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Startseite Urgent Actions 2015 09 Free politician held for exposing corruption
UA 205/15
Malaysia
Abgeschlossen am 6. November 2015

Inhaftiert wegen Aufdeckung von Korruptionsfällen

AI-Index: ASA 28/2489/2015

Der Politiker Khairuddin Abu Hassan wurde am 23. September auf Grundlage des Gesetzes zur nationalen Sicherheit festgenommen, weil er über Korruptionsfälle berichtet hatte. Er befindet sich jetzt seit 28 Tagen ohne Gerichtsverfahren in Haft. Amnesty International fürchtet um seine Sicherheit.

Khairuddin Abu Hassan, der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Vertretung der regierenden Partei United Malays National Organisation (UMNO) in Batu Kawan, wurde am 23. September von der malaysischen Polizei unter dem Sicherheitsgesetz (Security Offences (Special Measures) Act – SOSMA) festgenommen. Der Polizei zufolge wurde er aufgrund der Aushändigung von Korruptionsberichten an unterschiedliche internationale Strafverfolgungsbehörden inhaftiert, obwohl die malaysischen Behörden in dieser Angelegenheit bereits Untersuchungen eingeleitet hatten. Dem Sicherheitsgesetz zufolge kann eine Person bis zu 28 Tagen ohne Anklage in Haft gehalten werden. Am Tag seiner Festnahme wurde Khairuddin Abu Hassan zur Polizeistelle Dang Wangi in der Hauptstadt Kuala Lumpur gebracht, wo gegen ihn wegen des «Versuchs der Staatssabotage» (Paragraf 124L des Strafgesetzbuches) und der «Sabotage» (Paragraf 124K des Strafgesetzbuches) ermittelt wird. Wenn er nach Paragraf 124K für schuldig befunden wird, könnte ihm eine lebenslange Haftstrafe drohen.

Khairuddin Abu Hassan war bereits am 18. September wegen Verdachts auf Handlungen zum «Sturz der Regierung» inhaftiert worden. Dieser Verdacht wurde nach Paragraf 124C des Strafgesetzbuches untersucht, welcher sich mit Handlungen auseinandersetzt, die als «nachteilig für die parlamentarische Demokratie» erachtet werden. Er befand sich fünf Tage in Untersuchungshaft.

Am 14. September war Khairuddin Abu Hassan und seinem Anwalt Matthias Chang die Ausreise aus Malaysia in die Vereinigten Staaten verwehrt worden. Dort sollten Berichte an das FBI eingereicht werden, die mutmasslich Beweise über Geldwäsche enthielten, die eine Beteiligung von Premierminister Najib Razak daran nahelegen und die in Verbindung mit dem staatlichen Investmentunternehmen 1Malaysia Development Berhad (1MDB) stehen. Khairuddin Abu Hassan hat wiederholt ähnliches Material an Behörden in der Schweiz, Grossbritannien, Singapur und Hongkong weitergeleitet. Amnesty International geht davon aus, dass die Anschuldigungen gegen Khairuddin Abu Hassan Teil einer konzertierten Aktion sind, um alle zum Schweigen zu bringen, die Korruption in Verbindung mit 1MDB aufdecken.

