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Startseite Urgent Actions 2018 05 Five years imprisonment and fine for Facebook post
UA 086/18
Indonesien
Abgeschlossen am 18. Juni 2018

5 Jahre Haft für Facebook-Post

AI-Index: ASA 21/8348/2018

Alnoldy Bahari ist wegen eines Facebook-Posts zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, weil dieser als Beleidigung des Islams erachtet wird und gemäss dem indonesischen Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen «Hass» schüren soll. Weil Alnoldy Bahari aber lediglich auf friedliche Weise sein Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ausgeübt hat, ist er ein gewaltloser politischer Gefangener und muss unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.

Am 30. April 2018 wurde Alnoldy Bahari vom Bezirksgericht Pandeglang in der Provinz Banten im Westen der Insel Java der Gotteslästerung schuldig befunden und zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ausserdem muss er eine Geldstrafe in Höhe von 100 Millionen indonesischen Rupiah zahlen, das entspricht rund 7.150 US-Dollar. Alnoldy Bahari war am 1. Dezember 2017 erstmals festgenommen, inhaftiert und unter Paragraf 156(a) des Strafgesetzbuchs und Paragraf 28(2) des Gesetzes über Elektronische Informationen und Transaktionen (ITE) angeklagt worden.

Alnoldy Bahari ist Bauer im Regierungsbezirk Pandeglang und war wegen einiger seiner persönlichen Facebook-Posts in seiner Facebook-Chronik der «Beleidigung des Islams» und der Verbreitung von «Hassrede» beschuldigt worden. Einige seiner vermeintlich beleidigenden Äusserungen sind: «Ich bin Muslim und ich bezeuge aufrichtig, dass es keinen Gott ausser Allah gibt. Ich bin Allah begegnet, und ihr?». Ausserdem: «Wenn ein falscher muslimischer Geistlicher die politische Bühne betritt, dann entsprechen Koranverse nicht mehr der vollen Wahrheit.» Von diesen Facebook-Posts fühlten sich einige seiner NachbarInnen beleidigt und meldeten Alnoldy Bahari der Polizei.

Paragraf 28(2) des ITE-Gesetzes, auf dessen Grundlage Alnoldy Bahari inzwischen verurteilt worden ist, sieht eine Höchststrafe von sechs Jahren Gefängnis und eine Geldstrafe von bis zu einer Milliarde indonesischer Rupiah (71.550 US-Dollar) vor. Der Paragraf bezieht sich auf «jede Person, die vorsätzlich und ohne Rechtsgrundlage Informationen verbreitet, die Hass oder Feindseligkeit unter Individuen und/oder bestimmten Bevölkerungsgruppen hervorrufen, basierend auf ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Herkunft, aber auch gruppenübergreifend.» Während sich dieser Paragraf auf die Anstiftung zu Hass gegen Personen bezieht, wurde er in der Vergangenheit häufig dazu benutzt, Individuen strafrechtlich zu verfolgen, denen aufgrund einer Internet-Aktivität Verleumdung und Beleidigung einer Religion vorgeworfen wird.

