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Startseite Urgent Actions 2015 12 Men jailed for «sodomy» on human rights day
UA 298/15
Tunesien
Abgeschlossen am 15. Januar 2016
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Korrektur Name Parlamentssprecher

Der Parlamentssprecher heisst Mohamed Ennaceur.

Wegen Homosexualität inhaftiert und verurteilt

AI-Index: MDE 30/3128/2015

In Tunesien sind am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, sechs Männer homosexueller Handlungen für schuldig befunden und zu drei Jahren Haft verurteilt worden.

Am 2. Dezember wurden auf einer Party in der Stadt Kairouan sechs Männer festgenommen. Sie wurden am 10. Dezember vor Gericht gestellt, für schuldig befunden und zu drei Jahren Haft verurteilt – die Höchststrafe, die Paragraf 230 des tunesischen Strafgesetzbuchs für den «Straftatbestand» der Homosexualität vorsieht. Fünf der sechs Männer hatten keinen Rechtsbeistand.

Nachdem sie einen Tipp aus der Nachbarschaft erhalten hatte, stürmte die Polizei ein Haus, in dem gerade eine Party stattfand, und nahm sechs Männer fest. Die Festgenommenen wurden am folgenden Tag vor Gericht gestellt und mussten sich einer Analuntersuchung unterziehen, um zu «beweisen», dass die Anklage, homosexuelle Handlungen begangen zu haben, gerechtfertigt war. Am 10. Dezember befand das Gericht der ersten Instanz in Kairouan die Männer für schuldig und verurteilte sie zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe. Einer der Männer erhielt eine zusätzliche sechsmonatige Haftstrafe wegen «Unsittlichkeit», weil die Polizei ein pornografisches Video auf seinem Computer gefunden hatte.

Auf der Grundlage der Paragrafen 5 und 22 werden die Verurteilten nach Verbüssen ihrer Haftstrafen fünf Jahre lang aus Kairouan verbannt. Derart harte Strafen sind laut Angaben des Anwalts einer der Männer in den vergangenen Jahren nur selten verhängt worden.

Amnesty International ist der Auffassung, dass die Inhaftierung einer Person aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder wegen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Beziehungen zwischen Erwachsenen eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung darstellt. Jede Person, die auf dieser Grundlage inhaftiert ist, wird als gewaltlose politische Gefangene betrachtet und muss sofort und bedingungslos freigelassen werden.

Hintergrundinformationen

Amnesty International hat Kenntnis von Vorfällen, die belegen, dass die Kriminalisierung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen auf der Grundlage von Paragraf 230 des tunesischen Strafgesetzbuchs Gewalt gegen Schwule, Lesben, Transgeschlechtliche und Intersexuelle in Tunesien fördert. So entsteht ein gesellschaftliches Klima, in dem homophobe und transphobe Verbrechen akzeptiert werden. Das führt dazu, dass Überlebende von derartigen Verbrechen diese nicht zur Anzeige bringen, weil sie Angst vor Verfolgung haben. Männer, denen Homosexualität zur Last gelegt wird, werden in Tunesien häufig ohne Belege für homosexuelle Beziehungen festgenommen. Die meisten Festnahmen erfolgen aufgrund von Klischeevorstellungen, wie Aussehen oder Verhalten, wobei homosexuelle Männer, die als «verweichlicht» gelten, und Transgender-Frauen am häufigsten zur Zielscheibe der Behörden werden.
Männer, denen homosexuelle Handlungen zur Last gelegt werden, müssen sich routinemässig ärztlichen Analuntersuchungen unterziehen. Diese Untersuchungen werden häufig von RichterInnen angeordnet, um einen vermeintlichen «Beweis» für Analsex zu liefern. Es gibt jedoch keine wissenschaftliche Grundlage für derartige Analuntersuchungen. Obwohl die Straftatverdächtigen sich theoretisch weigern können, sich einer solchen Untersuchung zu unterziehen, kennen nach Aussagen von AktivistInnen die meisten Männer dieses Recht nicht und fühlen sich unter Druck, einer Untersuchung zustimmen zu müssen. Sie werden zudem häufig von der Polizei eingeschüchtert, die behauptet, eine Weigerung könnte als Beweis gegen die Beschuldigten bewertet werden. Gegen den Willen der Betroffenen durchgeführte Untersuchungen im Analbereich verstossen gegen das im Völkerrecht festgeschriebene absolute Verbot der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlungen oder Strafen.
Der UN-Menschenrechtsausschuss, der die Einhaltung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte bewertet und überwacht, hat bestätigt, dass Staaten die Verpflichtung haben, Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität (Artikel 2 und 26 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte) zu verbieten. Zudem müssen die Vertragsstaaten, zu denen auch Tunesien gehört, das Recht auf freie Meinungsäusserung (Artikel 19) und das Recht auf Schutz vor willkürlichen Eingriffen in das Privatleben (Artikel 17) sowie das Recht auf Gewissensfreiheit (Artikel 18) respektieren.

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