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UA 297/15
Vietnam
Abgeschlossen am 2. Februar 2016

Menschenrechtsverteidigerin festgenommen - drohende Folter

AI-Index: ASA 41/3126/2015

Die vietnamesische Anwältin und Menschenrechtlerin Lê Thu Hà wurde am 16. Dezember festgenommen. Kurz zuvor am selben Tag war auch der bekannte Menschenrechtsanwalt Nguyễn Văn Đài festgenommen worden. Bisher durfte sie keinen Besuch von anderen AktivistInnen erhalten. Sie läuft Gefahr, gefoltert und anderweitig misshandelt zu werden.

Die Rechtsanwältin Lê Thu Hà soll am 16. Dezember inhaftiert worden sein, als Sicherheitskräfte die Wohnung des Menschenrechtsanwalts Nguyễn Văn Đài in der Hauptstadt Hanoi durchsuchten. Der Anwalt war am Morgen desselben Tages festgenommen worden. Weitere Informationen zu seinem Fall finden Sie in UA-292/2015, online unter: www.amnesty.de/urgent-action/ua-292-2015/anwalt-festgenommen. Lê Thu Hà ist Mitglied der von Nguyễn Văn Đài gegründeten Organisation «Bruderschaft für Demokratie» (Brotherhood for Democracy). Sie befindet sich derzeit im B14-Gefängnis in Hanoi in Untersuchungshaft. Es ist nicht bekannt, ob sie bereits angeklagt wurde.

Lê Thu Hà war bereits am 23. September festgenommen worden, gemeinsam mit vier weiteren MitarbeiterInnen des unabhängigen YouTube-Kanals «Lương Tâm TV» («Gewissens-TV»). Sie war als Englisch-Übersetzerin für den Sender tätig gewesen, der seit August 2015 auf YouTube kurze Clips über die Menschenrechtslage in Vietnam ausstrahlt. Alle fünf waren bis spätabends von der Hanoier Sicherheitspolizei festgehalten worden. Im April hatten die Behörden den Reisepass von Lê Thu Hà eingezogen, kurz bevor sie von Hanoi nach Ho-Chi-Minh-Stadt fliegen und von dort aus einen Flug ins Ausland nehmen wollte.

Am 20. Dezember versuchten einige AktivistInnen, Lê Thu Hà im B14-Gefängnis zu besuchen, durften sie jedoch nicht sehen. Sie läuft Gefahr, gefoltert und anderweitig misshandelt zu werden. MenschenrechtsverteidigerInnen, gegen die in Vietnam strafrechtliche Vorwürfe erhoben worden sind, werden während der Untersuchungshaft bzw. in der Ermittlungsphase häufig unmenschlich behandelt.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Es ist noch unklar, ob gegen Lê Thu Hà Anklage erhoben worden ist. Es ist jedoch recht wahrscheinlich, dass sie wie Nguyễn Văn Đài unter Paragraf 88 des Strafgesetzbuchs wegen «Verbreitung von Propaganda gegen den Staat» angeklagt und zunächst vier Monate lang in Untersuchungshaft gehalten wird. Dieser Zeitraum kann verlängert werden. Untersuchungshäftlinge dürfen in der Regel keinen Besuch von Familienangehörigen oder Rechtsbeiständen empfangen.
Vietnam ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, welcher die Rechte auf freie Meinungsäusserung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit garantiert. Allerdings werden diese Rechte in Vietnam gesetzlich und in der Praxis stark eingeschränkt. Der Abschnitt über die nationale Sicherheit im vietnamesischen Strafgesetzbuch von 1999 enthält vage formulierte Bestimmungen, die regelmässig herangezogen werden, um friedlich geäusserte abweichende Meinungen oder regierungskritische Aktivitäten zu kriminalisieren. Personen, die sich für einen friedlichen politischen Wandel einsetzen, die Regierung kritisieren oder die Achtung der Menschenrechte fordern, sind besonders gefährdet. Paragraf 88 (Verbreitung von Propaganda gegen die Sozialistische Republik Vietnam) ist einer von mehreren strafgesetzlichen Bestimmungen, die regelmässig eingesetzt werden, um Andersdenkende wegen ihrer friedlichen Aktivitäten festzunehmen, anzuklagen und zu inhaftieren.
Betroffen sind unter anderem BloggerInnen, Arbeits- und LandrechtsaktivistInnen, politisch engagierte Personen, Mitglieder religiöser Gruppen, MenschenrechtlerInnen sowie Personen, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen, und sogar MusikerInnen.
In Vietnam herrschen in der Regel harte Haftbedingungen. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten ist unzureichend und entspricht weder den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen noch anderen internationalen Standards. MenschenrechtsverteidigerInnen, gegen die in Vietnam strafrechtliche Vorwürfe erhoben worden sind, werden während der Untersuchungshaft bzw. in der Ermittlungsphase häufig unmenschlich behandelt. Oft sind sie monate- oder jahrelang körperlicher Gewalt, Einschüchterung, Demütigungen und Isolation ausgesetzt, was Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe gleichkommen kann. Auf diese Weise sollen die Betroffenen dazu gebracht werden, die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu «gestehen».
Auch nach der Gerichtsverhandlung und Verurteilung werden Gefangene unter harten Bedingungen festgehalten. Gewaltlose politische Gefangene werden oftmals über lange Zeit hinweg als Strafe in Einzelhaft oder Isolationshaft gehalten. Es wird ausserdem über Folter und andere Misshandlung berichtet, so z. B. Schläge durch andere Häftlinge, ohne dass die GefängniswärterInnen eingreifen. In manchen Fällen werden gewaltlose politische Gefangene regelmässig von einer Hafteinrichtung in die nächste verlegt, ohne dass ihre Familien darüber informiert werden. Einige gewaltlose politische Gefangene sind in der Vergangenheit bereits in den Hungerstreik getreten, um gegen die missbräuchliche Behandlung und schlechten Haftbedingungen zu protestieren.

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