Gesetze über Gotteslästerung werden von den Behörden immer wieder benutzt, um die Rechte auf Meinungs- und Religionsfreiheit in Indonesien zu unterdrücken. Im Jahr 2018 ist Alnoldy Bahari die erste Person, die auf Grundlage dieses Paragrafen verurteilt wurde. Im vergangenen Jahr hingegen waren auf Grundlage von Paragraf 28(2) des ITE-Gesetzes oder Paragraf 156(a) des Strafgesetzbuchs mindestens elf Menschen wegen Gotteslästerung verurteilt worden.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Laut internationaler Menschenrechtsnormen haben Staaten «[j]edes Eintreten für nationalen, rassistischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt angestiftet  wird, [...] durch Gesetze [zu verbieten]», wie in Artikel 20(2) des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) festgelegt. Indonesien ist Vertragsstaat des IPbpR. Dieses Verbot bezieht sich auf die Aufstachelung gegen Personen, die bestimmten Gruppen – auch religiösen Gruppen – angehören, deckt jedoch nicht speziell die «Blasphemie» ab, die sich auf Gedankengut, wie religiöse Überzeugungen und heiliggesprochene Symbole bezieht. Um den Vorgaben des IPbpR zu entsprechen, müssen innerstaatliche Bestimmungen äusserst sorgfältig formuliert werden und dürfen sich nur auf Äusserungen beziehen, die sowohl als «Eintreten für nationalen, rassistischen oder religiösen Hass» als auch als Anstiftung zur Diskriminierung, Feindseligkeit und Gewalt gegen bestimmte Personengruppen betrachtet werden können. Darüber hinaus dürfen solche Handlungen nur dann strafrechtlich verfolgt werden, wenn in Bezug auf beide Elemente Nachweise für vorsätzliches Handeln vorliegen.
Laut internationalen Menschenrechtsnormen ist es Staaten durchaus gestattet, bestimmte Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäusserung vorzunehmen, wenn dies nachweislich nötig ist, um die Rechte anderer zu schützen. Allerdings darf dieses Recht in keinem Fall dazu verwendet werden, um bestimmte Religionen und andere Glaubenssysteme vor Kritik zu schützen. Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit schützt die Rechte von Personen und Gruppen, nicht aber Religionen oder das religiöse Empfinden der AnhängerInnen an sich. Es besteht kein Recht darauf, einer Religion oder Glaubensrichtung anzugehören, die nicht – ausserhalb wie innerhalb – kritisiert oder verspottet werden darf. Ausserdem ist das Recht auf freie Meinungsäusserung auf jegliches Gedankengut anwendbar und gilt damit auch für Äusserungen, die tief beleidigend sein können. Dementsprechend sind Gesetze, welche die freie Meinungsäusserung auf dieser Grundlage einschränken, wie z.B. Gesetze über «Blasphemie» oder die Beleidigung von Religionen, mit dem Recht auf freie Meinungsäusserung nicht vereinbar und sollten daher aufgehoben werden.
Amnesty International hat die Behörden schon früher dazu aufgefordert, alle Blasphemiebestimmungen, die den Rechten auf Meinungs-, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit zuwiderlaufen und nicht den internationalen Menschenrechtsstandards entsprechen, aufzuheben oder abzuändern, damit sie mit den menschenrechtlichen Verpflichtungen übereinstimmen, denen sich Indonesien verschrieben hat. (Weitere Informationen finden Sie in den englischsprachigen Amnesty-Berichten https://www.amnesty.org/en/documents/asa21/018/2014/en/ for more information.)
Am 7. März waren Ahmad Mushaddeq, Mahful Muis Tumanurung und Andry Cahya vom Bezirksgericht in Ostjakarta der Blasphemie für schuldig befunden worden. Alle drei sind Mitglieder der inzwischen aufgelösten religiösen Minderheitsgruppe Gafatar (Fajar-Nusantara-Bewegung). Die Gruppe gehörte zur Glaubensgemeinschaft Millah Abraham, die sich durch eine Mischung religiöser Lehren aus Islam, Christentum und Judentum auszeichnet und von den indonesischen Behörden deshalb als ketzerisch eingestuft worden war. Ausserdem wurde Basuki Tjahaja Purnama, der ehemalige Gouverneur von Jakarta, besser bekannt unter dem Namen «Ahok», am 9. Mai vom Bezirksgericht Nordjakartas wegen «Blasphemie» zu zwei Jahren Haft verurteilt. Dem christlichen Gouverneur war vorgeworfen worden, in einem Online-Video «den Islam beleidigt» zu haben. Die Vorwürfe wurden laut, nachdem Ahok angekündigt hatte, 2017 erneut als Gouverneur von Jakarta kandidieren zu wollen. (Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Amnesty-Bericht https://www.amnesty.org/en/documents/asa21/6213/2017/en/
for more information.)

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