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Startseite Urgent Actions 2018 05 Homes of religious minority destroyed by mob
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Indonesien
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22.5.2018: Media quote

For further information, please see a media quote issued by Amnesty Indonesia.

Ausschreitungen gegen Ahmadiyya

AI-Index: ASA 21/8453/2018

Die Polizei hat mindestens 23 Angehörige der religiösen Minderheit der Ahmadiyya in East Lombok in eine andere Stadt gebracht, nachdem NachbarInnen ihre Häuser und ihren Besitz zerstört hatten. Die Gemeinde wurde innerhalb von 24 Stunden mehrmals angegriffen und ist auch weiterhin durch anhaltende Einschüchterungen und Drohungen, ihren Besitz zu zerstören, bedroht.

Mindestens 23 Personen der religiösen Gemeinschaft der Ahmadiyya aus dem Dorf Gereneng in der Provinz West Nusa Tenggara im Osten der Insel Lombok wurden von der Polizei evakuiert, nachdem Dutzende Menschen aus demselben Dorf sie am 19. Mai 2018 angegriffen hatten. Um 11 Uhr begann der Mob mindestens sechs Häuser, vier Motorräder, einen Laden und Haushaltsgegenstände von Angehörigen der Ahmadiyya-Gemeinschaft zu zerstören. Nach Angaben einer der Betroffenen stahl der Mob auch ihre Familienjuwelen sowie Geld. Die Angegriffenen, überwiegend Frauen und Kinder, konnten bislang nicht in ihre Häuser zurückkehren.

Am selben Tag gegen 21 Uhr versuchten etwa 30 Personen aus Gereneng, mit Steinen, Ziegelsteinen und Stöcken noch weitere Häuser von Ahmadiyyas zu zerstören, doch die Polizei und das Militär hinderten sie daran und wiesen sie an, nach Hause zu gehen. Am folgenden Morgen um 6:30 Uhr kam die Gruppe jedoch wieder und zerstörte zwei weitere Häuser, obwohl sich die Polizei und das Militär in der Gegend aufhielten. In weniger als 24 Stunden sind mindestens acht Häuser von dem Mob zerstört worden.

Die örtliche Polizei, Militärkommandeure und die Bezirksregierung von East Lombok haben ein Mediationstreffen organisiert und beschlossen, die Ahmadiyya in eine vorübergehende Unterkunft in das Dorf Gelang im East Lomboker Unterbezirk Selong zu bringen. Der Kommandeur der örtlichen Polizei hat versprochen, eine Untersuchung der Angriffe einzuleiten.

