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Startseite Urgent Actions 2015 09 Prisoner of conscience on hunger strike
UA 214/15
Kuba
Abgeschlossen am 2. Oktober 2015

Künstler im Hungerstreik

AI-Index: AMR 25/2556/2015

Der kubanische Künstler Danilo Maldonado Machado protestiert seit dem 8. September mit einem Hungerstreik gegen seine Inhaftierung ohne Verfahren. Er wurde im Dezember 2014 unter dem Vorwurf der «Respektlosigkeit» (Desacato) festgenommen. Amnesty International betrachtet ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen, der sich nur deshalb in Haft befindet, weil er sein Recht auf freie Meinungsäusserung friedlich wahrgenommen hat.

Am 25. Dezember 2014 nahmen Angehörige der Staatssicherheit (Seguridad del Estado) den Graffitikünstler Danilo Maldonado Machado fest, der auch unter dem Namen «El Sexto» bekannt ist. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt gerade in einem Taxi auf der Uferstrasse (Malecón) in der kubanischen Hauptstadt Havanna. In dem Taxi hatte er zwei Schweine mit den Namen «Raúl» und «Fidel» bemalt. Sein Plan war es, die Schweine im Rahmen einer künstlerischen Inszenierung im zentral gelegenen Park Parque Central freizulassen.

Danilo Maldonado Machado wurde auf eine Polizeistation gebracht, wo man ihn der «Respektlosigkeit gegenüber den Revolutionsführern» beschuldigte. Am 28. Dezember 2014 verlegte man ihn dann in das Gefängnis El Vivac. Einen Tag später wurde beim Provinzgericht von Havanna ein Antrag auf richterliche Haftprüfung eingereicht. In dem Antrag wurden der Schutz der Menschenrechte von Danilo Maldonado Machado und seine Freilassung gefordert. Am 30. Dezember lehnte das Gericht den Antrag jedoch ab. Man verlegte den Künstler am 2. Januar 2015 in das Gefängnis Valle Grande am Stadtrand von Havanna, wo er sich seitdem befindet und auf eine gerichtliche Anhörung wartet.

Obwohl die zuständige Staatsanwaltschaft (Fiscalía Provincial) bisher noch nicht offiziell Anklage erhoben hat, wird angenommen, dass Danilo Maldonado Machado «schwerwiegende Respektlosigkeit» (Desacato) vorgeworfen wird. Dabei handelt es sich um einen Straftatbestand gemäss dem kubanischen Strafgesetzbuch, nach dem jede Form der Respektlosigkeit gegenüber Staatsbediensteten eine Straftat darstellt.

Nachdem Danilo Maldonado Machado am 8. September in den Hungerstreik getreten ist, um gegen seine Inhaftierung zu protestieren, hat man ihn in eine Einzelzelle verlegt. Zudem darf er seit dem 17. September keine BesucherInnen mehr empfangen und leidet infolge des Hungerstreiks an gesundheitlichen Problemen. Er wird im Gefängnis medizinisch versorgt.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Danilo Maldonado Machado ist ein kubanischer Graffitikünstler, der regelmässig mit der Künstlergruppe Estado de SATS zusammenarbeitet. Ziel dieser Organisation ist es „einen pluralistischen Raum zur Mitwirkung und Diskussion zu schaffen, wo Bürgerrechte ausgeübt werden können, die in Kuba praktisch ausser Kraft gesetzt worden sind, und alles entsprechend unserer Sorgen und unmittelbaren Zukunft neuzugestalten“. Die Gruppe setzt sich zudem mit künstlerischen Ereignissen für die Menschenrechte ein. Vor Kurzem hat sich Estado de SATS dafür eingesetzt, dass Kuba den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert. Derzeit fordert die Gruppe zudem eine gesetzliche Amnestie für alle Personen, die sich aufgrund politisch-motivierter Anklagen in Haft befinden.
Örtliche AktivistInnen sind der Ansicht, dass man Danilo Maldonado Machado mit seiner anhaltenden Inhaftierung ohne Verfahren einerseits für seinen Aktivismus bestrafen will und andererseits versucht, andere AktivistInnen und RegierungskritikerInnen abzuschrecken. Der Rechtsbeistand von Danilo Maldonado Machado hat beantragt, dass eine andere Sicherheitsmassnahme als Haft gegen seinen Mandanten ergriffen wird, und forderte dessen Freilassung für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft lehnte den Antrag jedoch ab. Sein Rechtsbeistand hat in der vergangenen Woche nun einen neuen Antrag eingereicht, über den die Staatsanwaltschaft noch nicht entschieden hat.
Gemäss Paragraf 144 des kubanischen Strafgesetzbuchs, in dem «Respektlosigkeit» (Desacato) definiert wird, stellt jede Form der Respektlosigkeit gegenüber Staatsbediensteten eine Straftat dar. Für Fälle von Respektlosigkeiten gegenüber Regierungsmitgliedern oder anderen hochrangigen Staatsbediensteten sieht der Paragraf längere Haftstrafen vor.
Es wird davon ausgegangen, dass man Danilo Maldonado Machado «schwerwiegende Respektlosigkeit» vorwirft, da man der Ansicht ist, dass sich seine Handlung direkt gegen Raúl Castro Ruz, Präsident des Staats- und des Ministerrates der Republik Kuba, und Fidel Castro Ruz, Parlamentsabgeordneter, richtete. Dieser Straftatbestand wird häufig dazu eingesetzt, abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und legitime Kritik an RegierungsbeamtInnen zu verhindern. Dies stellt eine rechtswidrige Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäusserung dar. Laut der Interamerikanischen Menschenrechtskommission richtet sich ein «Gesetz, das Äusserungen unter Strafe stellt, die von der Person, die von der Äusserung betroffen ist, als Kritik der öffentlichen Verwaltung betrachtet wird, direkt gegen den wesentlichen Kern und Inhalt des Rechts auf freie Meinungsäusserung». Zudem erklärte die Kommission, dass sich solche Gesetze «möglicherweise nicht nur gegen diejenigen richten, die unmittelbar zum Schweigen gebracht werden, sondern auch gegen die Gesellschaft insgesamt».
Amnesty International ist der Ansicht, dass Personen in öffentlichen Ämtern mehr Kritik dulden sollten, als Privatpersonen. Mit der Anwendung von Gesetzen gegen Diffamierung, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass legitime Kritik an RegierungsbeamtInnen verhindert wird, wird das Recht auf freie Meinungsäusserung verletzt. Amnesty International spricht sich gegen Gesetze aus, die Beleidigung und Respektlosigkeit gegenüber Staatsoberhäuptern, Personen des öffentlichen Lebens, dem Militär und anderen öffentlichen Institutionen sowie gegenüber Flaggen und Symbolen (wie Lèse Majesté und Descato) unter Strafe stellen. Amnesty International lehnt darüber hinaus auch solche Gesetze ab, welche die Diffamierung von Personen des öffentlichen Lebens oder von Privatpersonen unter Strafe stellen. Derartige Fälle fallen in den Zuständigkeitsbereich der Zivilrechtssprechung. RegierungsbeamtInnen dürfen keine staatliche Hilfe oder Unterstützung erhalten, wenn sie zivilrechtliche Klage wegen Diffamierung erheben.

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