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Startseite Urgent Actions 2015 08 Health fears for Palestinian hunger striker
UA 181/15
Israel / Besetzte Palästinensische Gebiete
Abgeschlossen am 21. August 2015

Inhaftierter Palästinenser im Hungerstreik

AI-Index: MDE 15/2282/2015

Der palästinensische Anwalt Mohammed Allan befindet sich seit dem 16. Juni aus Protest gegen seine Inhaftierung im Hungerstreik. Er wird von den israelischen Behörden seit dem 6. November 2014 ohne Anklage oder Verfahren in Haft gehalten. Die Gründe für seine Festnahme und Inhaftierung sind nicht bekannt. Mohammed Allan hat am 14. August das Bewusstsein verloren. Ihm droht die Zwangsernährung.

Der palästinensische Anwalt Mohammed Allan wurde am 6. November 2014 in seinem Haus in Einabus, einem Dorf im besetzten Westjordanland, von israelischen Sicherheitskräften festgenommen. Man legte ihm Handschellen an und brachte ihn zu seinem Büro in der Stadt Nablus im Westjordanland, wo man ihm befahl, einige seiner Fallakten vorzuzeigen. Am 11. November wurde eine sechsmonatige Verwaltungshaftanordnung gegen ihn erlassen. Die israelischen Behörden haben bis heute weder Mohammed Allan selbst noch seinem Rechtsbeistand die Gründe für seine Festnahme und Inhaftierung genannt. Seine Verwaltungshaftanordnung wurde am 5. Mai um weitere sechs Monate verlängert. Am 16. Juni ist er in den Hungerstreik getreten, um so gegen seine Inhaftierung zu protestieren. Laut der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Addameer nimmt er seit Beginn seines Hungerstreiks nur noch Wasser zu sich.

MitarbeiterInnen des israelischen Gefängnisdiensts informierten den Rechtsbeistand von Mohammed Allan am 7. August darüber, dass sie beabsichtigen, beim israelischen Bezirksgericht einen Antrag auf Zwangsernährung zu stellen. Sie gaben an, sich dabei auf ein neues Gesetz zu beziehen, das die Zwangsernährung von Gefangenen im Hungerstreik erlaubt. Erklärungen von israelischen PolitikerInnen – unter anderem von demjenigen, der das Gesetz eingebracht hatte – deuten darauf hin, dass dieses Gesetz vor allem auf palästinensische Gefangene ausgerichtet ist.

Am 10. August wurde Mohammed Allan auf die Intensivstation des Soroka-Krankenhauses in der israelischen Stadt Be’er Sheva verlegt. Nachdem das Krankenhaus-Personal dort eine Zwangsernährung jedoch abgelehnt hatte, brachte man ihn dann in das Barzilai-Krankenhaus in der israelischen Stadt Ashkelon. Mohammed Allan lehnte auch dort eine medizinische Untersuchung ab. Obwohl er so schwach ist, dass er nicht einmal ohne Hilfe stehen kann, fesselte man ihn mit einem Hand und einem Fuss an sein Krankenhausbett. Berichten zufolge hat er am 14. August kurzzeitig das Bewusstsein verloren.

Mohammed Allan sagte seinem Rechtsbeistand am 12. August, dass er nicht sterben, sondern ein Leben in Würde leben wolle.

