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Startseite Urgent Actions 2015 06 Jailed Iraqi woman on hunger strike in Iran
UA 135/15
Iran
Abgeschlossen am 28. Juli 2015

Irakerin im Hungerstreik

AI-Index: MDE 13/1882/2015

Die Irakerin Basima Al-Jibouri befindet sich seit 2011 im Iran in Haft. Nachdem sie am 8. April in den Hungerstreik getreten ist, befindet sie sich nun in einem kritischen Gesundheitszustand. Basima Al-Jibouri ist wegen «Spionage» zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Grund für ihre Verurteilung war vermutlich ein Treffen mit einem iranischen Diplomaten.

Basima Al-Jibouri verbüsst eine fünfjährige Haftstrafe im Gharchak-Gefängnis in der iranischen Stadt Varamin. Die Irakerin protestiert nun bereits seit mehr als 60 Tagen mit einem Hungerstreik dagegen, dass man ihr den Zugang zu ihrer Familie, dringend benötigter medizinischer Behandlung und konsularischer Unterstützung verwehrt. Zudem fordert sie eine vorzeitige Entlassung aus der Haft oder die Möglichkeit, die restliche Strafe im Irak ableisten zu dürfen. Am 8. Juni wurde Basima Al-Jibouri in die Krankenabteilung des Gefängnisses verlegt, nachdem sie das Bewusstsein verloren hatte. Dort wurde ihr intravenös Flüssigkeit zugefügt, sie weigerte sich jedoch, Medikamente gegen ihre Herzrhythmusstörungen und ihren niedrigen Blutdruck zu nehmen. Nach Amnesty International vorliegenden Informationen sieht Basima Al-Jibouri verschwommen, ist sehr schwach und kann nicht mehr selbstständig stehen.

Basima Al-Jibouri war im August 2011 von Angehörigen des iranischen Geheimdienstes festgenommen worden. Sie war offensichtlich auf Einladung des iranischen Diplomaten Mohammad Reza Ghorbani in den Iran gereist, mit dem sie sich einige Jahre zuvor im Irak angefreundet hatte. Man hielt die Irakerin acht Monate lang im Evin-Gefängnis in Teheran in Einzelhaft fest. Während dieser Zeit hatte sie keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Man hat sie während ihrer Verhöre scheinbar nach den Hintergründen der Freundschaft zwischen ihr und Mohammad Reza Ghorbani befragt und sie beschuldigt, als Spionin für die USA zu arbeiten. Basima Al-Jibouri ist von Abteilung 15 des Revolutionsgerichts der „Spionage“ für schuldig befunden und zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Ihr unfaires Gerichtsverfahren dauerte nur zwei Stunden. Das Verfahren wurde in Persisch abgehalten, obwohl sie diese Sprache nicht versteht. Zwar wurde ihr ein Dolmetscher zur Verfügung gestellt, dieser hat Basima Al-Jibouri eigenen Angaben zufolge jedoch beleidigt und ihre Antworten nicht an das Gericht weitergegeben. Ihr Verteidiger, der vom Gericht bestellt worden war, leistete keine angemessene Arbeit und trug ihr auf, den Richter mit Geld zu bestechen, um ihre Freilassung zu erwirken.

