Journalist angegriffen
Der venezolanische Journalist Horacio Giusti ist von zwei Männern tätlich angegriffen worden, vermutlich in Verbindung mit seinem ehrenamtlichen Engagement bei der juristischen NGO Foro Penal Venezolano. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von Rechtsbeiständen, die während der regierungskritischen Proteste Hunderte Personen verteidigt haben.
Horacio Giusti arbeitet als Journalist und als ehrenamtlicher Pressesprecher der juristischen NGO Foro Penal Venezolano. Am 28. April wurde er in der venezolanischen Hauptstadt Caracas von zwei Motorradfahrern angegriffen. Die Männer forderten ihn zunächst auf, sich auszuweisen, und griffen ihn dann tätlich an. Der Übergriff scheint damit zusammenzuhängen, dass Horacio Giusti sich bei der NGO Foro Penal Venezolano engagiert. Die Mitglieder der NGO haben während der regierungskritischen Proteste die Verteidigung von Hunderten Personen übernommen, die zum Teil willkürlich inhaftiert und gefoltert oder anderweitig misshandelt worden waren. Horacio Giusti hat den Angriff bereits bei einer Einrichtung der Staatsanwaltschaft (Ministerio Público) gemeldet. Bisher wurden jedoch noch keine Massnahmen zu seinem Schutz eingeleitet.
Laut Angaben von Horacio Giusti war er in den Tagen vor dem Angriff bereits zweimal bedroht worden. Am 15. April verliess er eine Pressekonferenz des Foro Penal Venezolano, als zwei Motorradfahrer mit einschüchternden Gesten auf ihn zeigten. Zehn Tage später steckte ein Zettel an seiner Haustür, auf dem stand: „Warnung: Spiel‘ weiterhin den Star-Journalisten, und du wirst kein gutes Ende finden. Du weisst, dass du im Visier bist, also halte dich zurück. Sei vernünftig. Mach keinen Fehler”. Horacio Giusti versuchte, diese Vorfälle bei der Staatsanwaltschaft und der Polizei anzuzeigen. Dort wurde ihm jedoch mitgeteilt, dass man die Anzeige nicht aufnehmen könne, da er die mutmasslichen Verantwortlichen nicht identifizieren könne und kein Verbrechen begangen worden sei.
Mitglieder des Foro Penal Venezolano sind in der Vergangenheit häufig vom Parlamentspräsidenten Diosdado Cabello in dessen wöchentlicher Fernsehsendung „Con el Mazo Dando“ beschimpft worden. Am 17. März sprach die Interamerikanische Menschenrechtskommission den Mitgliedern des Foro Penal Venezolano sowie dem Leiter der NGO, Alfredo Romero, Schutzmassnahmen zu. Die Mitglieder berichten jedoch, dass sie von den Behörden bisher keinen Schutz erhalten haben und nach wie vor drangsaliert werden.
Hintergrundinformationen
Venezolanische MenschenrechtsverteidigerInnen sowie Rechtsbeistände, die Personen vertreten, deren Menschenrechte verletzt wurden, haben sich gegenüber Amnesty International bereits mehrfach besorgt über ihre Lage geäussert. Da die Gesellschaft in Venezuela sei sehr stark polarisiert sei und MenschenrechtlerInnen regelmässig von hochrangigen BehördenvertreterInnen verbal angegriffen und beleidigt würden, werde befürchtet, dass UnterstützerInnen der Regierung, darunter auch regierungsnahe und bewaffnete Gruppen, sich veranlasst sehen könnten, MenschenrechtsverteidigerInnen und Rechtsbeistände tätlich anzugreifen.
Die Drangsalierung von AnwältInnen, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen verteidigen, verstösst gegen die UN-Grundprinzipien betreffend die Rolle der Rechtsanwälte. Darin heisst es, dass die Behörden verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass Rechtsbeistände ihrer Arbeit in vollem Umfang und ohne Einschüchterung, Behinderung, Schikane oder ungebührliche Einflussnahme nachgehen können. Zudem müssen sie sicherstellen, dass Rechtsbeistände angemessen geschützt werden, wenn sie aufgrund ihrer Arbeit in ihrer Sicherheit bedroht sind.
Seit den Protesten im Jahr 2014 haben die Angriffe, Hetzkampagnen und Einschüchterungsversuche gegen MenschenrechtsverteidigerInnen in Venezuela in einigen Fällen zugenommen. Dies ist auf das Engagement vieler MenschenrechtlerInnen im Rahmen der Proteste zurückzuführen, z. B. im Fall von Rechtsbeiständen, die Hunderte Personen verteidigt haben, welche Opfer von exzessiver Gewaltanwendung, willkürlicher Inhaftierung oder Folter und anderen Misshandlungen geworden sind. Bis heute haben die venezolanischen Behörden keine Massnahmen ergriffen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und sicherzustellen, dass MenschenrechtlerInnen ihrer Arbeit ohne Furcht vor Repressalien nachgehen können. Amnesty International ist der Ansicht, dass die venezolanischen Behörden ihrer Verpflichtung zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen und Opfern von Menschenrechtsverletzungen sowie deren Familien und rechtlichen VertreterInnen bisher nicht in ausreichendem Masse nachkommen.
– Fortsetzung (auf englisch)
Recognizing those who defend human rights as human rights defenders has nothing to do with conferring a special status on them, rather it is about adopting concrete protection measures. States have the same obligation to protect and respect the human rights of defenders as they do to protect and respect the human rights of everyone in their jurisdiction, as the UN Declaration on Human Rights Defenders states.
However, states also have an obligation to create and implement special mechanisms to protect defenders from abuses inflicted on them for exercising their rights. Firstly, those who defend human rights must be recognized as human rights defenders and their work must be recognized as an important part of creating the rule of law. Secondly, the authorities must take specific measures to address the risks they face because of their human rights work or arising from it in order to ensure that they provide the necessary conditions for defenders to carry out their work. States also have an obligation to ensure that they undertake effective investigations and bring to justice those responsible for abuses.