Hintergrundinformationen

Seitdem Mohammed Allan am 16. Juni in den Hungerstreik getreten ist, weigert er sich, jegliche Nahrungsmittel, Vitamine und Mineralien zu sich zu nehmen, und trinkt ausschliesslich Wasser. Nachdem sein Zustand sich am 14. August verschlechtert und er das Bewusstsein verloren hatte, führte man ihm intravenös Mineralien zu. Die Verwaltungshaft wurde angeblich als Sondermassnahme zur Inhaftierung von Personen eingeführt, die eine grosse und unmittelbare Gefahr für die Sicherheit darstellen. Seit Jahren setzt Israel diese Form der Haft jedoch auch gegen Personen ein, die entsprechend der Vorschriften der Strafprozessordnung festgenommen, angeklagt und vor Gericht gestellt werden müssten. Zudem werden Personen in Verwaltungshaft genommen, für deren Festnahme keinerlei Gründe vorliegen. Verwaltungshaftanordnungen können immer wieder verlängert werden. Amnesty International ist der Ansicht, dass es sich bei einigen der PalästinenserInnen in israelischer Verwaltungshaft um gewaltlose politische Gefangene handelt, die nur aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit in Haft gehalten werden. Das israelische Militär behält die gegen Verwaltungshäftlinge vorliegenden Beweismittel meist ein und beruft sich dabei auf Sicherheitsgründe. Dies führt dazu, dass die Betroffenen keine Möglichkeit haben, gegen ihre Inhaftierung vorzugehen. Die Verhängung von Verwaltungshaft gegen PalästinenserInnen ist in Israel weit verbreitet. Viele der betroffenen palästinensischen Inhaftierten und Gefangenen sind in den Hungerstreik getreten, um so gegen ihre Haftbedingungen und ihre Inhaftierungen ohne Anklage zu protestieren. Nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation B’tselem befanden sich Ende Juni 2015 insgesamt 370 PalästinenserInnen in israelischen Hafteinrichtungen in Verwaltungshaft. Laut der palästinensischen NGO Addameer, die sich für die Rechte von Gefangenen einsetzt, befinden sich derzeit sieben palästinensische Gefangene im Hungerstreik. Israelische StaatsbürgerInnen sind nur sehr selten von Verwaltungshaft betroffen. Nach der Tötung des Palästinensers Ali Dawbashe und seines Sohnes Saad Dawbashe im Zusammenhang mit einem Brandanschlag Anfang August 2015 wurden jedoch drei Israelis in Verwaltungshaft genommen. Amnesty International fordert die israelischen Behörden beständig dazu auf, die Verwaltungshaft abzuschaffen, da sie gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstösst. Das israelische Parlament, die Knesset, hat am 30. Juli 2015 ein Gesetz verabschiedet, das die Zwangsernährung von Gefangenen im Hungerstreik in Extremfällen erlaubt, wenn ein Bezirksgericht seine Zustimmung gibt und ein medizinischer Bericht vorliegt, der belegt, dass sich der oder die Betroffene in einem bedrohlichen Zustand befindet. Erklärungen des israelischen Politikers, der das Gesetz zur Zwangsernährung von Gefangenen eingebracht hat, deuten darauf hin, dass das Hauptziel dieses Gesetzes nicht die Gesundheit der Gefangenen ist. Vielmehr scheint es darauf abzuzielen, Zugeständnisse wie die Freilassung von Verwaltungshäftlingen zu vermeiden. Die israelische Zeitung Haaretz zitierte am 14. Juni folgende Aussage von Gilad Erdan, dem Minister für öffentliche Sicherheit: „Sicherheits-Gefangene wollen den Hungerstreik als eine neue Form des Selbstmordattentats einsetzen, um so den Staat Israel zu bedrohen. Wir werden nicht zulassen, dass uns jemand bedroht, und wir werden nicht zulassen, dass Gefangene in unseren Gefängnissen sterben.“ Die Gesundheitsversorgung von Gefangenen muss internationalen Gesetzen und Standards zum Recht auf Gesundheit und der Medizinethik entsprechen. Dies schliesst auch die Patientenrechte auf Schweigepflicht, Selbstbestimmung und informierten Einwilligung ein (welche auch das Recht umfasst, einen Eingriff – bei dem es sich auch um das Verabreichen von Nahrung handeln kann – abzulehnen). Die Entscheidung darüber, ob eine nicht einvernehmliche Ernährung durchgeführt werden muss, darf nur von qualifiziertem medizinischem Personal und im Hinblick auf die medizinische Notwendigkeit getroffen werden. Das Fachpersonal muss den psychischen Zustand und die Wünsche der oder des Hungerstreikenden im Rahmen vertraulicher Gespräche erörtern und diese dann bei der Entscheidungsfindung miteinbeziehen. Die Medizinethik verbietet medizinischem Personal grundsätzlich die Zwangsernährung von psychisch gesunden Hungerstreikenden. Das medizinische Personal in Gefängnissen hat sowohl Verpflichtungen gegenüber den Häftlingen – vor allem gegenüber denen, die sich in ihrer Behandlung befinden – als auch gegenüber den Gefängnisbehörden. Die Behörden dürfen medizinisches Personal jedoch nicht anweisen, entgegen ihrer fachlichen Einschätzung oder medizinethischer Grundsätze zu handeln. Amnesty International lehnt die nicht einvernehmliche Ernährung von Hungerstreikenden ohne medizinische Aufsicht ab, wenn diese nicht aus medizinischen Gründen durchgeführt wird oder in ihrer Ausführung grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gleichkommt. Kein Gefangener oder Häftling darf wegen eines Hungerstreiks bestraft oder zum Beenden eines Hungerstreiks gezwungen werden.

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