Foltervorwürfe und unfaire Gerichtsverfahren
Die kuwaitischen Brüder Mohammad und Abdullah al-Hussaini sowie mindestens 20 weitere Männer, die seit dem 15. September vor Gericht stehen, haben ausgesagt, dass man sie gefoltert habe, um «Geständnisse» von ihnen zu erzwingen. Gegen sie wurde Anklage wegen «Spionagetätigkeiten für den Iran und die Hisbollah» sowie wegen «geplanter Angriffe gegen den Staat» erhoben.
Der 35-jährige schiitische Imam Mohammad al-Hussaini wurde am 13. August im Rahmen einer Razzia von Angehörigen der Staatssicherheit im Haus seiner Familie in West Mishref im Gouvernement Hawalli festgenommen. Sein Bruder Abdullah al-Hussaini wurde dort am 16. August festgenommen. Die Festnahmen der anderen Männer erfolgten unter ähnlichen Umständen. Die Sicherheitskräfte legten weder Haftbefehle vor noch begründeten sie die Festnahmen. Sie beschlagnahmten Computer, Handys und weitere elektronische Geräte. Während der Verhöre der Männer durften keine Rechtsbeistände anwesend sein. Erst nachdem die Staatsanwaltschaft den Fall am 1. September an ein Strafgericht verwiesen hatte, konnten Angehörige und Rechtsbeistände die Männer im Gefängnis besuchen. Während dieser Besuche gaben sie an, gefoltert worden zu sein. Zu den Foltermethoden zählten laut Angaben der Inhaftierten unter anderem Schläge, das Aufhängen an einem oder beiden Armen oder Beinen sowie Elektroschocks. Viele von ihnen berichteten, die VerhörbeamtInnen hätten ihnen zudem damit gedroht, weibliche Familienangehörige ins Gefängnis zu bringen und diesen Schaden zuzufügen, sollten sie kein «Geständnis» ablegen. Manche erklärten auch, sie seien gezwungen worden, vorformulierte «Geständnisse» vor laufender Kamera vorzulesen. Allen wurde eine ärztliche Untersuchung verweigert. Die Männer befinden sich derzeit in Einzelhaft in Block 3 des Zentralgefängnisses in Kuwait.
Am 13. August beschlagnahmten die kuwaitischen Behörden auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Abdali, nahe der Grenze zum Irak, Schusswaffen, Munition und Sprengstoff. Die Staatsanwaltschaft erhob in diesem Zusammenhang am 1. September gegen 26 Personen Anklage, darunter auch ein irakischer Staatsbürger, und überstellte sie an das Strafgericht. Drei Personen wurden in Abwesenheit angeklagt. Das Verfahren gegen die «Abdali-Zelle» wurde am 15. September eröffnet. Den Männern werden unter anderem «Spionagetätigkeiten für den Iran und die Hisbollah, mit dem Ziel Angriffe gegen den Staat Kuwait durchzuführen» vorgeworfen. Sie sollen Sprengstoff sowie Schusswaffen und Munition nach Kuwait geschmuggelt und dort zusammengebaut haben. Alle Angeklagten weisen sämtliche Vorwürfe zurück. Das Gericht ordnete an, dass die Männer von einem unabhängigen medizinischen Ausschuss auf Spuren von Folterungen untersucht werden. Zudem soll ihnen vom Gefängnis aus telefonischer Kontakt mit ihren Rechtsbeiständen erlaubt werden. Die nächste Anhörung wurde für den 29. September festgesetzt.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Mohammad al-Hussaini ist Religionslehrer und Imam in der al-Hussain-Moschee. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Sein Bruder Abdullah, Vater von zwei Kindern, zog vor rund vier Jahren nach Jordanien, um dort Sport zu studieren mit dem Ziel, Sportlehrer zu werden. Nachdem er sich bei einem Unfall an der Hand verletzt hatte, musste er sein Studium abbrechen und kehrte nach Kuwait zurück.
Mohammad al-Hussaini gab gegenüber seiner Familie an, in Haft gefoltert worden zu sein. Zudem habe man seine Familie und Religion beleidigt und seinen schwarzen Turban (ein Zeichen dafür, dass er ein Nachkomme des Propheten ist) weggenommen und anschliessend darauf urinierte. Danach wurde Mohammad al-Hussaini gezwungen, den Turban wieder aufzusetzen. Er erzählte Familienmitgliedern, dass sein Bruder Abdullah al-Hussaini während seines Verhörs vor seinen Augen gefoltert wurde. Dabei traten ihm VerhörbeamtInnen gegen und stellten sich auf seinen Rücken. Seitdem leidet Abdullah an starken Rücken- und Blasenbeschwerden. Der Zugang zum Gefängnisarzt wurde ihm jedoch verwehrt. Als Angehörige die Brüder besuchten, sahen sie, dass Abdullah al-Hussaini nicht aufstehen konnte.
Während des ersten Gerichtstermins am 15. September gaben die Angeklagten der sogenannten «Abdali-Zelle» an, dass sie mit Folter zur Abgabe von «Geständnissen» gezwungen worden seien. Die Spuren der Folterungen seien immer noch auf ihren Körpern zu sehen. Einer der Männer erklärte, er sei während des Verhörs gezwungen worden, seine Kleidung auszuziehen. Ein weiterer Mann gab an, mit einem Schlagstock vergewaltigt worden zu sein. Alle Angeklagten weisen sämtliche gegen sie erhobenen Anklagen zurück.