Online-Aktivist seit über einem Monat inhaftiert
Am 16. Juli wurde der Journalist und Online-Aktivist Ahmed Al-Dai Bushara Joudah von Angehörigen des sudanesischen Geheimdienstes NISS (National Intelligence and Security Service) in Omdurman, Sudan, willkürlich festgenommen. Derzeit ist er ohne Anklage in einer Haftanstalt des NISS in der Stadt Khartum-Nord inhaftiert, der Zugang zu Rechtsbeiständen und zu seiner Familie wird ihm verwehrt. In der Haft drohen ihm Folter und andere Formen der Misshandlung.
Der 28-jährige Ahmed Al-Dai Bushara Joudah ist Sportkommentator für mehrere Fernseh- und Radiosender im Sudan und engagiert sich in den Sozialen Medien. Am 16. Juli wurde er in seinem Haus in Omdurman von sechs NISS-Angehörigen rechtswidrig festgenommen. Er ist derzeit in einer Haftanstalt des NISS in Khartum-Nord inhaftiert. Der NISS verwehrte ihm bisher den Zugang zu seiner Familie und seinen Rechtsbeiständen. Seine Familie stellte drei Anträge beim NISS, um Ahmed Al-Dai Bushara Joudah zu besuchen. Alle drei wurden abgewiesen. Ohne Kontakt zur Aussenwelt steigt das Risiko der Folter und anderer Misshandlung für Ahmed Al-Dai Bushara Joudah massiv.
Nach Angaben seiner Familie leidet Ahmed Al-Dai Bushara Joudah an einer chronischen Magenerkrankung. Sie fürchten, dass er in der Haftanstalt nicht die medizinische Versorgung erhält, die er benötigt.
Seit Januar 2018 verstärkte Ahmed Al-Dai Bushara Joudah seinen Aktivismus in den Sozialen Medien. Er teilte auf Facebook viele Videos, die die Wirtschaftspolitik der sudanesischen Regierung kritisierten. Er rief die Bevölkerung dazu auf, die neuen wirtschaftlichen Sparmassnahmen abzulehnen, die die Regierung im Januar 2018 erlassen hatte und die zu einem Anstieg der Kosten für Nahrungsmittel und Medikamente führten. Am 12. Mai wurde er vom NISS vorgeladen und 16 Stunden lang zu seinem Aktivismus verhört.
Zuvor war er bereits am 26. November 2016 von NISS festgenommen und nach 47 Tagen ohne Anklage wieder freigelassen worden. Die damalige Festnahme erfolgte, nachdem er im November und Dezember 2016 auf seiner Facebook-Seite Aktionen des zivilen Ungehorsams unterstützt hatte, mit denen gegen die steigenden Kosten für Treibstoff, Strom, öffentliche Verkehrsmittel, Nahrungsmittel und Medikamente im Sudan protestiert worden war.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Amnesty International hat 2016 und 2017 Dutzende Fälle dokumentiert und Berichte über Fälle erhalten, in denen der sudanesische Geheimdienst NISS scharf gegen regierungskritische AktivistInnen, MenschenrechtsverteidigerInnen und zivilgesellschaftlich engagierte Personen vorgegangen ist. Zwischen November 2016 und Februar 2017 nahm der NISS Dutzende von Mitgliedern der Oppositionspartei und andere AktivistInnen fest, die den zivilen Ungehorsam im November und Dezember 2016 unterstützt hatten, der sich gegen die steigenden Kosten für Treibstoff, Strom, öffentliche Verkehrsmittel, Nahrungsmittel und Medikamente richtete. Die Inhaftierten wurden auf unterschiedliche Weise gefoltert und anderweitig misshandelt, so zum Beispiel durch Elektroschocks, Schläge, Peitschenhiebe, Einzelhaft und psychischen Druck, wie die Androhung von Vergewaltigung während der Verhöre. In vielen Fällen wurden AktivistInnen über Wochen oder Monate inhaftiert, ohne je einer Straftat angeklagt zu werden.
Zwischen dem 6. Januar und dem 10. Februar 2018 wurden mindestens 140 Mitglieder der Oppositionspartei, MenschenrechtsverteidigerInnen, StudentInnen und FrauenrechtsaktivistInnen festgenommen und vom NISS inhaftiert. Sie wurden im Zusammenhang mit vereinzelten Protestveranstaltungen gegen die steigenden Preise für Lebensmittel und Medikamente festgenommen. Die Protestveranstaltungen begannen nach der Einführung der wirtschaftlichen Sparmassnahmen durch die sudanesische Regierung. Im April 2018 wurden alle Inhaftierten ohne Anklage entlassen.
Das Gesetz über die nationale Sicherheit (National Security Act 2010, NSA) gibt dem NISS weitreichende Befugnisse, wie z. B. Verdächtige für bis zu viereinhalb Monate ohne gerichtliche Überprüfung zu inhaftieren. Angehörige des NISS setzen diese Befugnisse häufig ein, um Personen willkürlich festzunehmen, zu inhaftieren, zu foltern und anderweitig zu misshandeln. Dasselbe Gesetz gewährt NISS-Angehörigen ausserdem Schutz vor Strafverfolgung für im Zuge ihrer Arbeit begangene Handlungen. Dies hat zu einer fest etablierten Kultur der Straflosigkeit geführt. Die am 5. Januar 2015 verabschiedete Änderung von Artikel 151 der Verfassung hat die Befugnisse des NISS erweitert und die Situation noch verschärft. Durch die Änderung entwickelte sich der NISS von einer Geheimdienstbehörde, die sich auf das Einholen und die Analyse von Informationen und Beratung konzentrierte, zu einer vollwertigen Sicherheitsbehörde mit einem umfangreichen Mandat zur Ausübung einer Mischung von Funktionen, die normalerweise von den Streitkräften oder den Strafverfolgungsbehörden eines Landes wahrgenommen werden. Zudem gab dieser Schritt dem NISS uneingeschränkte Verfügungsfreiheit bei der Entscheidung, was genau eine politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Bedrohung darstellt und wie auf solch eine Bedrohung zu reagieren ist. Weder das NSA noch der überarbeitete Artikel 151 verlangt vom NISS bei der Ausübung seiner Tätigkeit die Einhaltung relevanter internationaler, transnationaler oder nationaler Gesetze.