Hintergrundinformationen

Als Basima Al-Jibouri am 8. Juni in die Krankenabteilung des Gefängnisses gebracht wurde, soll eine Krankenschwester ihr gesagt haben, dass sie sich nicht wie ein Opfer aufspielen solle und man sie auch hätte hängen können. Basima Al-Jibouri wurde daraufhin nicht weiter beachtet. Erst am nächsten Morgen nahm ein Arzt eine kurze Untersuchung vor. Anschliessend wurde sie wieder in die Abteilung des Gharchack-Gefängnisses gebracht, in der weibliche Gefangene festgehalten werden. Dort herrscht völlige Überbelegung, die Häftlinge sind extremen Temperaturen ausgesetzt, erhalten ungeniessbares Essen und werden in insektenbefallenen Zellen, ohne angemessene sanitäre Einrichtungen und Schlafmöglichkeiten festgehalten. Nach Kenntnisstand von Amnesty International will sie nicht erneut auf die Krankenstation verlegt werden, um weiteren Beleidigungen zu entgehen. Nach Amnesty International vorliegenden Informationen war Mohammad Reza Ghorbani vor der Festnahme von Basima Al-Jibouri kurzzeitig inhaftiert und zu seiner Beziehung zu der Irakerin befragt worden. Zu einem späteren Zeitpunkt lud er Basima Al-Jibouri dann in den Iran ein, scheinbar unter dem Vorwand, ihr dabei helfen zu wollen, einen Spezialisten zur medizinischen Behandlung ihres Sohnes zu finden. Er nahm sie am internationalen Flughafen Imam Khomeini in Teheran in Empfang, führte sie dann jedoch durch einen Ausgang, hinter dem vier Angehörige des iranischen Geheimdienstes warteten und sie festnahmen. Die BeamtInnen zwangen Basima Al-Jibouri in ein Auto einzusteigen, verbanden ihr die Augen und fuhren sie ins Evin-Gefängnis. Dort verhörte man sie über mehrere Wochen zu ihrer Beziehung zu Mohammad Reza Ghorbani und beschuldigte sie, als Spionin für die US-amerikanische Regierung zu arbeiten. Die VernehmungsbeamtInnen versuchten sie zur Abgabe eines „Geständnisses“ zu drängen und spotteten, dass sie „durchaus hübsch genug ist, um für die USA zu arbeiten“. Während ihres Verfahrens verfasste der anwesende Dolmetscher eine Aussage, die Basima Al-Jibouri unterschreiben sollte. Er erklärte, dass sie damit nicht sich selbst, sondern Mohammad Reza Ghorbani belasten würde. Basima Al-Jibouri weigerte sich, das Dokument zu unterschreiben. Die Söhne von Basima Al-Jibouri leben im Irak und durften ihre Mutter bisher nicht in Haft besuchen. Erst nach mehr als zwei Jahren in Haft erhielt Basima Al-Jibouri die Erlaubnis, sie anzurufen. Konsularische Unterstützung gewährte man ihr erst, als sie bereits verurteilt und inhaftiert war. Sie hat die irakische Botschaft um Hilfe gebeten, diese hat jedoch erklärt, dass sie keine Eingriffsmöglichkeiten hätte. Der Leiter des irakischen Menschenrechtsausschusses erklärte den Söhnen von Basima Al-Jibouri, dass auch der Ausschuss ihnen nicht helfen könne, weil es sich bei ihrer Mutter um eine „politische Gefangene“ handle. Laut dem Übereinkommen über die Überstellung von verurteilten Häftlingen zwischen der islamischen Republik Iran und der Republik Irak können Überstellungsgesuche abgelehnt werden, wenn eine Überstellung als Gefahr für die Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder als ein Verstoss gegen die Verfassung erachtet wird oder wenn der betroffene Häftling wegen einer Straftat mit politischem oder militärischem Hintergrund verurteilt wurde. Gemäss Artikel 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte hat jede wegen einer strafbaren Handlung angeklagte Person in gleicher Weise Anspruch auf Mindestgarantien für ein faires Verfahren. Dazu gehören auch das Recht auf eine kompetente und wirksame Verteidigung in jeder Phase des Verfahrens, einschliesslich während des Ermittlungsverfahrens, und das Recht auf die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers, wenn der oder die Angeklagte die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht. Gemäss internationalen Menschenrechtsabkommen hat jede Person, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden ist, zu denen auch Verstösse gegen das Recht auf ein faires Verfahren gehören, ein einklagbares Recht auf Wiedergutmachung, einschliesslich von Entschädigungsleistungen. Im Falle von unrechtmässiger Inhaftierung umfasst die Wiedergutmachung auch die Freilassung der betroffenen Person.

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