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Startseite Urgent Actions 2015 09 Nine charged over peaceful protest
UA 194/15
Malaysia
Abgeschlossen am 22. Oktober 2015

Neun friedlich Protestierende vor Gericht

AI-Index: ASA 28/2426/2015

In Malaysia sind ein Parlamentarier der Opposition sowie acht weitere politisch und bürgerrechtlich aktive Personen unter Anklage gestellt worden, weil sie im Februar und März an friedlichen Demonstrationen teilgenommen haben.

Neun Personen, darunter ein Oppositionspolitiker, sind am 8. September vor dem Amtsgericht in Kuala Lumpur unter Anklage gestellt worden. Die Vorwürfe basieren auf ihrer Teilnahme an einer Protestkundgebung, die am 28. März von Oppositionsparteien, NGOs und Studierenden veranstaltet wurde und unter dem Motto «Wir kämpfen» (#KitaLawan) stand. Die Angeklagten müssen sich zudem wegen der Teilnahme an Strassendemonstrationen im Februar dieses Jahres verantworten. All diese Kundgebungen liefen friedlich ab. Alle neun Personen hatten am 28. März an der #KitaLawan-Kundgebung teilgenommen, um politische Reformen zu fordern und sich für die Freilassung des ehemaligen Vize-Ministerpräsidenten Anwar Ibrahim einzusetzen, welcher im Februar auf Grundlage einer politisch motivierten Anklage («homosexuelle Handlungen») inhaftiert wurde. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener.

Acht der Angeklagten wird «Organisieren von oder Teilnahme an einer Strassendemonstration» gemäss Paragraf 4 (2) (c) des Gesetzes über friedliche Versammlungen (Peaceful Assembly Act) aus dem Jahr 2012 vorgeworfen. Die Anhörungen sind für den 16. und 19. Oktober angesetzt. Fakhrulrazi Mohd Mokhtar ist unter Paragraf 4 (1) (b) des Gesetzes gegen staatsgefährdende Aktivitäten (Sedition Act) angeklagt. Die Anklage bezieht sich auf eine Rede, die er am 21. März auf einer Protestveranstaltung gehalten haben soll. Seine erste Anhörung soll am 11. Dezember stattfinden.

Die Anklagen gegen die neun PolitikerInnen und AktivistInnen scheinen eine Vergeltungsmassnahme für in Kuala Lumpur am 29. und 30. August abgehaltene Massendemonstrationen zu sein, an denen alle neun Angeklagten ebenfalls teilgenommen haben. Die Kundgebungen, bekannt als «Bersih 4», wurden von Bersih 2.0 organisiert, einer Koalition von NGOs, die das Wahlverfahren Malaysias zu reformieren versuchen. Auf den Demonstrationen wurden bessere Regierungs- und Institutions-Reformen gefordert.

Hintergrundinformationen

Seit den Wahlen im Jahr 2013 gehen die malaysischen Behörden scharf gegen die freie Meinungsäusserung vor und berufen sich auf das Gesetz gegen staatsgefährdende Aktivitäten (Sedition Act) von 1948, um gegen MenschenrechtlerInnen sowie OppositionspolitikerInnen, JournalistInnen, WissenschaftlerInnen und Studierende zu ermitteln und sie anzuklagen und zu inhaftieren. Seit Anfang 2015 sind mindestens 60 Personen des Gesetzes gegen staatsgefährdende Aktivitäten unter Strafverdacht gestellt, festgenommen oder angeklagt worden. 2014 belief sich diese Zahl auf 44.
Der Rechtsdozent Azmi Sharom wurde ebenfalls auf der Grundlage des Gesetzes gegen staatsgefährdende Aktivitäten angeklagt. Er hat vor einem Bundesgericht einen Rechtsbehelf gegen die Verfassungsmässigkeit des Gesetzes eingelegt. Daher wurden alle anderen Fälle, in denen Personen unter diesem Gesetz angeklagt wurden, vorerst ausgesetzt. Die malaysischen Behörden bedienen sich daher anderer repressiver Gesetze, um die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken, so z. B. des Versammlungsgesetzes (Peaceful Assembly Act) und des Gesetzes zur Regulierung der Druckpresse (Printing Presses and Publications Act). Auch strafgesetzliche Bestimmungen werden zur Unterdrückung abweichender Meinungen herangezogen, insbesondere Paragraf 124b zur Kriminalisierung von «Aktivitäten, die die parlamentarische Demokratie gefährden», und Paragraf 143, obwohl dieser gesetzlich nur auf gewaltsame Versammlungen krimineller Personen anwendbar ist.
Die Unterdrückung Andersdenkender hat in jüngster Zeit noch zugenommen, seit der malaysische Staatsfonds 1MDB (1Malaysia Development Berhad) in einen Skandal verwickelt ist, bei dem Ministerpräsident Najib Razak hunderte Millionen Dollar veruntreut haben soll. Statt den Korruptionsanschuldigungen entschieden nachzugehen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, greifen die malaysischen Behörden auf Schikane und Inhaftierung zurück, um diejenigen zum Schweigen zu bringen, die Aufklärung und Konsequenzen fordern. Einige OppositionspolitikerInnen wurden mit Reiseverboten belegt, allem Anschein nach allein deshalb, weil sie das Vorgehen der Regierung im 1MDB-Skandal kritisiert haben. Die Arbeit zweier Pressepublikationen, The Edge Financial Daily und The Edge Weekly, wurde am 24. Juli von Regierungsseite ausgesetzt. Sie hatten über den Skandal in einer Weise berichtet, die von der Regierung als «schädlich oder potenziell schädlich für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bzw. für das öffentliche und nationale Interesse» angesehen wird.

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