffen, da es in seinem Fall nach Angaben der Behörden um Staatsgeheimnisse geht. Die vier Männer hatten seit ihrer Festnahme im Juli noch keinerlei Kontakt mit ihren Familien.

Neben Li Zhan, Mi Jiuping, Yu Juncong und Fu Changguo wurden im Juli noch weitere 26 Personen festgenommen, die an der versuchten Gewerkschaftsgründung bei Jasic Technology beteiligt waren. Darüber hinaus wurden einige Mitglieder der Arbeitervertretung entlassen, und andere wurden von Unbekannten auf dem Weg zur Fabrik verprügelt.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Li Zhan, Mi Jiuping, Yu Juncong und Fu Changguo durften seit ihrer Festnahme im Juli 2018 noch keinerlei Kontakt mit ihren Familien aufnehmen. Die Familienangehörigen von Li Zhan erfuhren erst auf Nachfrage bei der Polizei, dass er in die Hafteinrichtung Shenzhen Nr. 2 gebracht worden war. Die Familie von Fu Changguo versuchte ihm einen Brief zu schicken, doch die Gefängnisbehörden weigerten sich ihn anzunehmen. Die Verwandten von Yu Juncong haben eigenen Angaben zufolge noch keine offizielle Benachrichtigung über seine Festnahme oder Inhaftierung erhalten.
Auf die Festnahmen im Juli folgte eine zweite Festnahmewelle am 9. November, bei der mindestens ein Dutzend ArbeitsrechtsaktivistInnen sowie Studierende, die die ArbeiterInnen bei Jasic Technology unterstützen, in Gewahrsam genommen wurden. Zu ihnen zählen Sun Min, Zong Yang, Liang Xiaogang, Wang Guixia und Zhang Shengye, alles AbsolventInnen der Universität Peking, einer der renommiertesten Universitäten des Landes. Medienberichten zufolge wurde Zhang Shengye auf dem Universitätscampus von Personen, die dunkle Kleidung trugen, geschlagen und dann abgeführt. Die Sicherheitskräfte auf dem Campus unternahmen offenbar nichts dagegen. Der Verbleib der fünf Studierenden und einiger ArbeitsrechtsaktivistInnen ist nach wie vor unbekannt.
Nach dem Verschwinden der Studierenden verschickte die Universität Peking Berichten zufolge am 14. November eine Nachricht an alle Studierenden, in der gemahnt wurde, man solle sich «nicht an den jüngsten Aktivitäten für Arbeitsrechte beteiligen». Medienberichten zufolge hiess es in der Nachricht weiter: «Wenn Studierende sich im Zuge dieser Nachricht immer noch dem Gesetz widersetzen möchten, dann müssen sie auch die Konsequenzen tragen».
Ein Arbeiter, der am 9. November festgenommen und später wieder freigelassen wurde, sagte öffentlich aus, dass sein Haus mitten in der Nacht von PolizistInnen durchsucht wurde, die eine nicht ausgefüllte Vorladung bei sich hatten. Dies verstösst gegen die chinesische Strafprozessordnung, die vorschreibt, dass PolizistInnen eine gültige Vorladung der entsprechenden Volksstaatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde vorlegen müssen. Dieser Arbeiter wurde im Anschluss an die Durchsuchung 24 Stunden lang auf einer Polizeistation verhört. Die PolizistInnen liessen ihn nicht schlafen, machten Bemerkungen über seine Eltern und traten gegen seine Beine. Eigenen Angaben zufolge verfasste der Arbeiter infolge des polizeilichen Drucks und seiner geschwächten körperlichen Verfassung eine Erklärung, in der er einen Unterstützer der ArbeiterInnen benannte und Dinge sagte, die «den Tatsachen stark zuwiderlaufen».
In den vergangenen Jahren wurden in China zwar Gesetze und Verordnungen zum Schutz der Arbeitnehmerrechte erlassen, doch werden sie bisher nur unzureichend umgesetzt. Laut dem chinesischen Statistikamt verfügten 2016 lediglich 35 Prozent der 281 Millionen «inländischen ArbeitsmigrantInnen» über Arbeitsverträge. Unabhängige Gewerkschaften sind verboten und der staatliche Chinesische Gewerkschaftsbund (ACFTU) ist die einzige Einrichtung, die ArbeitnehmerInnen in China repräsentieren darf. Dem ACFTU angeschlossene Gewerkschaften werden häufig von der Managementebene kontrolliert und haben nicht ausreichend Kapazitäten, um die Interessen der ArbeitnehmerInnen zu vertreten.

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