Ohne Anklage in Haft
Mahmoud bin Khalfan bin Salem al-Fazari befindet sich seit dem 22. Juli ohne Anklage in Haft. Er war vor seiner Inhaftierung zur Flucht seines Bruders befragt worden, der trotz eines Ausreiseverbots das Land verlassen hatte. Mahmoud bin Khalfan bin Salem al-Fazari könnte gefoltert oder anderweitig misshandelt werden.
Der 22-jährige Mahmoud bin Khalfan bin Salem al-Fazari ist am 22. Juli festgenommen worden, nachdem er bei der polizeilichen Sondereinheit al-Qism al-Khas im Bezirk Qurm in der omanischen Hauptstadt Maskat zu einem Verhör erschienen war. Man hatte ihn zu seinem Bruder Mohammed bin Khalfan bin Salem al-Fazari befragt, der das Land trotz eines Ausreiseverbots verlassen hat.
Nach seiner Festnahme wurde Mahmoud bin Khalfan bin Salem al-Fazari auf die Polizeiwache von Ruwi, einem anderen Bezirk von Maskat, gebracht. Dort war es ihm möglich, seine Familie über seine Inhaftierung zu informieren. Als sein Vater ihn am 24. Juli kurz besuchen durfte, bemerkte er blaue Flecken am Körper seines Sohnes. Während des Besuchs drohten PolizeibeamtInnen dem Vater von Mahmoud bin Khalfan bin Salem al-Fazari damit, weitere Familienmitglieder zum Verhör bei der polizeilichen Sondereinheit vorzuladen, sollte sein Sohn nicht zugeben, seinem Bruder bei der Flucht geholfen zu haben. Mahmoud bin Khalfan bin Salem al-Fazari wurde zurück an die polizeiliche Sondereinheit überstellt und befindet sich dort weiterhin in Gewahrsam.
Mohammed bin Khalfan bin Salem al-Fazari setzt sich für Menschenrechte ein und betreibt einen Blog. Am 17. Juli reiste er nach Grossbritannien. Er verliess Oman, obwohl die Behörden im Dezember 2014 seinen Reisepass und seinen Ausweis konfisziert und ihm ein Ausreiseverbot auferlegt hatten. Er war zuvor mehrfach wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte inhaftiert gewesen.
Hintergrundinformationen
Der 26-jährige Bruder von Mahmoud bin Khalfan bin Salem al-Fazari, Mohammed bin Khalfan bin Salem al-Fazari, setzt sich für Menschenrechte ein und betreibt einen Blog. Darüber hinaus ist er der Gründer und der Chefredakteur des unabhängigen Online-Magazins Muwaten (Bürger), das sich mit sozialen Problemen der omanischen Gesellschaft beschäftigt.
Im Juni 2012 wurde er zusammen mit weiteren AktivistInnen bei einem friedlichen Protest vor der Polizeizentrale in Maskat festgenommen. Die Demonstrierenden hatten mit ihrem Protest die Freilassung von inhaftierten AktivistInnen gefordert. Die ersten vier Tage soll Mohammed bin Khalfan bin Salem al-Fazari in einer Einzelzelle festgehalten worden sein, die lediglich zwei Quadratmeter gross war. In der Zelle soll er ununterbrochen dem Licht einer grellen Lampe ausgesetzt gewesen sein. Zudem soll man ihn unentwegt in hoher Lautstärke mit der Nationalhymne beschallt haben. Er und zehn weitere der inhaftierten AktivistInnen wurden am 8. August 2012 von einem erstinstanzlichen Gericht wegen „illegaler Versammlung zu einem Aufstand“ und „Behinderung des Verkehrs“ schuldig gesprochen und zu einem Jahr Haft und einer Geldstrafe von je 200 Rial (etwa 400 Euro) verurteilt. Am 12. Dezember 2012 bestätigte ein Rechtsmittelgericht seine sechsmonatige Haftstrafe wegen „illegaler Versammlung zu einem Aufstand“ und sprach ihn im zweiten Anklagepunkt frei. Gleichzeitig lief ein weiteres Verfahren gegen Mohammed bin Khalfan bin Salem al-Fazari und weitere Personen wegen „Beleidigung des Herrschers des Landes“ und „Verstossens gegen das omanische Internetgesetz“. Die Angeklagten wurden am 21. März 2013 von Sultan Qaboos bin Sa’id begnadigt und am nächsten Tag freigelassen.
Mohammed bin Khalfan bin Salem al-Fazari wurde im Dezember 2013 erneut festgenommen und fünf Tage lang inhaftiert. Angehörige des omanischen Geheimdiensts verhörten ihn und wollten ihn dazu bringen, seine Online-Aktivitäten einschliesslich seiner Aktivitäten bei Twitter einzustellen.
Am 31. August 2014 musste er bei der polizeilichen Sondereinheit in der Polizeizentrale in Maskat erscheinen, wo er anschliessend festgenommen wurde. Kurz zuvor hatte er in seinem Online-Magazin ein neues Staatsangehörigkeitsgesetz kommentiert, das von der Regierung im selben Monat erlassen worden war. Das Gesetz sieht unter anderem die Möglichkeit vor, omanischen BürgerInnen die Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Am 4. September, nach sechs Tagen in Haft ohne Kontakt zur Aussenwelt, wurde er ohne Anklage freigelassen.
Am 22. Dezember 2014 wurde Mohammed bin Khalfan bin Salem al-Fazari erneut festgenommen, als er sich am Flughafen in Maskat befand, um nach Grossbritannien auszureisen. Man liess ihn einen Tag später ohne Anklage frei, die Behörden konfiszierten jedoch seinen Reisepass und seinen Ausweis. Bis heute hat er seine Dokumente nicht zurückerhalten.
Amnesty International hat 2013 und 2014 Fälle von langer willkürlicher Inhaftierung, oft ohne Kontakt zur Aussenwelt, in Oman dokumentiert. Zudem liegen Berichte über Folter und andere Misshandlungen durch Angehörige der Sicherheitskräfte vor. AktivistInnen und RegierungskritikerInnen sollen misshandelt worden sein, indem man sie schlug, ihnen einen Sack über den Kopf zog oder sie lange Zeit in Einzelhaft hielt. Zudem wird von Scheinhinrichtungen und Schlafentzug berichtet.
In den vergangenen Jahren hat Amnesty International immer wieder Fälle dokumentiert, in denen die Polizei in Oman unverhältnismässige Gewalt gegen friedlich Demonstrierende eingesetzt und bei Grossdemonstrationen TeilnehmerInnen willkürlich festgenommen hat. Zudem dokumentierte die Organisation Fälle, in denen das Recht auf freie Meinungsäusserung auf willkürliche Weise eingeschränkt sowie diskriminierende Gesetze und Praktiken angewandt wurden.