Die Ahmadiyya sind eine religiöse Minderheit und zählen sich selbst zum Islam. Doch viele muslimische Gruppen behaupten, dass sie nicht zum Kanon des Glaubenssystems gehören. Angehörige der Ahmadiyya-Gemeinschaft sind bereits in verschiedenen anderen Teilen Indonesiens diskriminiert, eingeschüchtert und bedroht worden, da die Regierung ihre Lehren als «abweichend» betrachtet. Die indonesische Regierung muss konkrete Schritte unternehmen, um Minderheiten wie die Ahmadiyya vor Gewalt und rechtswidrigen Zwangsräumungen zu schützen und dem Aufrufen zur Gewalt sowie Gewalttaten entgegenwirken.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Laut Angaben von Menschenrechtsgruppen, die die Lage beobachten, sehen sich andere Angehörige der Ahmadiyya-Gemeinschaft, die sich entschieden hatten im Dorf Gereneng zu bleiben, anhaltenden Einschüchterungen und Drohungen durch BewohnerInnen benachbarter Dörfer gegenüber. Diese drohen ihnen, ihre Häuser und ihren Besitz zu schädigen.
Religiöse Minderheiten, wie SchiitInnen, Ahmadiyya und ChristInnen sind in Indonesien häufig Schikane, Einschüchterungen und Angriffen ausgesetzt. Mindestens 1.500 Angehörige der religiösen Minderheitsbewegung Fajar Nusantara (Gafatar) wurden im Januar aus ihren Dörfern in Menpawah in West Kalimantan vertrieben. Im Dezember 2011 setzte ein Mob eine heilige Stätte, ein Internat und eine Reihe von Privathäusern der schiitischen Gemeinde auf der Insel Madura in Brand. In der Provinz East Nusa Tenggara der Insel Lombok lebt eine Ahmadiyya-Gemeinschaft in unangemessenen Unterkünften, seit ihre Häuser im Februar 2006 von einem Mob angegriffen und in Brand gesetzt wurden. Sowohl die Ahmadiyya als auch die schiitischen Gemeinden konnten nicht in ihre Häuser zurückkehren und leben seither in Übergangsunterkünften.
2008 erliess die Regierung ein Gemeinschaftliches Ministerialdekret, das den Ahmadiyya unter Androhung von bis zu fünf Jahren Gefängnis untersagt, ihre Aktivitäten zu bewerben und ihre Lehren zu verbreiten. Im September 2010 forderte der ehemalige Religionsminister Suryadharma Ali, die Ahmadiyya in Indonesien zu verbieten. Die örtlichen Behörden haben eine Reihe von Gebetshäusern der Ahmadiyya geschlossen, darunter in Depok (Dezember 2013 und erneut im Jahr 2017), in Ciamis (Juni 2014) und in Bekasi (Mai 2014). Am 5. Februar 2016 zwang die Bezirksregierung zwölf Angehörige der religiösen Gemeinschaft der Ahmadiyya, ihre Häuser in dem Dorf Srimenanti auf der Insel Bangka in der zwei Inseln umfassenden Provinz Bangka-Belitung zu verlassen (siehe dazu auch https://www.amnesty.org/en/documents/asa21/3409/2016/en/).
Amnesty International hat die indonesischen Behörden wiederholt aufgefordert, das Gemeinschaftliche Ministerialdekret zu den Ahmadiyya zurückzunehmen und ihnen zu gestatten, ihren Glauben ohne Diskriminierung und Angst vor Einschüchterungen und Angriffen auszuüben.
Das Recht auf Religionsfreiheit ist in der indonesischen Verfassung verbrieft. In Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR), dessen Vertragsstaat Indonesien ist, heisst es „Jedermann hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen“ und „Niemand darf einem Zwang ausgesetzt werden, der seine Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung seiner Wahl zu haben oder anzunehmen, beeinträchtigen würde“. Bei der Allgemeinen Regelmässigen Überprüfung im UN-Menschenrechtsrat im Mai 2017 bekräftigte die indonesische Regierung erneut ihre Verpflichtung, Menschen, die religiösen Minderheiten angehören, vor Gewalt und Verfolgung zu schützen und religiöser Intoleranz entgegenzuwirken. Doch wer in Indonesien Gewalt gegen religiöse Minderheiten ausübt wird selten bestraft und zahlreiche Gemeinschaften wurden durch Angriffe vertrieben.
Als Vertragsstaat des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist die Regierung verpflichtet, das Recht jeder Person zu gewährleisten, einen angemessenen Lebensstandard zu haben, darunter auch angemessenes Wohnen einschliesslich des Schutzes vor einer rechtswidrigen Zwangsräumungen (Artikel 11.1) und ein Höchstmass an körperlicher und geistiger Gesundheit geniessen zu können (Artikel 12). Bereits im Juli 2013 hat der UN-Menschenrechtsausschuss, ein unabhängiges ExpertInnengremium, das mit der Überprüfung der Umsetzung des IPbpR beauftragt ist, Sorge über den mangelnden Schutz religiöser Minderheiten vor gewalttätigen Angriffen durch die Behörden geäussert. Er drängte bei der indonesischen Regierung darauf, angemessene Schritte einzuleiten, um diese Minderheiten zu schützen und gleichzeitig zielführende Ermittlungen durchzuführen, um die TäterInnen vor Gericht zu bringen.

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