Mit Friedensgemeinde verbundener Kleinbauer getötet
In Kolumbien haben Paramilitärs einen Kleinbauern getötet, der enge Verbindungen zur Friedensgemeinde San José de Apartadó im Nordwesten des Landes hatte. Weitere BewohnerInnen kleinbäuerlicher Gemeinden in der Gegend sind ebenfalls in Gefahr, da sie von den Paramilitärs verdächtigt werden, GuerillakämpferInnen zu sein.
Am 21. September wurde Ernesto Guzmán in der Ortschaft Mulatos in der Gemeinde Apartadó im Departamento Antioquia von Paramilitärs getötet. Er war kein Bewohner der Friedensgemeinde San José de Apartadó, war jedoch mit einigen von ihnen verwandt und verkaufte regelmässig landwirtschaftliche Erzeugnisse an die BewohnerInnen. Einige Männer kamen auf sein Grundstück, schossen auf ihn und griffen ihn mit einer Machete an. Ernesto Guzmán erlag später seinen Verletzungen. Laut den BewohnerInnen der Friedensgemeinde gibt es in Mulatos eine starke paramilitärische Präsenz. Ein Grundstück der Paramilitärs grenzt offenbar an das von Ernesto Guzmán. Vor drei Monaten haben die Paramilitärs versucht, Ernesto Guzmán dazu zu bringen, ihnen sein Grundstück zu verkaufen.
Am 11. September hielt dieselbe paramilitärische Gruppe einige BewohnerInnen kleinbäuerlicher Gemeinden aus Mulatos und La Resbalosa in der Ortschaft Playa Larga an, wo sie eine Dreschmaschine für ihren Reis nutzen wollten. Die Paramilitärs, die Kampfanzüge trugen und bewaffnet waren, bezeichneten sie als GuerillakämpferInnen und sagten ihnen, sie dürften Playa Larga nicht betreten. Personen, die als GuerillakämpferInnen bezeichnet werden, sind in der Vergangenheit häufig bedroht oder getötet worden. Paramilitärische Gruppen sind nach wie vor in der Gegend aktiv, obwohl die Sicherheitskräfte dort eine starke Präsenz unterhalten. Amnesty International und andere NGOs sowie die Friedensgemeinde warnen seit einiger Zeit vor den Gefahren dieser paramilitärische Präsenz und haben bereits mehrfach gefordert, etwas dagegen zu unternehmen.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Die Friedensgemeinde San José de Apartadó setzt sich aus BewohnerInnen mehrerer Ortschaften zusammen, die in der Gemeinde Apartadó im Departamento Antioquia im Nordwesten Kolumbiens liegen. Die BewohnerInnen der Region verteidigen sowohl gegenüber den Sicherheitskräften als auch den Guerillaeinheiten ihr Recht, nicht in den bewaffneten Konflikt Kolumbiens hineingezogen zu werden und wehren sich dagegen, für eine Seite Partei zu ergreifen. Die BewohnerInnen verweigern das Tragen von Waffen und liefern keiner der beiden Seiten Informationen oder logistische Unterstützung. Als Gegenleistung verlangt die Friedensgemeinde, dass die an dem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien sich von ihrem Land fernhalten und ihre neutrale Position respektieren.
Die Friedensgemeinde wurde am 23. März 1997 gegründet. Seitdem sind mehr als 200 ihrer BewohnerInnen getötet worden oder dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen, weitere Personen wurden bedroht oder sexuell missbraucht. Die BewohnerInnen der Friedensgemeinde befinden sich in ständiger Gefahr. Die meisten Tötungen wurden von Paramilitärs mit Billigung und Unterstützung der lokalen Streitkräfte begangen. In anderen Fällen wurden die Tötungen von Guerillagruppen verübt. In den vergangenen zehn Jahren wurden neben BewohnerInnen der Friedensgemeinde auch Menschen getötet, die lediglich nahe des von der Friedensgemeinde besiedelten Gebietes lebten oder enge Verbindungen zu deren BewohnerInnen unterhielten.
Personen, die ihre Teilnahme an dem bewaffneten Konflikt verweigern und für keine der Seiten Partei ergreifen, sehen sich Verdächtigungen und Feindseligkeiten vonseiten der Paramilitärs, der Armee und der Guerillagruppen ausgesetzt.
Nach Verabschiedung des Gesetzes für Gerechtigkeit und Frieden sind die paramilitärischen Gruppen in Kolumbien angeblich ab 2005 aufgelöst worden; dass sie jedoch weiterhin aktiv sind, belegen die von ihnen in verschiedenen Teilen des Landes verübten Tötungen und ihre Drohungen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen und andere Mitglieder der Zivilgesellschaft. Das Gesetz für Gerechtigkeit und Frieden sah eine Höchststrafe von acht Jahren Gefängnis für Paramilitärs vor, die sich zu Menschenrechtsverstössen bekennen und gestohlene Vermögenswerte, darunter auch Landflächen, an die rechtmässigen BesitzerInnen zurückgeben. Seit dem Beginn des Verfahrens wurden jedoch nur relativ wenige Angehörige der paramilitärischen Kräfte wegen Menschenrechtsverstössen verurteilt. Angehörige der paramilitärischen Kräfte, die die Höchststrafe von acht Jahren Haft verbüsst haben, haben nun ein Anrecht auf bedingte Entlassung. Die rechtlichen Verfahren gegen den Grossteil derer, die eine solche bedingte Freilassung beantragen werden, sind noch nicht abgeschlossen. Amnesty International befürchtet, dass keine wirksamen Massnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Paramilitärs, die in ihre Gemeinden zurückkehren, keine Bedrohung für ihre einstigen Opfer und andere Personen darstellen.