Bruder von Menschenrechtsanwalt festgenommen und in Foltergefahr
Ali Isa al-Tajer wurde am 5. November in Bahrain festgenommen und hat seitdem weder Zugang zu seiner Familie noch zu seinem Rechtsbeistand. Es ist nicht bekannt, wo er derzeit festgehalten wird und ob er bereits angeklagt wurde. Ali Isa al-Tajer ist in Gefahr, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.
Ali Isa al-Tajer, ein Manager des Bauunternehmens Al Khunaizi Group, wurde am 5. November gegen 17 Uhr in seinem Zuhause im Dorf al-Dair von maskierten PolizeibeamtInnen in Zivil festgenommen. Sie kamen ohne Ankündigung durch die Hintertür in das Haus und durchsuchten Ali Isa al-Tajers Zimmer und Auto. Dabei beschlagnahmten sie sein Mobiltelefon und zwei Laptops. Sie legten weder eine Durchsuchungs- oder Haftbefehl vor, noch nannten sie Gründe für seine Festnahme. Die PolizeibeamtInnen teilten seiner Familie mit, dass er zur Kriminalpolizei gebracht werde. Die Festnahme und Inhaftierung von Ali Isa al-Tajer steht vermutlich in Verbindung mit der Arbeit seines Bruders Mohamed al-Tajer, der ein bekannter Menschenrechtsanwalt ist.
Ali Isa al-Tajer hat seine Familienangehörigen ungefähr eine Stunde nachdem er festgenommen worden war, angerufen und ihnen gesagt, dass er bei der Kriminalpolizei sei. Die Telefonnummer, mit der angerufen hatte, liess sich der Gegend um al-Qalaa zuordnen, wo sich der Geheimdienst des bahrainischen Innenministeriums (National Security Agency) befindet. Die Kriminalpolizei befindet sich jedoch in der Stadt 'Issa Town. Dies und die fehlenden Informationen bezüglich seines Aufenthaltsorts und der Gründe für seine Festnahme liessen die Familie darauf schliessen, dass er womöglich vom Geheimdienst festgehalten werde. Seine Familie erhielt am 11. November einen weiteren Anruf von Ali Isa al-Tajer, in dem er ihr mitteilte, dass man ihm gesagt habe, dass er bald freigelassen werde. Sechs Tage später rief er erneut an und sagte wieder, dass er bald freigelassen werde. In seinem Anruf am 24. November teilte er seiner Familie dasselbe nochmals mit. Jeder der Anrufe wurde aus der Gegend um al-Qalaa getätigt.
Sein Bruder Mohamed al-Tajer, der ihn als Rechtsbeistand vertritt, hat mehreren Institutionen geschrieben, darunter auch der Sonderermittlungseinheit, dem Generalinspekteur des Geheimdienstes und dem Ombudsmann des Innenministeriums. In seinen Schreiben fragte er nach dem Aufenthaltsort seines Bruders, ob und wenn ja zu welchen Vorwürfen er verhört wird, ob er bereits angeklagt worden ist und ob er als sein Rechtsbeistand bei der Befragung anwesend sein darf. Mohamed al-Tajer hat bisher jedoch keine Antwort erhalten. Auch Amnesty International hat am 13. November an die bahrainischen Behörden geschrieben und ebenfalls keine Antwort erhalten.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Seit den Protesten im Februar und März 2011 in Bahrain wird Amnesty International von zahlreichen Fällen berichtet, bei denen festgenommenen Personen der Zugang zu ihren Familien oder einem Rechtsbeistand tagelang oder manchmal sogar wochenlang verwehrt wird. Die Familien der Festgenommenen erhalten zudem keine Informationen über deren Aufenthaltsort.
Amnesty International hat die Verwendung von Folter und anderweitigen Misshandlungen in Untersuchungshafteinrichtungen, vor allem bei der Kriminalpolizei, dokumentiert. Das Foltern von Inhaftierten, die wegen Verdachts auf Beteiligung an terroristischen Aktivitäten und aufgrund von anderen sicherheitsbezogenen Ermittlungen festgehalten werden, scheint systematisch Anwedung zu finden.
Gefangene haben Amnesty International gegenüber angegeben, dass sie unter Beteiligung des bahrainischen Geheimdienstes festgenommen, verhört und inhaftiert worden seien. Die Beteiligung des Geheimdienstes an diesen Aktivitäten stellt einen Verstoss gegen Paragraf 4 des Dekrets 115 aus dem Jahr 2011 dar. Darin wird der Einfluss des Geheimdienstes auf die Informationssammlung und die Aufdeckung von Aktivitäten, welche die nationale Sicherheit, das System und Institutionen gefährden, beschränkt. Dies entspricht den Empfehlungen der Unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (Bahrain Independent Commission of Inquiry – BICI).
Die BICI wurde per königlichem Erlass ins Leben gerufen und ist damit beauftragt worden, während der Proteste im Februar und März 2011 und in den darauffolgenden Monaten begangene Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Die gewonnen Erkenntnisse wurden dem König von Bahrain am 23. November 2011 präsentiert. Der Bericht enthielt eine Reihe von Empfehlungen bezüglich der begangenen Menschenrechtsverletzungen und wie diese in Zukunft verhindert werden können. Dazu gehörte auch die Empfehlung, die Aktivitäten des Geheimdienstes auf die Sammlung von Informationen zu beschränken.