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China
Abgeschlossen am 22. April 2021

1000km von Familie verlegt, medizinische Versorgung dringend erforderlich

AI-Index: ASA 17/3729/2021

Am 26. Januar wurde der bekannte Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng ohne Vorankündigung in das Gefängnis von Nanjing in die Provinz Jiangsu verlegt – 1000 Kilometer entfernt von seiner Familie. Seine Frau erfuhr erst am 3. Februar nach mehreren Anrufen im Gefängnis von Xuzhou davon und reiste sofort nach Nanjing. Am 5. Februar wurde dem Paar ein Videogespräch gestattet. In diesem gab Yu Wensheng an, dass die Haftbedingungen in Nanjing zwar etwas besser seien, er aber noch immer keine medizinische Versorgung erhalten habe. Diese benötigt er dringend für die Behandlung seiner Zähne und eines Nervenleidens im rechten Arm. Zudem leidet er an Unterernährung. Yu Wensheng ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der sich nur in Haft befindet, weil er fried-lich sein Recht auf Meinungsfreiheit wahrgenommen hat.

Der Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng (余文生) wurde wegen «Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt» (煽动颠覆国家政权罪) zu vier Jahren Gefängnis und einem dreijährigen Entzug seiner politischen Rechte verurteilt, weil er friedlich von seinem Recht auf freie Meinungsäusserung Gebrauch gemacht hat. Seit seiner ersten Festnahme 2018 hat sich sein Gesundheitszustand aufgrund der schlechten Haftbedingungen dramatisch verschlechtert. Yu Wensheng berichtete auch von Folter und anderen Misshandlungen.

Es ist grundsätzlich als gutes Zeichen zu werten, dass ihm am 5. Februar 2021 ein 30-minütiges Videogespräch mit seiner Frau Xu Yan gewährt wurde. Seit seiner Verlegung in ein anderes Gefängnis hatte er bis dahin keinen Kontakt zu seiner Familie gehabt. Zwar gab Yu Wensheng an, dass die Haftbedingungen im Gefängnis in Nanjing besser seien, allerdings habe er noch immer keine medizinische Versorgung für seine Zähne, seinen Arm und seine Hand erhalten. Seine Frau zeigte sich zudem besorgt darüber, dass Yu Wensheng weiterhin Anzeichen von Unterernährung aufweise.

Seit seiner Inhaftierung hat Yu Wensheng bereits vier Zähne verloren. Zudem kann er seinen rechten Arm auf-grund eines Nervenschadens kaum noch bewegen, sodass er auch nicht mehr schreiben kann. Wenn Yu Wensheng nicht umgehend medizinisch behandelt wird, steht zu befürchten, dass sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert. Er könnte sogar irreparable Schäden davontragen. Yu Wensheng ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der sich nur deshalb in Haft befindet, weil er friedlich seine Meinung zum Ausdruck gebracht hat.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Yu Wensheng ist ein bekannter Menschenrechtsanwalt in Peking. Er vertrat zahlreiche Personen in öffentlichkeitswirksamen Menschenrechtsfällen. So übernahm er unter anderem die Verteidigung verschiedener Falun-Gong-AnhängerInnen und des Menschenrechtsanwalts Wang Quanzhang. Wang Quanzhang war während des harten staatlichen Vorgehens gegen AnwältInnen und AktivistInnen im Juli 2015 wegen «Untergrabung der Staatsgewalt» angeklagt worden.
Yu Wensheng wurde von der Haftanstalt in Xuzhou nach Jiangsu in das Gefängnis von Nanjing verlegt und befindet sich somit nun etwa 1000 Kilometer von Peking entfernt. Seine Frau Xu Yan zeigte sich zutiefst enttäuscht über den Transfer, der ihr Besuche deutlich erschwert.
Yu Wensheng wurde am 17. Juni 2020 nach einem Prozess hinter verschlossenen Türen zu vier Jahren Gefängnis und einem dreijährigen Entzug seiner politischen Rechte verurteilt. Er hatte zuvor einen Offenen Brief geschrieben, in dem er Präsident Xi Jinping kritisierte und sagte, dieser sei wegen seiner zunehmend «totalitären» Herrschaft ungeeignet, China zu regieren. Angehörige und FreundInnen von Yu Wensheng glauben, dass seine Verurteilung mit diesem Brief zusammenhängt.
Kurz nach seiner Verurteilung legte Yu Wensheng vor dem Obersten Volksgericht der Provinz Jiangsu Rechtsmittel gegen den Schuldspruch ein. Am 27. Dezember 2020 erfuhren seine Rechtsbeistände durch ein Schreiben von der Entscheidung des Obersten Volksgerichts der Provinz Jiangsu: das Rechtsmittel wurde zurückgewiesen und das Gericht bestätigte das ursprüngliche Urteil, das eine Freilassung von Yu Wensheng am 1. März 2022 vorsieht.
Am 11. Februar wurde Yu Wensheng mit dem Martin Ennals Award 2021 ausgezeichnet. Sowohl die FinalistInnen als auch der_die PreisträgerIn des Menschenrechtspreises werden von einer Jury ausgewählt, in der zehn der weltweit führenden Menschenrechts-NGOs vertreten sind. Der Preis soll MenschenrechtsverteidigerInnen in Gefahr schützen und unterstützen. Seine Frau berichtete ihm von der Auszeichnung und gab an, dass Yu Wensheng sich sehr dankbar gezeigt habe – auch für die internationale Unterstützung im Allgemeinen.
Xu Yan hat in den vergangenen drei Jahren unermüdlich für die Freilassung ihres Mannes gekämpft. Sie unter-nahm zahlreiche Versuche, ihren Mann zu besuchen, der 800 Kilometer von ihrem Zuhause in Peking entfernt in Einzelhaft gehalten wurde. Seit sie sich für ihren Mann einsetzt, steht Xu Yan unter ständiger Beobachtung und wird von den Behörden schikaniert. Sie wurde vorgeladen, verhört und mit einem Reiseverbot belegt.
In China werden AktivistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen nach wie vor systematisch überwacht, schikaniert, eingeschüchtert, festgenommen und inhaftiert.

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