Menschenrechtsverteidigerin bedroht
Die Menschenrechtsverteidigerin Paulina Muñoz Samaniego ist Opfer einer Einschüchterungskampagne geworden, die vermutlich im Zusammenhang mit ihrer Arbeit bei Ecuador Decide steht. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Organisationen, die das Freihandelsabkommen zwischen Ecuador und der Europäischen Union ablehnen. Paulina Muñoz Samaniego und weitere Mitglieder von Ecuador Decide könnten gefährdet sein.
Paulina Muñoz Samaniego ist seit Oktober 2014 Drangsalierungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt, die im Zusammenhang mit ihrer Arbeit bei Ecuador Decide stehen. Die Organisation kämpft gegen das Freihandelsabkommen zwischen Ecuador und der Europäischen Union. Nach Auffassung von Ecuador Decide könnte dieses Abkommen die Rechte auf Nahrung, Wasser, Gesundheit und Bildung sowie die Arbeitsrechte der Schwächsten im Land gefährden. Paulina Muñoz Samaniego ist vor kurzem nach Ecuador zurückgekehrt. Zuvor hatte sie eine Reihe anonymer Drohnachrichten erhalten und aus Angst um ihre Sicherheit drei Monate im Ausland verbracht.
Am 25. Juni war Paulina Muñoz Samaniego auf dem Weg zur Arbeit, als sie auf der Strasse von einer Frau in einem Auto belästigt wurde, die laut hupte und sie anschrie. Zur gleichen Zeit näherte sich Paulina Muñoz Samaniego von hinten ein Mann und warf ihr einen Blumenstrauss zu. In dem Strauss befand sich eine Nachricht, in der man die Menschenrechtsverteidigerin zurück im Land begrüsste. Am 29. Juli wollte Paulina Muñoz Samaniego bei der Staatsanwaltschaft in Quito Anzeige erstatten, was jedoch abgelehnt wurde, da der Vorfall keine Belästigung dargestellt hätte. Am nächsten Tag wurde die Anzeige allerdings angenommen. Seitdem ist niemand von der Staatsanwaltschaft mit der Menschenrechtsverteidigerin in Kontakt getreten, weder im Hinblick auf die Anzeige, noch um ihr Schutz anzubieten.
Die ersten anonymen Drohnachrichten erhielt Paulina Muñoz Samaniego im Oktober 2014 in ihrem Zuhause. In dem Brief befand sich eine Warnung: „Du wirst beobachtet und verfolgt. Man hat dir gute Angebote gemacht, aber du hast nicht nachgegeben. Du stehst auf der Liste derjenigen Menschen, die sich nicht bestechen lassen. Pass auf, sie werden dich in Dinge hineinziehen, die du am wenigsten erwartest, doch es wird ausreichen, um dich zu verurteilen oder in den Ruhestand zu versetzen.“
Im Februar 2015 erhielt die Menschenrechtsverteidigerin eine zweite anonyme Nachricht, nachdem sie als Sprecherin von Ecuador Decide an einer Veranstaltung teilgenommen hatte. In der Nachricht wurde auf ihre Teilnahme an dieser Veranstaltung Bezug genommen: «Du hast noch immer eine Chance, gib uns einfach Bescheid. Du weisst, an wen du dich wenden kannst. Regel dein Leben, deine Finanzen … Setz dich dem nicht aus.» Seit November 2014 wurden das E-Mail-Konto und die Facebook-Seite von Ecuador Decide mehrere Male gehackt.
Hintergrundinformationen
Verschiedene soziale Bewegungen und Gruppen haben sich am 2. August einem Protestmarsch angeschlossen, bei dem sie gegen zahlreiche Vorhaben der Regierung demonstrieren, darunter das Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union (EU). Der Protestmarsch wird Quito wahrscheinlich am 13. August erreichen. Auch Mitglieder von Ecuador Decide nehmen an diesem Marsch teil.
Ecuador Decide wurde 2014 als Reaktion auf die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen Ecuador und den USA gegründet. Die Verhandlungen dazu blieben erfolglos. Ecuador Decide kämpft weiterhin gegen Freihandelsabkommen. Der Zusammenschluss verschiedener Organisationen lehnt die Implementierung des Freihandelsabkommens zwischen Ecuador und der EU ab, das im Dezember 2014 nach Verhandlungen, die im Juli 2014 abgeschlossen worden sind, unterzeichnet wurde. Ecuador Decide geht davon aus, dass dieses Abkommen negative Auswirkungen auf KleinproduzentInnen sowie auf die Rechte auf Nahrung, Wasser, Gesundheit, Bildung sowie auf die Arbeitsrechte der schwächsten Sektoren der Gesellschaft haben wird. Vor der Umsetzung muss das Freihandelsabkommen von der ecuadorianischen Nationalversammlung ratifiziert werden. Dies steht unmittelbar bevor. Ecuador Decide lehnt eine Ratifizierung ab.
Paulina Muñoz Samaniego war seit Gründung Sprecherin von Ecuador Decide. Vor kurzem wurden diese Aufgaben allerdings an eine Koordinierungsgruppe bestehend aus mehreren Organisationen übertragen, darunter die internationale Branchengewerkschaft für ArbeitnehmerInnen im öffentlichen Dienst Internacional de Servidores Públicos ISP, die Ärztevereinigung Colegio Médico de Pichincha, die Indigenenorganisation Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador, die Frauenrechtsorganisation Plataforma Nacional de las Mujeres, die Bildungsgewerkschaft Unión Nacional de Educadores, die Umweltorganisation Acción Ecológica und die Bürgerrechtsbewegung Asamblea de los Pueblos del Sur.