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Startseite Urgent Actions 2015 09 Opposition party leaders arrested, risk torture
UA 201/15
Tadschikistan
Abgeschlossen am 30. Oktober 2015

Oppositionelle festgenommen

AI-Index: EUR 60/2465/2015

Am 16. und 17. September sind 13 Mitglieder der Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans wegen Verbindungen zu «kriminellen Gruppen», die für Anschläge auf Regierungsgebäude verantwortlich gemacht werden, festgenommen worden. Ihnen drohen Folter und unfaire Gerichtsverfahren. Die Festnahmen folgten auf jahrelange Drangsalierungen von Mitgliedern der Partei sowie auf eine Anordnung des Justizministeriums aus dem August, die Partei aufzulösen.

Am 16. und 17. September haben tadschikische StrafverfolgungsbeamtInnen 13 hochrangige Mitglieder der Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans (Islamic Renaissance Party of Tajikistan – IRPT) festgenommen. Ausserdem wurden die Pässe von 50 weiteren Mitgliedern eingezogen, offensichtlich um sie an Auslandsreisen zu hindern. Bei den 13 Festgenommenen handelt es sich um: Umarali Khisainov (auch bekannt als Saidumur Khusaini), Rajab Jobir Rakhmatulloi, Abduqahor Davlatov (auch bekannt als Abduqahori Davlat), Sattor Karimov, Zubajdullokh Roziqov (auch bekannt als Zubaidullokhi Roziq), Fajzmukhammad Mukhammadalii, Hikhmatullo Saifullozoda, Makhmadali Khaitov (auch bekannt als Mukhammadalii Hait), Qiyomiddin Avazov, Zarafo Khujaeva (Zarafo Rakhmoni), Makhmadsharif Nabiyev, Abdusamad Ghairatov und Vokhidkhon Qosidinov. In einer offiziellen Stellungnahme beschuldigte die Staatsanwaltschaft sie der Mitwirkung an Aktivitäten „krimineller Gruppen“, die für das Organisieren von Anschlägen auf Regierungsgebäude in der Hauptstadt Duschanbe sowie in Wahdat und Rudaki am 4. September verantwortlich gemacht werden. Nach Angaben der Behörden seien die Anschläge vom damaligen stellvertretenden Verteidigungsminister Abdukhalim Nazarzoda, der später bei einem Einsatz der Sicherheitskräfte ums Leben gekommen ist, angeführt worden. Er soll auf Anweisung des im Exil lebenden Vorsitzenden der IRPT, Mukhiddin Kabiri, gehandelt haben. Mukhiddin Kabiri stritt sämtliche Verbindungen zu den gewaltsamen Vorfällen am 4. September ab und beschuldigte die Behörden der Fälschung von Beweisen gegen ihn und weitere Mitglieder der IRPT.

In den vergangenen Jahren sind Mitglieder der IRPT sowie weitere Oppositionsgruppen sowohl in Tadschikistan als auch im Exil zunehmenden Schikanen durch die tadschikischen Behörden ausgesetzt. Nach den Wahlen am 1. März, von denen Oppositionsparteien faktisch ausgeschlossen waren, verlor die IRPT ihre zwei verbleibenden Sitze im tadschikischen Parlament. Am 28. August erhielt sie vom Justizministerium die Anweisung, ihre Tätigkeiten spätestens bis zum 7. September einzustellen. Begründet wurde dies mit der fehlenden breiten Unterstützung im Volk, die Voraussetzung für eine registrierte Partei sei. Die strafrechtliche Verfolgung der 13 Mitglieder der IRPT steht offenbar im Zusammenhang mit ihrem politischen Engagement. Neben einem unfairen Gerichtsverfahren drohen ihnen Folter und anderweitige Misshandlungen, die in Tadschikistan von StrafverfolgungsbeamtInnen oft angewandt werden, um «Geständnisse» zu erzwingen und weitere belastende Beweismittel sicherzustellen.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Am 4. September berichtete die Regierung von gewaltsamen Unruhen in Duschanbe sowie in Wahdat und Rudaki, bei denen unter anderem eine Polizeistation von bewaffneten Männern angegriffen worden sein soll. Aufgrund der strengen Kontrolle der tadschikischen Regierung über die Medien gibt es nur wenige unabhängige Informationen zu diesen Vorfällen. Mindestens 26 Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein, unter ihnen neun PolizeibeamtInnen und 17 der bewaffneten Angreifer. Die tadschikischen Behörden machten Abdukhalim Nazarzoda, den ehemaligen stellvertretenden Verteidigungsminister und Mitglied der Vereinigten Tadschikischen Opposition während des Bürgerkriegs von 1992 bis 1997, für die Gewalt verantwortlich.
Abdukhalim Nazarzoda floh vom Anschlagsort und wurde später am 16. September im Romit-Tal östlich von Duschanbe bei einem Sondereinsatz der Sicherheitskräfte getötet.
Trotz der Verabschiedung eines Handlungsplans zur Umsetzung von Empfehlungen des UN-Ausschusses gegen Folter aus dem Jahr 2013 bleiben Folter und andere Misshandlungen in Tadschikistan an der Tagesordnung. Strafrechtliche Ermittlungen gegen Angehörige der Polizei, denen Folter vorgeworfen wird, finden kaum statt und werden regelmässig vorzeitig abgebrochen oder eingestellt.
AnwältInnen wird immer wieder der Zugang zu ihren inhaftierten MandantInnen verweigert, häufig tagelang. Dies ist besonders in Haftanstalten verbreitet, die vom tadschikischen Staatskomitee für Nationale Sicherheit betrieben werden.
Personen, die als Bedrohung für die nationale Sicherheit angesehen werden, darunter auch Angehörige religiöser Bewegungen und Mitglieder islamistischer Gruppierungen oder Parteien, sind besonders der Gefahr ausgesetzt, ohne Kontakt zur Aussenwelt inhaftiert, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Berichte über Schikanen und Drohungen gegenüber führenden Mitgliedern der politischen Opposition, darunter auch Mitglieder der IRPT, haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen, insbesondere im Vorfeld der Parlamentswahlen im März 2015. Politischer oder anderweitiger Dissens ist kaum möglich in Tadschikistan. Die tadschikischen Behörden haben die Auslieferung zahlreicher Personen im Exil gefordert, die verdächtigt werden, Mitglieder oppositioneller Gruppen zu sein.
Auf den bekannten Oppositionellen Umarali Kuvvatov wurde am 5. März 2015 in Istanbul ein tödliches Attentat verübt. Seine Familie und er hatten Amnesty International zuvor berichtet, dass er Drohungen erhalten habe, wonach es von höchster Ebene der tadschikischen Behörden „Anordnungen“ gebe, ihm Schaden zuzufügen. Seine MörderInnen wurden bislang nicht identifiziert.

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