Verhängtes Reiseverbot gegen Menschenrechtsverteidiger
Die Behörden der Vereinigten Arabischen Emirate haben ein Reiseverbot gegen den Menschenrechtsverteidiger und Blogger Ahmed Mansoor verhängt. In der Folge ist es ihm nicht möglich, am 6. Oktober an der diesjährigen Preisverleihung des Martin-Ennals-Awards in der Schweiz teilzunehmen, für den er nominiert ist.
Die Behörden der Vereinigten Arabischen Emirate haben mit einem willkürlich verhängten Reiseverbot dafür gesorgt, dass der bekannte Menschenrechtsverteidiger und Blogger Ahmed Mansoor nicht bei der Verleihung des Martin-Ennals-Awards anwesend sein kann. Er gehört zu den AnwärterInnen für den internationalen Preis, der jährlich an MenschenrechtsverteidigerInnen verliehen wird, und ist zur Preisverleihung am 6. Oktober in die Schweiz eingeladen.
2011 haben die Behörden den Reisepass von Ahmed Mansoor bei einer willkürlichen Festnahme beschlagnahmt und weigern sich seitdem, ihm diesen wieder auszuhändigen. In der Folge ist es dem Menschenrechtler nicht möglich, an der Preisverleihung in Genf teilzunehmen. Die Behörden haben ihm gegenüber widersprüchliche Angaben zu den Gründen dafür gemacht, warum ihm sein Pass bisher nicht wiedergegeben worden ist. Sowohl mit dem gegen ihn verhängten Reiseverbot als auch mit der Beschlagnahmung seines Reisepasses will man ihn für seinen friedlichen Einsatz für die Menschenrechte bestrafen. Dies stellt einen Verstoss gegen sein Recht auf Freizügigkeit dar, welches durch internationale Menschenrechtsnormen geschützt ist. Ahmed Mansoor gehört zu den wenigen Menschen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die öffentlich Menschenrechtsverletzungen anprangern.
Ahmed Mansoor stammt aus Dubai und ist wegen seiner Menschenrechtsarbeit bereits seit Jahren immer wieder Einschüchterungsversuchen und Drangsalierungen ausgesetzt. 2011 wurde er nach einem unfairen Verfahren wegen «Beleidigung» des Präsidenten und des Vizepräsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate sowie des Kronprinzen von Abu Dhabi zu drei Jahren Haft verurteilt. Seitdem erhält er über Facebook, Twitter und andere soziale Medien Drohungen. Unter anderem hat man damit gedroht, ihm den Kopf «abzuschneiden». In einer anderen Nachricht hiess es: «Ahmed Mansoor gehört an einer Laterne aufgehängt«. Zudem wurde der Menschenrechtsverteidiger tätlich angegriffen und im Rahmen einer Hetzkampagne, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten über soziale Medien und SMS geführt wurde, als «Verräter» bezeichnet. Noch immer steht er unter ständiger Beobachtung: Sein Computer und seine E-Mail- und Twitterkonten wurden gehackt, und sein Telefon wird abgehört. Zum Teil ist er über Wochen von einem Auto aus beobachtet worden, das vor seinem Haus geparkt wurde.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Ahmed Mansoor ist Mitglied des Beratungsausschusses der NGO Human Rights Watch für den Nahen Osten und Nordafrika und gehört dem Beirat des Golf-Zentrums für Menschenrechte an. Er dokumentiert die Menschenrechtslage in den Vereinigten Arabischen Emiraten seit 2006 und spricht sich über seinen Blog, über soziale Medien, in Interviews mit internationalen Medien und im Austausch mit Menschenrechtsorganisationen und UN-Menschenrechtsinstitutionen öffentlich für die Durchsetzung internationaler Menschenrechtsstandards aus.
