Mitarbeitende einer Anwaltskanzlei verschwunden
Mindestens sieben Personen, die mit der Anwaltskanzlei Fengrui in Peking in Verbindung stehen, sind verschwunden. Man geht davon aus, dass sie von der Polizei inhaftiert wurden. Die Kanzlei wurde offenbar gezielt ins Visier genommen.
Am 9. Juli um etwa 3.00 Uhr morgens schickte Wang Yu eine SMS an einige FreundInnen mit der Information, ihre Internetverbindung und ihr Stromanschluss seien gekappt worden. Um 4.17 Uhr schickte sie eine weitere Kurznachricht, in der es hiess, jemand versuche, in ihre Wohnung einzubrechen. Wenig später konnten ihre FreundInnen sie nicht mehr erreichen, und auch zuhause war sie nicht anzutreffen. Wang Yu ist Menschenrechtsanwältin bei der Kanzlei Fengrui in Peking. Ihr Mann Bao Longjun und ihr 16-jähriger Sohn Bao Zhuoxuan sind ebenfalls spurlos verschwunden.
Am 10. Juli um etwa 7.00 Uhr wurde der Anwalt und Leiter der Kanzlei Fengrui, Zhou Shifeng, Augenzeugenberichten zufolge von drei unbekannten Personen aus seinem Hotelzimmer in Peking abgeholt und mit einer schwarzen Kapuze über dem Kopf abgeführt. Um 8.45 Uhr führte Liu Sixin, die als Assistentin in der Kanzlei arbeitet, gerade ein Telefongespräch, als sie plötzlich sagte: «Sie sind da, sie sind da!» Daraufhin brach die Verbindung ab. Seitdem fehlt von ihr jede Spur. Die Finanzdirektorin der Kanzlei, Wang Fang, ist seit sie sich am Morgen des 10. Juli auf den Weg zur Arbeit gemacht hatte spurlos verschwunden.
Li Shuyun, die ebenfalls als Anwältin für Fengrui arbeitet, wurde nach Angaben ihrer Schwester am 10. Juli um 11.00 Uhr von ca. zehn PolizistInnen in Zivil von zuhause abgeholt. Einer der PolizistInnen gab an, die Festnahme von Li Shuyun stehe mit der Untersuchung in einem Kriminalfall in Verbindung.
Seit dem Nachmittag des 10. Juli haben FreundInnen und KollegInnen den Kontakt mit weiteren AnwältInnen der Kanzlei verloren, darunter Zhang Weiyu, Wang Quanzhang und Huang Liqun sowie der Fahrer Zhou Qing. Es ist bisher nicht bekannt, ob diese Personen festgenommen wurden oder untergetaucht sind.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Wang Yu hat in den vergangenen Jahren an vielen wichtigen Menschenrechtsfällen gearbeitet, die von den Behörden als «sensibel» eingestuft werden. Sie hatte z. B. die Verteidigung der Aktivistin Cao Shunli und des zu lebenslanger Haft verurteilten uigurischen Wirtschaftsprofessors Ilham Tohti übernommen. Auch arbeitete sie am Jiansanjiang-Fall und dem Fall Fan Mugen, in dem es um Zwangsräumung geht.
Wang Yu agierte zudem als Verteidigerin für den bekannten Aktivisten und Twitternutzer Wu Gan, der ebenfalls für die Kanzlei Fengrui tätig ist. Er war am 20. Mai festgenommen worden, nachdem er vor dem Höheren Volksgericht der Provinz Jiangxi in Nanchang an einer Demonstration teilgenommen hatte. Ihm wird vorgeworfen, «zur Untergrabung der Staatsgewalt aufgehetzt» und «Streit angefangen und Ärger provoziert» zu haben.
