Gewalttaten an LGBTI-Pride befürchtet
Es wird befürchtet, dass Hunderten AktivistInnen, die sich für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LGBTI) einsetzen, ihr Recht auf Versammlungsfreiheit verwehrt wird. Zudem könnten während des Pride-Marsches, der am 6. Juni in Kiew stattfinden soll, Gewalttaten gegen sie verübt werden, da die Polizei ihrer Pflicht zum Schutz der Demonstrierenden nicht angemessen nachkommt.
Die OrganisatorInnen des Kiew-Pride-Marsches haben bekanntgegeben, dass sie die Veranstaltung am 6. Juni in der ukrainischen Hauptstadt Kiew abhalten wollen. Details zu Veranstaltungsort und -zeit müssen noch mit den Behörden vereinbart werden. Um die Einzelheiten zu besprechen, haben sich die OrganisatorInnen gemeinsam mit der ukrainischen Sektion von Amnesty International mehrmals mit BehördenvertreterInnen getroffen. Die Verwaltungsbehörde von Kiew versprach, zwischen dem 18. und dem 22. Mai ein Treffen zwischen den OrganisatorInnen und der Polizei anzuberaumen, bei dem Sicherheitsmassnahmen besprochen werden sollten. Bisher hat ein solches Treffen allerdings nicht stattgefunden. Als Grund gab die Polizei an, es sei «zu früh», um die Veranstaltung zu planen.
Im Jahr 2012 musste der Kiew-Pride-Marsch aufgrund von Gewaltandrohungen rechtsextremer Gruppen und aufgrund des Versagens der Polizei bei der Bereitstellung adäquater Schutzmassnahmen von den OrganisatorInnen abgesagt werden. Im Jahr 2014 wurde er ebenfalls abgesagt. Die Behörden hatten zunächst ihre Unterstützung für die Veranstaltung zugesagt, unter anderem auch in Treffen zwischen Amnesty International und hochrangigen MitarbeiterInnen des Innenministeriums. Jedoch zogen sie ihr Versprechen, für den Schutz der Demonstrierenden zu sorgen, im letzten Moment zurück.
Verzögerungen und mangelndes Engagement seitens der Polizei wirken sich negativ auf die Organisation der Veranstaltung aus und könnten angesichts möglicher Gewalttaten durch GegendemonstrantInnen dazu führen, dass sie erneut abgesagt werden muss.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Die Ukraine hat es wiederholt versäumt, die Rechte von LGBTI auf freie Meinungsäusserung und Versammlungsfreiheit zu schützen. Im Jahr 2012 wurde ein für den 20. Mai geplanter Pride-Marsch von den OrganisatorInnen abgesagt, da sie mehrere Gewaltandrohungen von verschiedenen Einzelpersonen und Gruppen erhalten hatten und da die Polizei in Kiew die Sicherheit der Demonstrierenden nicht gewährleistete. Stattdessen sagten VertreterInnen der Polizei, «Personen würden zu Schaden kommen». Der für den 5. Juli 2014 anberaumte Kiew-Pride-Marsch wurde ebenfalls abgesagt, nachdem die Polizei dem Organisationsausschuss kurzfristig mitgeteilt hatte, man könne die Sicherheit der Teilnehmenden angesichts der erwarteten Gegendemonstrationen nicht gewährleisten. Der neu gewählte Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, sagte am 27. Juni 2014, es sei nicht der richtige Zeitpunkt für solche «Unterhaltungsveranstaltungen» in der Ukraine.
Im Jahr 2013 fand der erste erfolgreiche LGBTI-Pride-Marsch in der Ukraine statt. Obwohl Amnesty International diese Entwicklung begrüsst, war es enttäuschend, dass der Stadtrat von Kiew die Veranstaltung im Stadtzentrum verbot, sodass die OrganisatorInnen im letzten Moment auf einen alternativen Veranstaltungsort ausweichen mussten, wodurch das Recht der Demonstrierenden auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt wurde.
Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle werden in der Ukraine weiterhin diskriminiert, und viele werden Opfer von Gewalttaten und Misshandlungen. Amnesty International hat in der Vergangenheit mehrere gewaltsame Übergriffe gegen LGBTI dokumentiert, die teilweise von RegierungsbeamtInnen und teilweise von Zivilpersonen verübt wurden. In einigen Fällen führten solche Angriffe zum Tode, wurden jedoch nicht ausreichend aufgeklärt. Die Behörden sorgen nicht dafür, dass Gewalttaten gegen LGBTI umgehend, gründlich, wirksam und unparteiisch untersucht werden.