Menschenrechtler wegen Kritik an Castro verurteilt
Die kubanischen Behörden haben den Menschenrechtler Eduardo Cardet zu drei Jahren Haft verurteilt, nachdem er seit November 2016 in einem provisorischen Gefängnis in Holguín, im Südosten Kubas, festgehalten wurde. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener und muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.
Dr. Eduardo Cardet Concepción, seit 2014 Leiter der Christlichen Befreiungsbewegung (Movimiento Cristiano Liberación - MCL) wurde am 20. März zu drei Jahren Haft verurteilt. Er war am 30. November 2016 in Holguín festgenommen worden, fünf Tage nach dem Tod des ehemaligen Staatschefs Fidel Castro. Eduardo Cardet wird seitdem im provisorischen Gefängnis in Holguín festgehalten und wird dort bleiben, während er Berufung einlegt.
Eduardo Cardet wurde wegen eines Angriffs auf einen Staatsbediensteten (atentado) angeklagt, nachdem er ein paar Tage nach dem Tod des ehemaligen Staatschefs Fidel Castro diesen öffentlich kritisiert hatte. Vor seiner Festnahme hatte Eduardo Cardet internationalen Medien Interviews gegeben, in denen er sich kritisch gegenüber der kubanischen Regierung äusserte. In einem Interview mit dem Madrider Radiosender esRadio, das zwei Tage vor seiner Festnahme ausgestrahlt wurde, beschrieb er die Trauer nach Fidel Castros Tod als verordnet und sagte: „Castro war ein sehr kontroverser Mann, beim Volk verhasst und abgelehnt“. Rechtsmittel kann sein Rechtsbeistand nur bis zum 31. März einlegen.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Nach Aussagen von fünf ZeugInnen, die mit Amnesty International unter der Voraussetzung telefoniert haben, dass sie anonym bleiben können, wurde Eduardo Cardet am frühen Abend des 30. November 2016 von mindestens vier PolizistInnen in Zivil und einen in Uniform gekleideten BeamtenIn von seinem Fahrrad gestossen und mit Gewalt festgenommen, als er von einem Besuch bei seiner Mutter nach Hause fuhr. Es ist nicht geklärt, mit welcher Begründung Eduardo Cardet anfangs festgenommen wurde. Laut Aussagen seiner Frau, die die Festnahme zusammen mit ihren beiden Kindern beobachtete, wird Eduardo Cardet der Angriff gegen einen Staatsbediensteten vorgeworfen (atentado). Dieser Straftatbestand wird in Paragraf 142.1 des Strafgesetzbuchs ausgeführt. Ein Polizist behauptet, Eduardo Cardet habe ihn während der Festnahme geschubst. Alle ZeugInnen, mit denen Amnesty International gesprochen hat, widersprechen dieser Behauptung und geben an, dass Eduardo Cardet schnell und gewaltsam von den BeamtInnen in Zivil fixiert wurde, sie ihm Handschellen anlegten und schlugen und er keine Gelegenheit gehabt habe, sich zu verteidigen. Die ZeugInnen sind überzeugt, dass Eduardo Cardet wegen seines Glaubens und seiner Überzeugungen festgenommen wurde.
Die Christliche Befreiungsbewegung (Movimiento Cristiano Liberación - MCL) ist in der Demokratiebewegung Kubas gut bekannt. Laut der MCL-Website ist sie eine Bewegung für den friedlichen und demokratischen Wandel und für die Achtung der Menschenwürde. Sie wurde 1988 von Oswaldo Payá Sardiñas, der eine bekannte Figur der kubanischen Opposition wurde, und vier weiteren AktivistInnen gegründet. Amnesty International dokumentiert seit Jahrzehnten Schikanen und Einschüchterungen gegen Mitglieder der MCL. 1991 zerstörten mehr als 200 Menschen das Haus von Oswaldo Payá Sardiñas, nachdem er eine Petition eingereicht hatte, um ein nationales Referendum zur Verfassungsreform durchzuführen. Die AgressorInnen sollen zur „Schnellen Einsatztruppe“ gehört haben. Als Oswaldo Payá Sardiñas seine Absicht verkündete, als Abgeordneter der Gemeinde Cerro in Havanna für die Nationalversammlung zu kandidieren, wurden Mitglieder seiner Organisation Berichten zufolge häufig verhört und für kurze Zeit inhaftiert.
Die Kubanische Kommission für Menschenrechte und Nationale Versöhnung (Comisión Cubana de Derechos Humanos y Reconciliación Nacional - CCDHRN), welche die kubanischen Behörden ebenso wenig anerkennen wie andere Menschenrechtsorganisationen, dokumentierte im Jahr 2016 monatlich etwa 827 politisch motivierte Inhaftierungen. In einem am 16. September 2016 bei ABC International veröffentlichten Interview sagte Eduardo Cardet: „Politische Aktivitäten werden als kriminelle Vergehen hingestellt, um DissidentInnen einzusperren.“ (Se disfraza la actividad política con hechos delictivos comunes, [por ejemplo, escándalo público, desacato, atentado, figuras que utiliza la policía política] para encarcelar a los disidentes).
Amnesty International darf wie fast alle unabhängigen internationalen MenschenrechtsbeobachterInnen nicht auf Kuba tätig sein.