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Startseite Urgent Actions 2015 06 Threats against widower of murdered defender
UA 124/15
Mexiko
Abgeschlossen am 14. Juli 2015

Witwer einer Menschenrechtlerin bedroht

AI-Index: AMR 41/1791/2015

Der Witwer einer im Jahr 2010 getöteten Menschenrechtlerin hat Informationen erhalten, denen zufolge man seine Ermordung plant. Es hat bereits zahlreiche Einschüchterungsversuche gegen ihn und andere Personen gegeben, die sich für die Untersuchung des Mordes an der Menschenrechtlerin einsetzen.

Am 17. Mai erhielt Omar Esparza, Witwer der im Jahr 2010 getöteten Menschenrechtlerin Bety Cariño, von einer verlässlichen Quelle die Information, dass man eine Gruppe von Auftragsmördern auf ihn angesetzt habe. Diese Information wurde durch weitere Quellen, denen die gleichen Details vorliegen, bestätigt. Scheinbar will man Omar Esparza daran hindern, für Gerechtigkeit im Fall des Mordes an seiner Frau zu kämpfen. In den frühen Morgenstunden des 1. Juni versuchten Unbekannte in das Haus zu gelangen, in dem sich seine Kinder zusammen mit Familienangehörigen aufhielten.

Diese Morddrohungen sind die jüngsten Vorfälle in einer Reihe von Einschüchterungsversuchen gegen Omar Esparza. Seit fünf Jahren fordert er Untersuchungen zum Mord an Bety Cariño. Sie wurde im Jahr 2010 in der Nähe der Indigenengemeinde San Juan Copala im Bundesstaat Oaxaca ermordet. Nachdem sich Omar Esparza jahrelang für Fortschritte bei den Ermittlungen eingesetzt hatte, nahm man im Jahr 2015 zwei Verdächtige fest. Zwei Angehörige der indigenen Triqui-Gemeinschaft, die Augenzeuginnen in dem Mordfall waren, wurden nach einer der Festnahmen bedroht. Eine Woche nach der Festnahme des zweiten Verdächtigen erhielt Omar Esparza einen Anruf von einem Familienangehörigen des Festgenommenen. Dieser forderte Omar Esparza dazu auf, seine öffentlichen Stellungnahmen gegen den Verdächtigen zurückzuziehen. Im Jahr 2012 wurden Haftbefehle gegen Mitglieder einer bewaffneten Gruppierung mit offensichtlicher Verbindung zu lokalen und bundesstaatlichen Behörden ausgestellt. Die Gruppierung soll für die Tötung von Bety Cariño und Jyri Jaakkola im April 2010 verantwortlich sein. Zehn der Beschuldigten befinden sich nach wie vor auf freiem Fuss, da die verantwortlichen Behörden die Vollstreckung der Haftbefehle nur unzureichend vorangetrieben haben, offenbar aus Angst vor Vergeltung durch die Gruppierung.

