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Startseite Urgent Actions 2015 12 Activists held in crackdown on labour rights
UA 281/15
China
Abgeschlossen am 16. Dezember 2015

AktivistInnen in Haft

AI-Index: ASA 17/3015/2015

Vier bekannte AktivistInnen, die sich für Arbeitsrechte einsetzen, sind inhaftiert worden. Offenbar stehen ihre Inhaftierungen mit einem systematischen Vorgehen der Behörden gegen Organisationen in Zusammenhang, die im Bereich der Arbeitsrechte in der südöstlichen Provinz Guangdong tätig sind. Dort eskalieren derzeit die Spannungen im industriellen Sektor. Der Verbleib von vier anderen Aktivisten ist derzeit unbekannt. Zahlreiche weitere sind verhört worden.

Am 4. Dezember wurden Zeng Feiyang, der Direktor der Arbeitnehmerorganisation Panyu Workers‘ Centre und einer der einflussreichsten Aktivisten für Arbeitsrechte, und die Aktivistin Zhu Xiaomei unter dem Vorwurf der «Versammlung einer Menschenmenge, mit dem Ziel die soziale Ordnung zu stören» inhaftiert. Sie befinden sich derzeit in der Hafteinrichtung Nr. 1 in Guangzhou. Der gegen sie erhobene Vorwurf wird in China häufig genutzt, um MenschenrechtsverteidigerInnen und AktivistInnen zu unterdrücken. Ein weiterer Arbeitsrechtaktivist, Deng Xiaoming, befindet sich ebenfalls in derselben Hafteinrichtung in Haft. Es ist jedoch nicht bekannt, wessen er angeklagt ist. Der Arbeitsrechtsaktivist He Xiaobo wurde ebenfalls am 4. Dezember wegen mutmasslicher Unterschlagung in der Hafteinrichtung des Stadtbezirks Nanhai in Foshan inhaftiert. Die Gefängnisbehörden verweigern allen vier AktivistInnen bisher den Zugang zu ihren Rechtsbeiständen.

Der Verbleib von vier weiteren Arbeitsrechtaktivisten, Peng Jiayong, Meng Han, He Minghui und Tang Jian, ist unbekannt. Es wird befürchtet, dass sie ebenfalls inhaftiert wurden. Zahlreiche andere AktivistInnen wurden verhört und anschliessend wieder freigelassen.

Bereits seit vielen Jahren hat es kein solch hartes Durchgreifen gegen die Arbeitsrechts-Bewegung in China gegeben, wie jetzt während der zunehmenden Spannungen im Industriesektor in Guangdong. Zahlreiche Fabriken in der Region wurden geschlossen oder zu einem Standortwechsel gezwungen. ArbeitnehmerInnen erhielten die ihnen zustehenden Löhne, Abfindungen oder Sozialversicherungsbeiträge nicht. In der Folge ist es in den vergangenen Monaten vermehrt zu Demonstrationen und Streiks gekommen. Die Arbeitnehmerorganisation Panyu Workers‘ Centre ist eine der Organisationen, die den ArbeiterInnen Unterstützung in Form von Schulungen zum Thema Kollektivverhandlungen bietet, damit sie ihre legitimen Rechte einfordern können.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Hafteinrichtungen, in denen Zeng Feiyang, Zhu Xiaomei, Deng Xiaoming und He Xiaobo festgehalten werden, verweigern ihnen den Zugang zu ihren Rechtsbeiständen, solange sie keine Zustimmung von der Behörde für öffentliche Sicherheit erhalten. Dies stellt einen Verstoss gegen die Strafprozessordnung von China dar, in der es unter Paragraf 37 heisst, dass Hafteinrichtungen für Besuche nur dann eine Zustimmung einer höheren Instanz einfordern dürfen, wenn die Betroffenen im Zusammenhang mit Anklagen wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit, Terrorismus oder schwerer Korruption inhaftiert sind.
Die südöstlich gelegene Industrieprovinz Guangdong wird aufgrund der zahlreichen dort angesiedelten Produktionsstätten, aus denen die grössten globalen Industriezweige wie die Textil-, Elektronik-, Verbrauchsgüter- und Spielzeugindustrie beliefert werden, auch „die Fabrik der Welt“ genannt.
In den vergangenen Jahren hat China Rechtsvorschriften und Verordnungen zum Schutz der Rechte von ArbeitnehmerInnen eingeführt, deren Umsetzung jedoch nicht sehr weit fortgeschritten ist. Unabhängige Gewerkschaften sind verboten und die nationale Gewerkschaftsorganisation ACFTU (All-China Federation of Trade Unions) ist die einzige Institution, der es erlaubt ist, ArbeitnehmerInnen in China zu vertreten. Der ACFTU angehörige Gewerkschaften auf Unternehmensebene unterstehen häufig der Fabrikleitung und bieten daher kaum Möglichkeiten zum Schutz der Interessen der ArbeiterInnen.
In den vergangenen zehn Jahren sind in China zahlreiche NGOs gegründet worden, die sich dem Schutz der Rechte von ArbeiterInnen widmen. Zeng Feiyang, ein führender Aktivist in diesem Bereich, gründete seine NGO 1998. Er befindet sich seit dem 4. Dezember in Haft. Zwar kam es zeitweise zu Drangsalierungen von Arbeitsrechts-NGOs durch die Behörden und zu Gegenwehr seitens der örtlichen Fabriken, dennoch wurden sie weitgehend toleriert. Die Regierungen der Kommunen und Provinzen unterstützten derartige NGOs sogar, weil bekannt ist, dass sie die soziale Stabilität verbessern, indem sie die ArbeiterInnen durch juristische Bildungsangebote, bei der Klageerhebung und nach Arbeitsunfällen unterstützen und weitere soziale Dienstleistungen anbieten. Vor dem Hintergrund eines nachlassenden Wirtschaftswachstums in China und der Abwanderung zahlreicher Produktionsstätten aus der Provinz Guangdong aufgrund von ansteigenden Kosten sind ArbeitsrechtsaktivistInnen seit über einem Jahr vermehrt Drangsalierungen und sogar physischen Bedrohungen und tätlichen Angriffen ausgesetzt. China Labour Bulletin, eine NGO, die sich in Hongkong für die Rechte von ArbeiterInnen einsetzt, dokumentierte im November 2015 301 Streiks in China, so viele wie nie zuvor. Davon fanden allein 56 Streiks in der Provinz Guangdong statt und damit zweimal mehr als in allen anderen Provinzen.
Erst im Sommer dieses Jahres waren die Behörden mit beispielloser Härte gegen AnwältInnen und AktivistInnen vorgegangen. 248 Menschen wurden zum Ziel der Behörden, 25 befinden sich weiterhin in Polizeigewahrsam.

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