Am 3. März 2011 forderten Ahmed Mansoor und weitere bekannte Persönlichkeiten der Vereinigten Arabischen Emirate den Präsidenten des Landes mit einer Petition zur Umsetzung politischer Reformen auf. Die Petition war von 133 einflussreichen Personen unterschrieben worden, darunter AnwältInnen und AkademikerInnen. Unter anderem forderten sie ein allgemeines Wahlrecht und umfassende gesetzgeberische Befugnisse für den Föderativen Nationalrat. Die Behörden reagierten auf diese Petition, indem sie Ahmed Mansoor und vier weitere Aktivisten einen Monat später willkürlich festnahmen und inhaftierten. Alle fünf Aktivisten wurden wegen «öffentlicher Beleidigung» des Präsidenten und des Vizepräsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate sowie des Kronprinzen von Abu Dhabi angeklagt und vor Gericht gestellt. Die Vorwürfe standen in Zusammenhang mit Beiträgen in einem Diskussionsforum im Internet. Die Männer wurden am 27. November 2011 nach einem Verfahren, bei dem internationale Standards nicht eingehalten worden waren, verurteilt. Ahmed Mansoor erhielt eine dreijährige Haftstrafe. Einen Tag nach ihrer Verurteilung wurden die fünf Aktivisten vom Präsidenten begnadigt und freigelassen.
Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen hat die Inhaftierung von Ahmed Mansoor im September 2011 für willkürlich befunden und die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate dazu aufgefordert, ihn freizulassen und angemessen zu entschädigen. Zwar wurde Ahmed Mansoor freigelassen, die Regierung hat es jedoch bisher versäumt, ihn in irgendeiner Form für seine willkürliche Inhaftierung zu entschädigen. Die Begnadigung durch den Präsidenten ist nie schriftlich bestätigt worden und es ist noch immer unklar, ob der Eintrag aus seinem Strafregister gelöscht wurde.
Seit seiner Freilassung ergehen immer wieder Einschüchterungsversuche und Vergeltungsmassnahmen gegen Ahmed Mansoor. Am 11. und 17. September 2012 wurde er in der Ajman-Universität tätlich angegriffen, wo er zu dieser Zeit Jura studierte. Vermutlich wollten die AngreiferInnen ihn so dazu bringen, sein Studium abzubrechen und sein menschenrechtliches Engagement einzustellen. Nach einem weiteren Angriff beendete Ahmed Mansoor dann tatsächlich sein Studium.
Seit 2012 wartet Ahmed Mansoor darauf, dass die Behörden ihm ein Führungszeugnis ausstellen, ohne das man in den Vereinigten Arabischen Emiraten keine Anstellung erhält. Normalerweise nimmt die Ausstellung nur etwa drei Werktage in Anspruch.
Darüber hinaus ist Ahmed Mansoor Opfer weiterer Drangsalierungen geworden. Im Januar 2013 haben BetrügerInnen 140.000 US-Dollar von seinem Konto abgehoben. Als Ahmed Mansoor Anzeige wegen des Betrugs erstatten wollte, forderte der Staatsanwalt in Abu Dhabi ihn auf, in der Staatsanwaltschaft zu erscheinen, um einige Fragen zu beantworten. Nach der Befragung musste er feststellen, dass sein Auto, das er auf dem umfassend bewachten Parkplatz der Staatsanwaltschaft abgestellt hatte, gestohlen worden war. Er erstattete daraufhin auch wegen des Diebstahls seines Autos Anzeige. Bisher hat die Polizei jedoch noch keinen Bericht zu dem Diebstahl erstellt, was dazu führt, dass sich seine Versicherung weigert, für den Verlust des Autos aufzukommen. Bis heute hat man weder das Auto gefunden, noch die Verantwortlichen festgenommen. Ahmed Mansoor hat eine Reihe von Anzeigen wegen Angriffen, Morddrohungen und weiteren Drangsalierungen bei der Polizei und anderen Behörden erstattet, jedoch nie Informationen zu möglichen Fortschritten der jeweiligen Ermittlungen erhalten.