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Startseite Urgent Actions 2015 07 Execution date set for mentally ill man
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Pakistan
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27.7.2015: News

Khizar Hayat was issued a stay of execution on 25 July. The Sessions Court asked the Superintendent to file his comments regarding Khizar's mental state at a hearing on 30 July. He is still at risk of execution, so pressure on the authorities is still needed, although at this stage there is no new execution date.

Drohende Hinrichtung

AI-Index: ASA 33/2158/2015

Khizar Hayat soll am 28. Juli hingerichtet werden. Er leidet seit 2008 an einer psychischen Erkrankung und nimmt seitdem regelmässig Medikamente ein. Das Völkerrecht verbietet die Hinrichtung von Menschen, die an einer geistigen Behinderung oder psychischen Erkrankung leiden.

Khizar Hayat, ein Mann mit einer psychischen Erkrankung aus der Provinz Punjab, soll am 28. Juli hingerichtet werden. Seine Hinrichtung war ursprünglich für den 16. Juni festgesetzt worden. Sein Rechtsbeistand hatte jedoch einen Antrag an das Hohe Gericht von Lahore übermittelt, in dem er die Aufhebung des Hinrichtungsbefehls gegen Khizar Hayat aufgrund seiner psychischen Erkrankung forderte. Das Gericht gewährte in letzter Minute einen Hinrichtungsaufschub und forderte die Gefängnisbehörden dazu auf, eine Stellungnahme zu den Aussagen des Rechtsbeistandes hinsichtlich des geistigen Zustandes von Khizar Hayat abzugeben. In einer schriftlichen Antwort an das Gericht, die am 17. Juni eingereicht wurde, bestätigten die Gefängnisbehörden die psychische Erkrankung von Khizar Hayat sowie die regelmässige Einnahme von Antipsychotika. Trotzdem bezeichneten sie Khizar Hayat als «teilweise stabil», so lange er seine Medikamente nehme. Sein Rechtsbeistand sowie seine Familie widersprachen dieser Darstellung jedoch, nachdem sie ihn vor Kurzem besucht hatten. Das Hohe Gericht wies den Antrag von Khizar Hayat auf Grundlage der Aussage der Gefängnisbehörden ab und erliess den zweiten Hinrichtungsbefehl. Nach Angaben der Rechtsbeistände von Khizar Hayat stehen die Aussagen der Gefängnisbehörden im Widerspruch zu den Informationen in seiner Krankenakte. Das Gericht hat kein unabhängiges medizinisches Gremium zur Klärung des Falls einberufen.

Aus den Gefängnisunterlagen von Khizar Hayat geht hervor, dass seine psychische Erkrankung 2008 diagnostiziert wurde. Seitdem nimmt er starke antipsychotische Medikamente, die ärztlich verschrieben wurden. Darüber hinaus hat er jedoch nie eine weitere Behandlung erhalten. Die Forderungen seiner Mutter, ihn zur medizinischen Behandlung in eine geeignete Einrichtung zu verlegen, werden ignoriert. Khizar Hayat leidet psychisch und physisch unter seiner Erkrankung. Zudem wurde er deswegen bereits mehrfach zum Ziel von Misshandlungen und tätlichen Angriffen durch andere Häftlinge. Bei einem Angriff im Jahr 2009 verletzten ihn Mithäftlinge schwer am Kopf, so dass er ins Krankenhaus eingeliefert und operiert werden musste. 2012 kam es so regelmässig zu derartigen Angriffen, dass Khizar Hayat in eine Einzelzelle im Gefängniskrankenhaus verlegt wurde, wo er sich seitdem befindet.

Khizar Hayat, ein ehemaliger Polizeibeamter, wurde im Zusammenhang mit dem Mord an einem anderen Polizisten verhaftet und 2003 zum Tode verurteilt. Sein Gnadengesuch liegt derzeit dem Präsidenten von Pakistan vor. Dieser verfügt über die direkte Befugnis, das Todesurteil umzuwandeln.

