Angemessene medizinische Versorgung verwehrt
Der gewaltlose politische Gefangene Johan Teterissa, aus der indonesischen Provinz der Molukken, leidet seit mehr als einem Monat an starken Schmerzen in seinen Beinen. Die Gefängnisbehörden haben ihm wiederholt eine medizinische Behandlung im Krankenhaus verweigert.
Die Gefängnisbehörden verweigern dem gewaltlosen politischen Gefangenen Johan Teterissa, der aus der indonesischen Provinz der Molukken (Maluku) stammt, den Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung. Er befindet sich derzeit in der Strafvollzugsanstalt Batu auf der Insel Nusakambangan in Zentral-Java, wo er eine 15-jährige Haftstrafe absitzt.
Johan Teterissa leidet seit mehr als einem Monat an starken Schmerzen in seinen Beinen und hat infolgedessen Schwierigkeiten beim Gehen. Er hat bereits mehrmals darum gebeten, für eine medizinische Behandlung in ein Krankenhaus eingeliefert zu werden. Die Gefängnisbehörden haben dies jedoch abgelehnt und ihm stattdessen lediglich Zugang zu einem Gefängnisarzt gewährt. Von diesem erhielt er eine Basismedikation, durch die es ihm jedoch nicht besser geht.
Die indonesischen Behörden sind laut den nationalen Gesetzen und Standards dazu verpflichtet, medizinische Versorgung für alle Gefangenen des Landes zu gewährleisten. Gemäss Artikel 17 der indonesischen Bestimmung Nr. 32/1999 über die Bedingungen und Verfahren zur Umsetzung der Rechte von Gefangenen müssen die Gefängnisbehörden angemessene medizinische Versorgung gewährleisten.
Laut Artikel 10 (1) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sind die indonesischen Behörden dazu verpflichtet, alle Gefangenen menschlich zu behandeln. In den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen (Mandela Rules) ist zudem festgelegt, dass Gefangene, die auf der Krankenstation des Gefängnisses nicht ausreichend behandelt werden können, zur Untersuchung und Behandlung in eine Einrichtung ausserhalb des Gefängnisses gebracht werden müssen. Jegliche medizinische Behandlung muss zudem für die Gefangenen kostenfrei sein.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Johan Teterissa war am 29. Juni 2007 festgenommen worden, nachdem er gemeinsam mit 21 weiteren politischen AktivistInnen in Ambon, der Hauptstadt der Provinz der Molukken, an einer friedlichen Demonstration teilgenommen hatte. Die Protestveranstaltung fand vor den Augen des damaligen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono statt, der in Ambon einer von der Regierung organisierten Feier beiwohnte. Während der Feier führten unter der Leitung Johan Teterissas mehrere AktivistInnen – überwiegend LehrerInnen und LandarbeiterInnen – einen traditionellen Kriegstanz auf und hoben am Ende die verbotene „Benang-Raja“-Flagge. Die Polizei und die Präsidentengarde reagierten auf den Vorfall, indem sie Johan Teterissa und 21 weitere AktivistInnen vom Platz führten. Sobald die Gruppe ausserhalb der Sichtweite des Staatschefs war, prügelten sie auf die 22 AktivistInnen ein und schlugen sie mit Gewehrkolben. Während ihrer Haft und Vernehmung wurden die AktivistInnen von Angehörigen der Polizei, darunter MitarbeiterInnen der Anti-Terror-Einheit 88 (Densus 88), gefoltert. Sie wurden geschlagen und mussten bäuchlings über heissen Asphalt robben. Ausserdem wurden sie mit Elektrokabeln ausgepeitscht und wurden gequält, indem man ihnen Billardkugeln in den Mund zwängte. Bislang hat weder eine unabhängige Untersuchung der von ihnen erhobenen Foltervorwürfe stattgefunden noch ist auch nur einer der beteiligten Angehörigen der Polizei zur Verantwortung gezogen worden. Gegen Johan Teterissa und die übrigen AktivistInnen erging auf der Grundlage der Paragrafen 106 und 110 des indonesischen Strafgesetzbuchs schliesslich Anklage wegen „Rebellion“ (makar). Die Behörden greifen häufig auf die genannten Paragrafen zurück, um friedliche politische AktivistInnen strafrechtlich zu verfolgen und zu inhaftieren. Johan Teterissa wurde am 4. April 2008 in erster Instanz zu lebenslangem Freiheitsentzug verurteilt; die Berufungsverhandlung endete drei Monate später mit einer Verkürzung des Strafmasses auf 15 Jahre Haft. Gegen die anderen 20 AktivistInnen ergingen Gefängnisstrafen zwischen sieben und 20 Jahren. Im Juni 2008 nahmen die Behörden einen weiteren Aktivisten fest, der im März 2009 zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde. Johan Teterissa befindet sich derzeit mehr als 1.600 Kilometer von seiner auf den Molukken lebenden Familie entfernt in Haft. Gegenüber seinen Rechtsbeiständen hat er den Wunsch geäussert, in ein Gefängnis verlegt zu werden, das näher bei seiner Familie liegt. Im März 2009 wurde er von der Haftanstalt in Ambon in das Gefängnis Lowokwaru in Ost-Java gebracht; am 5. Juli 2011 verlegten die Behörden Johan Teterissa erneut, dieses Mal in das ebenfalls in Ost-Java befindliche Gefängnis in Madiun. Seit seiner nochmaligen Verlegung am 21. Juli 2013 befindet er sich nun in der Strafvollzugsanstalt Batu auf der Insel Nusakambangan. Unmittelbar nach seiner Ankunft in der Strafvollzugsanstalt wurde er von GefängniswärterInnen getreten und geschlagen. Zudem peitschten sie Johan Teterissas Rücken mit Elektrokabeln aus, die blutige Wunden hinterliessen. Im November 2008 bezeichnete die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen die Haft von Johan Teterissa als willkürlich. Sie vertritt die Auffassung, Johan Teterissa sei die Freiheit entzogen worden, weil er seine Rechte auf freie Meinungsäusserung und Versammlungsfreiheit in friedlicher Weise wahrgenommen hat (siehe Opinion Nr. 41/2008 - Indonesien). Die genannten Rechte sind sowohl im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR), zu dessen Vertragsstaaten Indonesien zählt, als auch in der indonesischen Verfassung garantiert. Die UN-Arbeitsgruppe erklärte die Haft von Johan Teterissa ferner als willkürlich, weil er in einem unfairen Gerichtsverfahren verurteilt worden ist. Der IPbpR garantiert in Artikel 14 das Recht eines jeden Menschen auf eine faire und öffentliche Verhandlung vor einem zuständigen, unabhängigen, unparteiischen und auf Gesetz beruhenden Gericht. Amnesty International nimmt zum politischen Status der Provinzen Indonesiens und zu Forderungen nach ihrer Unabhängigkeit keine Stellung. Das Recht auf freie Meinungsäusserung umfasst nach Auffassung der Organisation jedoch auch das Recht, mit friedlichen Mitteln für Volksabstimmungen einzutreten, sich für die Unabhängigkeit zu engagieren oder nach anderen politischen Lösungen zu suchen, ohne dabei zu Diskriminierung, Feindseligkeiten oder Gewalt aufzurufen.