Haftstrafe für friedliche politische Aktivitäten
Der pensionierte Hochschullehrer Mohammad Hossein Rafiee Fanood musste im Iran eine Gefängnisstrafe antreten, zu der er 2004 wegen friedlicher politischer Aktivitäten verurteilt wurde. Der 70-Jährige leidet an gesundheitlichen Problemen, u. a. an Bluthochdruck und einer Herzerkrankung. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener.
Mohammad Hossein Rafiee Fanood wurde am 16. Juni von Angehörigen des Geheimdienstministeriums ohne Haftbefehl festgenommen. Erst später am selben Tag und auf Anordnung des Generalstaatsanwalts von Teheran brachten die Angehörigen des Geheimdienstministeriums den zuständigen Staatsanwalt dazu, einen Haftbefehl auszustellen. Mohammad Hossein Rafiee Fanood wurde in die Abteilung 8 des Evin-Gefängnisses verlegt, die nur unzureichend mit angemessenen Schlafgelegenheiten und Sanitäreinrichtungen ausgestattet ist. Die Zellen sind stark überfüllt, schlecht belüftet, schmutzig und von Insekten befallen.
Erst einen Monat nach seiner Festnahme erfuhr Mohammad Hossein Rafiee Fanood den Grund für seine Inhaftierung: Ihm wurde mitgeteilt, er müsse eine vierjährige Haftstrafe antreten, zu der ihn das Revolutionsgericht im Jahr 2004 verurteilt hatte. Er war damals schuldig befunden worden, «Mitglied einer illegalen Gruppierung» zu sein, weil er der verbotenen politischen Partei und national-religiösen Gruppierung Melli Mazhabi angehörte.
Am 25. Mai 2015 wurde Mohammad Hossein Rafiee Fanood von der Abteilung 15 des Teheraner Revolutionsgerichts zu weiteren sechs Jahren Gefängnis verurteilt, weil er auf seiner Webseite zu sozialen und politischen Themen Stellung genommen hatte. Der Vorwurf der «Mitgliedschaft in einer illegalen und sicherheitsgefährdenden Gruppierung [Melli Mazhabi]» brachte ihm fünf Jahre Haft ein. Weil er Medien, «die gegen den Staat sind», Interviews gegeben und «sicherheitsgefährdende Aussagen» gemacht haben soll, wurde er wegen «Verbreitung von Propaganda gegen das System» zu einem weiteren Jahr Gefängnis verurteilt. Zusätzlich erhielt er eine Geldstrafe wegen Nutzung einer Satellitenschüssel, was im Iran verboten ist. Man verbot ihm darüber hinaus zwei Jahre lang jegliche Beteiligung an politischen oder journalistischen Aktivitäten. Mohammad Hossein Rafiee Fanood hat Rechtsmittel eingelegt. Bisher steht jedoch noch kein Datum für eine Anhörung fest.
Hintergrundinformationen
Mohammad Hossein Rafiee Fanood ist ein pensionierter Chemiedozent an der Universität Teheran und unterhält eine eigene Webseite: www.mhrafieefanood.com. Er unterstützte zudem öffentlich die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm mit den sogenannten P5+1-Verhandlungsmächten China, Frankreich, Russland, Deutschland, Grossbritannien und USA. Mohammad Hossein Rafiee Fanood ist ausserdem Mitglied des Nationalen Friedensrats, der 2008 von der Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi gegründet wurde. Aus Protest gegen seine Festnahme und Inhaftierung trat er nach seiner Festnahme in den Hungerstreik und weigerte sich, seine Medikamente zu nehmen. Am 20. Juni beendete er den Hungerstreik, nachdem seine Frau und sein Freundeskreis ihn darum gebeten hatten. Sie waren in Sorge, dass er seine Gesundheit aufs Spiel setze, da er bereits an Bluthochdruck, einer Schilddrüsenerkrankung und diversen Allergien leidet und täglich Medikamente einnehmen muss.
Seit er in der Abteilung 8 des Evin-Gefängnisses festgehalten wird, berichtet Mohammad Hossein Rafiee Fanood über die dort herrschende Überfüllung: Er teilt sich eine 20-Quadratmeter-Zelle mit 27 weiteren Männern, von denen zehn – einschliesslich er selbst – auf dem Boden schlafen müssen, da die Zelle nur mit 18 Betten ausgestattet ist. Mohammad Hossein Rafiee Fanood sagte zu seiner Tochter: „Ich frage mich, ob wir hier in einem Gefängnis sind oder in einer Folterkammer.“ Er berichtete zudem, dass in der Abteilung nur fünf Toiletten und Duschen für mindestens 200 Häftlinge vorhanden seien und sich ununterbrochen Schlangen vor den Toiletten und Duschen bildeten. Es gibt zwar einen Gefängnisarzt, allerdings verfügt dieser offenbar über keinerlei medizinische Ausstattung, sodass der Blutdruck von Mohammad Hossein Rafiee Fanood nicht regelmässig gemessen werden kann.
Mohammad Hossein Rafiee Fanood war im Februar 2001 gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der verbotenen politischen Partei und national-religiösen Gruppierung Melli Mazhabi festgenommen worden. Die Gruppierung wird mit der politischen Organisation „Iranische Freiheitsbewegung“ in Verbindung gebracht, die soziale und politische Reformen fordert und ebenfalls verboten ist. Damals verbrachte er sechs Monate in Untersuchungshaft und wurde für einen Grossteil dieser Zeit in Einzelhaft gehalten, bevor man ihn gegen Kaution freiliess. 2004 wurde er zu vier Jahren Haft verurteilt, doch allem Anschein nach wurde der Urteilsspruch erst im Juni 2015 umgesetzt.