Hintergrundinformationen

Nach dem Attentat auf eine Schule der pakistanischen Armee in Peschawar am 16. Dezember 2014 kündigte Premierminister Nawaz Sharif eine teilweise Aufhebung des seit sechs Jahren bestehenden Hinrichtungsmoratoriums an. Terrorismusbezogene Straftaten durften seitdem mit der Todesstrafe geahndet werden. Am 11. März 2015 erklärte die pakistanische Regierung die vollständige Aufhebung des Moratoriums für alle Verbrechen mit Todesfolge. Die Behörden haben gedroht, bis zu 1.000 zum Tode Verurteilte hinrichten zu lassen, die alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben und deren Gnadengesuche abgelehnt wurden. Seit der Aufhebung des Hinrichtungsmoratoriums sind insgesamt 180 Personen exekutiert worden. Während des Ramadan wurde ein befristetes Hinrichtungsmoratorium verhängt. Seit Ende des Fastenmonats am 20. Juli 2015 sind allerdings wieder Hinrichtungsbefehle erlassen worden.
Amnesty International verurteilte den Angriff auf die Schule in Peschawar durch die pakistanische Taliban aufs Schärfste. Bei dem Anschlag waren 149 Menschen getötet worden, darunter 132 Kinder. Amnesty International forderte eine umfassende Untersuchung von Anschlägen und Angriffen auf Zivilpersonen, darunter auch der Anschlag in Peschawar. Zudem forderte die Organisation, dass die mutmasslichen TäterInnen unter Ausschluss der Todesstrafe in Verfahren vor Gericht gestellt werden, die den internationalen Standards für faire Verfahren entsprechen. Nach dem Anschlag hat Pakistan seine Verfassung dahingehend angepasst, dass Gerichtsverfahren wegen terroristischer Straftaten nun schneller verhandelt werden können. Ausserdem werden diese Verfahren nun der Militärgerichtsbarkeit überstellt. Die Zuständigkeit von Militärgerichten ist sehr besorgniserregend, da vermutet wird, dass den Angeklagten Rechte vorenthalten werden könnten, um so eine schnellere Verurteilung zu ermöglichen.
Amnesty International wendet sich in allen Fällen ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode. Die Todesstrafe verletzt das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben und stellt die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen dar. Darüber hinaus liegen keine eindeutigen Beweise dafür vor, dass die Todesstrafe Verbrechen wirksamer verhindert als andere Arten der Bestrafung. Die umfangreichste, von der UN im Jahr 1988 durchgeführte und 2008 zuletzt aktualisierte Studie, stellt fest, dass es keinen Beweis dafür gibt, dass Hinrichtungen eine abschreckendere Wirkung haben als lebenslange Haftstrafen.
Etwa 8.200 Gefangene befinden sich in Pakistan im Todestrakt. In Pakistan kann die Todesstrafe für mindestens 27 Straftaten verhängt werden, darunter auch Verbrechen ohne Todesfolge. Diese lassen sich nicht in die Kategorie der «schwersten Verbrechen» einstufen, für die laut Artikel 6.2 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) die Todesstrafe verhängt werden kann. Pakistan ist Vertragsstaat des IPbpR.
In Pakistan werden viele Todesurteile in Prozessen verhängt, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren nicht entsprechen. Diese Verfahren sind gekennzeichnet durch den fehlenden Zugang zu Rechtsbeiständen und das Zulassen von Beweisen, die nach dem Völkerrecht nicht vor Gericht verwendet werden dürfen. So werden Aussagen, die durch Folter erzwungen wurden, als Beweismittel vor Gericht zugelassen. Angeklagte haben oft nur eingeschränkten Zugang zu einem Rechtsbeistand oder ihnen werden vom Staat Rechtsbeistände gestellt, die häufig schlecht ausgebildet und unterbezahlt sind. Es kommt vor, dass die vom Staat gestellten Rechtsbeistände ihre MandantInnen nicht mit ganzem Einsatz vertreten, es sei denn, sie erhalten weitere Bezahlungen von der Familie des/der Angeklagten. Hinzu kommt, dass das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren in Verhandlungen vor vorinstanzlichen Gerichten missachtet wird und dort nach wie vor Todesurteile verhängt werden. Die Verhandlungen dieser Gerichte sind nur eingeschränkt öffentlich zugänglich und die Gerichtsverfahren müssen in der Regel innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen abgeschlossen werden, wodurch die RichterInnen unter grossen Druck geraten, Angeklagte zu verurteilen. Der UN-Sonderberichterstatter über aussergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen erklärte 2012, dass Militär- und andere Sondergerichte nicht befugt sein sollten, Todesurteile zu verhängen.

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