Hintergrundinformationen

Zwischen November 2009 und September 2010 wurde die Gemeinde San Juan Copala im Bundesstaat Oaxaca im Süden Mexikos von bewaffneten Mitgliedern der Indigenengruppierung UBISORT (Unión para el Bienestar Social de la Región Triqui) belagert, die Verbindungen zu Oaxacas damaliger Regierungspartei PRI (Partido Revolucionario Institucional) hatte. Zahlreiche EinwohnerInnen wurden in dieser Zeit getötet und verletzt, ohne dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden. Den Behörden ist es nicht gelungen, diese Verbrechen zu verhindern oder zu sanktionieren, sie haben die BewohnerInnen von San Juan Copala schutzlos ihrem Schicksal überlassen und hingenommen, dass das Dorf monatelang von grundlegender Versorgung abgeschnitten war. Am 27. April 2010 überfiel eine bewaffnete Gruppierung mit mutmasslicher Verbindung zu lokalen und bundesstaatlichen Behörden einen Hilfskonvoi auf dem Weg in die abgelegene Indigenengemeinde San Juan Copala im Bundesstaat Oaxaca im Süden Mexikos und tötete die Menschenrechtsverteidigerin Bety Cariño und den finnischen Menschenrechtsbeobachter Jyri Jaakkola. Die Gemeinde im indigenen Triqui-Gebiet war von der bewaffneten Gruppierung monatelang belagert worden, der Konvoi wollte nun Nahrungsmittel und Medikamente in das Dorf bringen und die Menschenrechtssituation dokumentieren. Die übrigen 25 Mitglieder des Konvois überlebten den Angriff, einige erlitten jedoch Schussverletzungen und wurden von den Angreifern etwa eine Stunde lang festgehalten und vernommen. Nachdem sie freigelassen worden waren, flohen einige Mitglieder des Konvois zu Fuss, andere mussten sich vor den Bewaffneten verstecken, bevor sie gerettet werden konnten. Bety Cariño war Leiterin der Organisation CACTUS (Centro de Apoyo Comunitario Trabajando Unidos) in Huajuapan de León im Bundesstaat Oaxaca. Sie veranstaltete Workshops zum Thema Frauenrechte in indigenen Gemeinschaften und unterstützte viele Frauen bei der Errichtung von Radiostationen in ihren Gemeinden. Sie hatte sich auch für die Ermittlung und Strafverfolgung im Fall der zwei ermordeten Radiojournalistinnen Felícitas Martínez und Teresa Bautista in San Juan Copala im Jahr 2008 eingesetzt. Jyri Jaakkola war Mitglied der finnischen Organisation Uusi Tuuli und setzte sich in Finnland und anderen Ländern gegen den Klimawandel und für den fairen Handel und Ernährungssicherheit ein. Er recherchierte im Bundesstaat Oaxaca zum Thema nachhaltige Landwirtschaft nach den Methoden der indigenen Gemeinschaft. Seine Rechercheergebnisse und Erfahrungen veröffentlichte er in einem Blog. Im September 2012 stellte ein Richter Haftbefehle gegen 14 Personen aus, die verdächtigt wurden, an der Tötung von Bety Cariño und Jyri Jaakkola beteiligt gewesen zu sein. Zwei Verdächtige wurden daraufhin festgenommen, einer war verstorben. Zehn Verdächtige bleiben weiter auf freiem Fuss. Den ZeugInnen und Überlebenden der Angriffe wurden seitens bundesstaatlicher Behörden und der Behörden auf Bundesebene bereits mehrfach effektive Schutzmassnahmen zugesagt, die Umsetzung dieser Massnahmen ist bis heute allerdings unzureichend. Bewaffnete Gruppierungen können seit vielen Jahren ohne Angst vor Strafverfolgung im indigenen Triqui-Gebiet im Bundesstaat Oaxaca operieren. Sie nutzen Streitigkeiten zwischen den Gemeinden aus und versuchen, politische Kontrolle über das Gebiet zu erlangen. Die Region der Triqui ist eine der ärmsten ganz Mexikos. Dies hat zu Massenauswanderung vieler Bevölkerungsgruppen und zu politischen Konflikten geführt. Örtliche Menschenrechtsorganisationen haben die von 2004 bis 2010 amtierende Regierung des Bundestaates beschuldigt, Streitigkeiten zwischen den indigenen Gemeinden für ihre Zwecke auszunutzen und den bewaffneten Gruppierungen Straffreiheit für ihr Handeln zu gewähren. Lokale und bundesstaatliche BeamtInnen werden verdächtigt, diese Gruppen finanziert, ihr Handeln toleriert und in einigen Fällen aktiv unterstützt zu haben. Die Region ist ein nahezu rechtsfreier Raum und so gut wie niemand ist für begangene Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden. Die Bevölkerung steht den Angriffen und der Kontrolle der bewaffneten Gruppierungen schutzlos gegenüber. Die amtierende Regierung des Bundesstaates, die seit Dezember 2010 im Amt ist, hat versprochen, sich den Problemen in der Region anzunehmen, bislang ist diesbezüglich allerdings sehr wenig geschehen.

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