Hintergrundinformationen

Seit dem Korruptionsskandal von 1MDB, in dem der Premierminister Najib Razak der Veruntreuung von mehreren hundert Millionen US-Dollar des staatlichen Investmentunternehmens 1Malaysia Development Berhad (1MDB) beschuldigt wird, gehen die malaysischen Behörden vermehrt gegen kritische Stimmen vor. Anstatt die Wahrheit hinter dem Korruptionsskandal aufzudecken und den Fall im Strafrechtssystem verfolgen zu lassen, verwenden die malaysischen Behörden eine Vielzahl an Gesetzen, um Personen, die Rechenschaft einfordern, zu schikanieren, zum Schweigen zu bringen und zu inhaftieren.
Das im April 2015 geänderte Sicherheitsgesetz (Security Offences (Special Measures) Act – SOSMA) ermöglicht es den Behörden, willkürlich Personen festzunehmen und zu inhaftieren, denen Straftaten vorgeworfen werden. SOSMA, welches das Gesetz zur Inneren Sicherheit (Internal Security Act – ISA) ersetzt, entspricht in mehreren Hauptaspekten nicht den internationalen Menschrechtsnormen. Dazu gehört beispielsweise das Recht der Polizei, Verdächtige 48 Stunden in Einzelhaft gefangen zu halten, wodurch das Risiko der Folter steigt, und eine Inhaftierung von bis zu 28 Tagen ohne Anklage oder Zugang zu den Gerichten. Es besteht weiterhin Grund zur Sorge über die polizeiliche Behandlung von Häftlingen in Untersuchungshaft in Malaysia. Dies beinhaltet den Vorwurf der Folter und anderen Misshandlungen, bei denen die TäterInnen straflos bleiben.
Khairuddin Abu Hassan ist der erste bekannte Häftling unter dem Sicherheitsgesetz, bei dem die erhobenen Vorwürfe nicht im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit, Verteidigung und Terrorismus stehen. Neben Khairuddin haben auch andere Personen ähnliche Schikanierung durch den Staat erlebt, weil sie sich zu diesem Skandal geäussert haben. So hat im März Premierminister Najib Razak den Oppositionsführer Tony Pua verklagt, weil dieser ihn angegriffen habe, um einen politischen Vorteil für die Opposition zu schaffen, und weil er ihn im November 2014 in einer Rede über 1MDB verleumdet habe. Im Juli wurde Tony Pua und einem weiteren Oppositionspolitiker, Rafizi Ramli, von BeamtInnen der Einwanderungsbehörde die Ausreise verboten. Der Grund für das Reiseverbot wurde ihnen nicht mitgeteilt.
Neben dem Sicherheitsgesetz wenden die malaysischen Behörden auch das 1948 eingeführte Gesetz gegen staatsgefährdende Aktivitäten (Sedition Act) an, um gegen MenschenrechtsverteidigerInnen, OppositionspolitikerInnen, JournalistInnen, AkademikerInnen und Studierende zu ermitteln, sie anzuklagen und zu inhaftieren. Bisher wurde in diesem Jahr gegen mindestens 60 Menschen unter dem Sedition Act ermittelt, oder sie wurden angeklagt und inhaftiert. Im Jahre 2014 waren es insgesamt 44 Menschen. Der Juraprofessor Azmi Sharom, der unter dem Sedition Act angeklagt wurde, reichte vor dem Bundesgericht eine Rechtsmittel gegen die Verfassungsmässigkeit des Gesetzes ein, sodass Verfahren in ähnlichen Fällen ausgesetzt wurden.
Die malaysischen Behörden nutzen kürzlich vermehrt Vorschriften aus dem Strafgesetz, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, insbesondere den Paragrafen 124b, der «Aktivitäten, welche die parlamentarische Demokratie bedrohen» strafbar macht. Ausserdem wurden weitere repressive Gesetze angewendet, wie das Gesetz zu Druckerpressen und Publikationen (Printing Presses and Publications Act) und das Versammlungsgesetzes (Peaceful Assembly Act), um gegen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit vorzugehen.
Die Arbeit zweier Pressepublikationen, The Edge Financial Daily und The Edge Weekly, wurde am 27. Juli für drei Monate vom Innenminister ausgesetzt, weil sie kritisch über den 1MDB-Skandal berichtet haben, was von den Behörden als «nachteilig oder evtl. nachteilig für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder nationales Interesse» angesehen wurde. Am 21. September widerrief das Hohe Gericht diese pauschale Suspension, da sie nicht der «Verfahrensgerechtigkeit» entsprochen habe und «rechtswidrig» gewesen sei. Die malaysischen Behörden werden gegen diese Entscheidung Rechtsmittel einlegen.

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