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Startseite Urgent Actions 2015 08 Prominent trade unionist unlawfully detained
UA 171/15
Iran
Abgeschlossen am 15. September 2015

Bekannter Gewerkschafter festgenommen

AI-Index: MDE 13/2208/2015

Ismail Abdi, Vorsitzender der Lehrergewerkschaft im Iran (ITTA) wird seit dem 27. Juni wegen «des Organisierens von und der Teilnahme an illegalen Versammlungen» im Evin-Gefängnis in Teheran festgehalten. Die Anschuldigungen stehen im Zusammenhang mit seinen rechtmässigen Aktivitäten als Gewerkschafter. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener.

Ismail (Esmail) Abdi wurde am 27. Juni festgenommen, nachdem er das Büro der Staatsanwaltschaft aufgesucht hatte, um Auskunft über sein Reiseverbot zu erhalten. Ihm war die Ausreise nach Armenien verweigert worden, wo er ein Visum für Kanada beantragen wollte, um am 7. Weltkongress der Bildungsinternationale in Ottawa teilzunehmen. Ismail Abdi wurde in den Trakt 2A des Evin-Gefängnisses verlegt, der von der Geheimdiensteinheit der Iranischen Revolutionsgarden geleitet wird. Er wurde mindestens 17 Tage ohne Zugang zu seinem Rechtsbeistand oder seiner Familie verhört. Die Behörden haben Ismail Abdi das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand offenbar auf Grundlage einer besonderen Bestimmung in der neuen Strafprozessordnung verwehrt. Demnach kann Personen, denen Vergehen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit vorgeworfen werden, während der Ermittlungsphase der Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigert werden, mit Ausnahme einiger von der Obersten Justizautorität des Landes zugelassenen Rechtsbeistände.

Ismail Abdi gab an, dass die VernehmungsbeamtInnen ihn des „Organisierens von und der Teilnahme an illegalen Versammlungen“ beschuldigt haben. Bei den „Versammlungen“ handelt es sich um eine Reihe friedlicher Demonstrationen, die in den vergangenen Monaten von LehrerInnen und Mitgliedern der ITTA als Ausdruck ihres Protests gegen schlechte Bezahlung und den niedrigen Bildungsetat sowie gegen die Inhaftierungen von LehrerInnen, die Gewerkschaftsmitglieder sind, veranstaltet wurden. Die ITTA ist im Iran eine rechtlich anerkannte Organisation.

Sollte Ismail Abdi am Ende des gegen ihn eröffneten Prozesses verurteilt werden, drohen ihm mehr als zehn Jahre Haft. Er war bereits 2010 einmal festgenommen und im Zusammenhang mit seinen Gewerkschaftsaktivitäten zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt worden, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wurde und nun vollstreckt werden könnte.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Vor seiner Festnahme am 27. Juni hatten Angehörige des Geheimdienstes Ismail Abdi bereits einige Mal zu Befragungen vorgeladen. Zudem hatten sie ihn dazu gedrängt, sein Amt als Vorsitzender der iranischen Lehrergewerkschaft (ITTA) aufzugeben und landesweite Proteste abzusagen, die die ITTA mitorganisiert hatte. Während dieser Befragungen, in denen Ismail Abdi Beleidigungen und Beschimpfungen ausgesetzt war, warnten ihn die Angehörigen des Geheimdienstes zudem davor, sich mit anderen internationalen Gewerkschaften von LehrerInnen zusammenzuschliessen und teilten ihm mit, dass er mit seiner Teilnahme an internationalen Veranstaltungen eine „rote Linie“ überschreite. Einen Tag nach dem nationalen Tag der LehrerInnen im Iran am 3. Mai 2015 und vier Tage vor geplanten landesweiten Protesten, luden Angehörige des Geheimdienstes den Gewerkschafter vor und drohten, dass eine zur Bewährung ausgesetzte zehnjährige Haftstrafe aus dem Jahr 2010 sofort vollstreckt werden würde, sollte er bei Facebook in einer offiziellen Stellungnahme nicht verkünden, seinen Posten als Vorsitzender der ITTA aufzugeben und an keinen anstehenden Demonstrationen teilzunehmen. Ismail Abdi gab dies unter grossem Druck bekannt, doch die ITTA akzeptierte den Rücktritt nicht. Die Demonstration fand ebenfalls wie geplant statt. Tausende LehrerInnen versammelten sich vor dem Parlament in Teheran und vor den Büros des Bildungsministeriums in verschiedenen Städten im Iran. Ismail Abdi war 2010 festgenommen und wegen „Versammlung und Verschwörung gegen den Staat“ und „Teilnahme an illegalen Gewerkschaftstreffen“ für schuldig befunden worden. Die Haftstrafe wurde jedoch zur Bewährung ausgesetzt. Am 22. Juli wollten sich Tausende LehrerInnen vor dem Parlament in Teheran versammeln, um gegen Drangsalierungen und Verstösse gegen LehrerInnen in Gewerkschaften zu protestieren und die Freilassung von Ismail Abdi zu fordern. Sicherheitskräfte, die seit dem frühen Morgen um das Parlament herum positioniert waren, lösten die Versammlung allerdings auf und nahmen zahlreiche Protestierende fest. Laut einer Meldung des iranischen Bildungs- und Entwicklungsministers vom 27. Juli wurden inzwischen alle festgenommenen LehrerInnen wieder freigelassen. Derzeit verbüssen im Iran mindestens vier LehrerInnen aufgrund legaler Gewerkschaftsaktivitäten Haftstrafen, unter ihnen Sayed Mohammad Bagheri, Ali Akbar Baghani, Alireza Hashemi und Rasoul Bodaghi (weitere Informationen dazu: UA 130/2010, https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-130-2010-4/sorge-um-gesundheit). Der Iran ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte. Darin heisst es in Artikel 22 (1): „Jedermann hat das Recht, sich frei mit anderen zusammenzuschliessen sowie zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und ihnen beizutreten.“ Ausserdem ist der Iran Vertragsstaat des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Artikel 8 dieses Paktes garantiert sowohl „das Recht eines jeden, zur Förderung und zum Schutz seiner wirtschaftlichen und sozialen Interessen Gewerkschaften zu bilden oder einer Gewerkschaft eigener Wahl allein nach Massgabe ihrer Vorschriften beizutreten“ sowie „das Recht der Gewerkschaften, sich frei zu betätigen, wobei nur solche Einschränkungen zulässig sind, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer erforderlich sind“. Obwohl die Rechte auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in den Artikel 26 und 27 der iranischen Verfassung anerkannt sind, werden sie durch religiöse Bedingungen eingeschränkt, wie beispielsweise durch die Forderung, dass öffentliche Versammlungen „grundlegende islamische Prinzipien nicht verletzen“ dürften.

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