Weitere Haftstrafe
Der Menschenrechtler und gewaltlose politische Gefangene Azam Farmonov wurde zu weiteren fünf Jahren Haft verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, gegen Gefängnisregeln verstossen zu haben. Azam Farmonov sollte Ende April freigelassen werden, nachdem er eine neunjährige Haftstrafe verbüsst hatte.
Am 21. Mai erhielt die Ehefrau des gewaltlosen politischen Gefangenen Azam Farmonov, Ozoda Yakubova, einen Anruf von einem ehemaligen Häftling der Untersuchungshaftanstalt in Nukus. Er teilte ihr mit, dass Azam Farmonov von dem Strafgericht der Region Kungrad zu einer weiteren Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt wurde. Ihm wird vorgeworfen, gegen Gefängnisregeln verstossen zu haben. Er wurde unter Paragraf 221 des usbekischen Strafgesetzbuchs wegen „Ungehorsams gegen gerechtfertigte Anordnungen der Verwaltung der Strafanstalt“ für schuldig befunden. Ozoda Yakubova hat keine Kenntnis über die exakten Verstösse, die Azam Farmonov zugeschrieben wurden. Das Gericht informierte sie weder über die Verhandlungstermine, noch war es ihr oder anderen unabhängigen BeobachterInnen möglich, bei dem Gerichtsverfahren anwesend zu sein. Die Person, die Ozoda Yakubova anrief, gab an, dass man Azam Farmnov in das Jaslyk-Straflager verlegt habe – ein entlegenes Hochsicherheitsgefängnis im Nordwesten der Region Karakalpakstan. Dort hatte er seine ursprüngliche neunjährige Haftstrafe verbüsst.
Im April 2015 war Azam Farmonov vom Jaslyk-Gefängnis in die Untersuchungshaftanstalt in Nukus verlegt worden. Er hätte Ende April 2015 aus der Haft entlassen werden sollen.
Azam Farmonov ist ein Mitglied der unabhängigen Menschenrechtsorganisation Human Rights Society of Uzbekistan (HRSU). Man verurteilte ihn am 15. Juni 2006 wegen Erpressung zu einer Haftstrafe von neun Jahren. Bei seiner Verhandlung war kein Rechtsbeistand anwesend. Die Verurteilung stützte sich grösstenteils auf erzwungene Zeugenaussagen. Azam Farmonov hatte seine Unschuld stets beteuert. Er wurde während seiner Untersuchungshaft gefoltert und anderweitig misshandelt.
Unter Paragraf 221 des Strafgesetzbuchs ist es möglich, Häftlinge wegen Verstössen gegen Gefängnisregeln zu weiteren Haftstrafen von bis zu fünf Jahren zu verurteilen. Es gibt keine öffentlich zugängliche und offizielle Liste von Gefängnisregeln. Ihre Anwendung erscheint oft als willkürlich und politisch motiviert.
HINTERGRUNDINFORMATIONen
Azam Farmonov wurde am 29. April 2006 in seiner Heimatstadt Gulistan im Osten von Usbekistan festgenommen. Man brachte ihn in die Untersuchungshaftanstalt in der nahegelegenen Stadt Khavast. Dort wurde er mindestens eine Woche lang ohne Kontakt zur Aussenwelt festgehalten. Azam Farmonov sagte später gegenüber seiner Familie, dass er geschlagen wurde. Er gab ausserdem an, dass die PolizeibeamtInnen ihm eine Gasmaske aufgesetzt und die Luftzufuhr abgedreht hatten. Azam Farmonov berichtete, dass man ihn mit Knüppeln auf Beine und Fersen geschlagen habe, um ihn dazu zu zwingen, ein Geständnis zu unterschreiben. Trotz der Folter, die er erleiden musste, unterzeichnete Azam Farmonov kein Geständnis und beteuert bis heute seine Unschuld.
Vor seiner Festnahme verteidigte Azam Farmonov die Rechte von örtlichen Bäuerinnen und Bauern, die einige der landwirtschaftlichen BeamtInnen des Bezirks der Erpressung, Korruption und des Unvermögens, die Interessen der Bäuerinnen und Bauern zu schützen, beschuldigten. Azam Farmonov führte an, dass er zuerst damit begann, die Anschuldigungen der Bäuerinnen und Bauern zu untersuchen und die örtlichen Behörden mit seinen Erkenntnissen zu konfrontieren. Daraufhin zwangen die örtlichen Behörden und die Polizei einige der Bäuerinnen und Bauern, u. a. mit Hilfe von körperlicher Einschüchterung, ihre Aussage gegen die BeamtInnen zurückzunehmen. Sie sollten stattdessen Azam Farmonov beschuldigen, Druck auf die Bäuerinnen und Bauern ausgeübt zu haben, örtliche BeamtInnen des Machtmissbrauchs zu beschuldigen.
Azam Farmonov wurde am 16. Mai 2006 unter Paragraf 165 des usbekischen Strafgesetzbuchs wegen Erpressung angeklagt. Die Familie von Azam Farmonov lehnte den Rechtsbeistand, der ihnen vom Staat gestellt wurde, ab, nachdem sie erfuhren, dass dieser die schriftliche Beschwerde von Azam Farmonov wegen der Folter, der er während seiner Haft ausgesetzt war, zerrissen hatte.
Azam Farmonov reichte Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft bezüglich der Folter ein. Seine Familie legte Beschwerde bei zahlreichen zuständigen Behörden ein, jedoch wurden bis heute keine Untersuchungen durchgeführt.