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Startseite Urgent Actions 2015 06 Defender subjected to sexual violence
UA 126/15
Usbekistan
Abgeschlossen am 16. Juli 2015

Sexuelle Gewalt und Folter gegen Menschrechtsverteidigerin

AI-Index: EUR 62/1799/2015

Die Menschenrechtsverteidigerin Elena Urlaeva ist am 31. Mai von PolizeibeamtInnen festgenommen worden. Die BeamtInnen wandten Folter, sexuelle Gewalt und Demütigungen an, um die Menschenrechtlerin zum Aushändigen der Speicherkarte ihrer Kamera zu zwingen. Auf der Speicherkarte befinden sich von Elena Urlaeva aufgenommene Fotos, die Menschenrechtsverletzungen zeigen.

Am 31. Mai ist die Menschenrechtsverteidigerin und Sprecherin der unabhängigen Nichtregierungsorganisation Human Rights Defender’s Alliance of Uzbekistan Elena Urlaeva von PolizeibeamtInnen festgenommen worden. Am Tag ihrer Festnahme hatte sie den Einsatz von Zwangsarbeit auf Baumwollfeldern dokumentiert. Sie wurde mehrere Stunden lang auf einer Polizeistation der Stadt Chinaz in der Region Taschkent, die im Nordosten Usbekistans liegt, festgehalten. Die Polizei konfiszierte ihr Notebook sowie ihre Digitalkamera.

Elena Urlaeva gab an, dass ein Polizeibeamter sie auf den Kopf schlug und wissen wollte, wo sie die Speicherkarte ihrer Kamera versteckt habe. Andere Polizeibeamte schrien sie an und beleidigten sie. Die Beamten bezeichneten sie als «Agentin der USA» und warfen ihr vor, Geheimnisse der usbekischen Regierung an andere Länder verkauft zu haben. Elena Urlaeva gab an, dass die Polizeibeamten Sanitäter riefen, die ihr drei Injektionen verabreichten, woraufhin sie sich schwach fühlte. Man entkleidete Elena Urlaeva und führte zwei vaginale Untersuchungen an ihr durch. Zuerst wurde Elena Urlaeva gezwungen sich auf ein Bett zu legen, damit eine Ärztin eine vaginale Untersuchung durchführen konnte, anscheinend mit der Absicht, die Speicherkarte zu finden. Als die Ärztin die Speicherkarte jedoch nicht fand, wurde Elena Urlaeva von den Polizeibeamten dazu gezwungen, sich auf einen Stuhl zu setzen. Sie wurde von Polizeibeamten und einem Sanitäter an den Armen und Beinen festgehalten, während eine Ärztin ein Spekulum in ihre Scheide einführte, um eine zweite Untersuchung durchzuführen. Diese Prozedur führte zu Blutungen. Elena Urlaeva wurde zudem im Analbereich untersucht. Die Polizeibeamten brachten sie danach zu einem örtlichen Krankenhaus, um eine Röntgenuntersuchung im Brust- und Bauchbereich durchzuführen. Danach hatte Elena Urlaeva darum gebeten, die Toilette benutzen zu dürfen. Sie wurde jedoch dazu genötigt, vor den Augen der Polizeibeamten auf der Grasfläche vor dem Krankenhaus zu urinieren. Die Beamten filmten und fotografierten sie und drohten ihr, die Bilder ins Internet zu stellen, sollte sie sich über ihre Behandlung beschweren.

Elena Urlaeva protestierte am 1. Juni vor dem Gebäude des Innenministeriums in Tashkent. Sie hielt ein Poster hoch auf dem sie forderte, dass die Personen, die an ihrer Folter und anderweitigen Misshandlungen beteiligt waren, zur Rechenschaft gezogen werden. Daraufhin erschienen SicherheitsbeamtInnen, die sie in ein Büro des Innenministeriums brachten, wo sie eine Beschwerde einreichte.

HINTERGRUNDINFORMATIONen

Elena Urlaeva ist eine der wenigen MenschenrechtsverteidigerInnen, die sich immer noch in Usbekistan aufhalten und dort arbeiten. Sie führt Ermittlungen durch und verfasst für die internationale Gemeinschaft Berichte, in denen sie Menschenrechtsprobleme thematisiert. Elena Urlaeva arbeitet aktiv mit MenschenrechtsverteidigerInnen im In- und Ausland zusammen. Sie berichtet u.a. über die Arbeitsbedingungen auf Baumwollfeldern. Usbekistan wird von MenschenrechtlerInnen wegen des Einsatzes von Zwangsarbeit bei der Baumwollernte scharf kritisiert. Die Behörden sind daher sehr darum bemüht, dass keine Beweise über Zwangsarbeit gefunden und an die internationale Gemeinschaft weitergeleitet werden. Die staatlichen Stellen behaupten, dass die Vorwürfe bzgl. der Zwangsarbeit und der unmenschlichen und erniedrigenden Lebensumständen der Menschen, die bei der Baumwollernte eingesetzt werden, faktisch falsch sind und durch konkurrierende Länder, die ebenfalls mit Baumwolle handeln, in Umlauf gebracht werden, um den globalen Baumwollmarkt zu manipulieren. Die usbekischen Behörden stimmten im Jahr 2013 zu, es unabhängigen BeobachterInnen der internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization - ILO) zu ermöglichen, während der Baumwollernte in ganz Usbekistan Inspektionen durchzuführen. Die BeobachterInnen der ILO wurden jedoch von RegierungsbeamtInnen begleitet. MenschenrechtsverteidigerInnen berichten, dass die Behörden den ArbeiterInnen Anweisungen gaben, wie sie sich gegenüber den BeobachterInnen der ILO zu verhalten haben.
Usbekistan hat eine der autoritärsten Regierungen der Welt. Die Behörden sind für schwere, systematische und weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Hierzu gehören auch starke Einschränkungen der Rechte auf Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit. Folter und anderweitige Misshandlungen werden von Untersuchungshäftlingen und Strafgefangenen durch Sicherheitskräfte in Usbekistan häufig angewandt. Bekannte MenschenrechtsverteidigerInnen, RegierungskritikerInnen und unabhängige Journalisten waren bereits in der Vergangenheit dazu gezwungen, Usbekistan zu verlassen, um einer Inhaftierung oder anhaltenden Drangsalierungen durch die Sicherheitskräfte und örtlichen Behörden zu entgehen. Viele von ihnen erfahren weiterhin Drangsalierungen durch die usbekischen Behörden, auch im Ausland.
Folter und anderweitige Misshandlungen sind Grundmerkmale des usbekischen Strafrechtssystems. Sie sind die zentralen Mittel der usbekischen Behörden, mit Widerstand umzugehen und um tatsächliche oder vermeintliche Gefahren für die Sicherheit auszuschliessen sowie um ihre Macht zu sichern.
Nach Erkenntnissen von Amnesty International wird in den meisten Fällen von Folter und anderweitigen Misshandlungen auffällig oft auch sexuelle Erniedrigung eingesetzt. In solchen Fällen werden Personen u.a. entkleidet und gezwungen, sich vor eine Gruppe von Sicherheitskräften zu stellen, die Obszönitäten schreien oder die Betroffenen mit sexuellen Bemerkungen verspotten.
Lesen Sie hierzu den englischsprachigen Artikel: Secrets and lies: Forced confessions under torture in Uzbekistan https://www.amnesty.org/en/documents/eur62/1086/2015/en/

 

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