Tausende Flüchtlinge auf dem Meer in Lebensgefahr
Tausende Flüchtlinge und MigrantInnen treiben in Booten vor den Küsten von Thailand, Malaysia und Indonesien, nachdem die Behörden sie abgewiesen und wieder aufs offene Meer geschleppt haben. Sie befinden sich in Lebensgefahr.
Bis zu 8.000 Menschen befinden sich noch immer in Booten auf offener See. Die Behörden von Thailand, Malaysia und Indonesien wollen die Flüchtlinge und MigrantInnen nicht an Land lassen und verstossen somit gegen internationale Menschenrechtsabkommen. Mehr als 2.000 Menschen haben allein zwischen dem 11. und 15. Mai über den Seeweg Indonesien und Malaysia erreicht. Einige von ihnen sind direkt nach ihrer Ankunft in Haft genommen worden. Viele der Flüchtlinge und MigrantInnen befinden sich bereits seit mehr als zwei Monaten auf dem Meer und benötigen dringend Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung. Werden sie nicht gerettet oder zurückgeschickt, so könnte dies einem Todesurteil gleichkommen. Medienberichten zufolge sind bereits mindestens zehn Personen auf den Booten ums Leben gekommen.
Die malaysischen Behörden haben erklärt, dass sie die Ankunft weiterer Boote mit Strafmassnahmen verhindern wollen, zu denen auch das Abweisen der Boote und das Ausweisen von MigrantInnen und Flüchtlingen gehören. Am 12. Mai haben die Behörden von Indonesien ein Boot mit 400 Personen abgewiesen und angegeben, sie mit Nahrungsmitteln und Wasser versorgt und ihnen den Weg nach Malaysia erklärt zu haben. Die thailändischen Behörden haben ebenfalls erklärt, dass sie niemanden an Land kommen lassen werden. Unter den Tausenden, die aus Myanmar und Bangladesch geflüchtet sind, befinden sich MigrantInnen, Opfer des Menschenhandels und Flüchtlinge, zu denen auch Angehörige der muslimischen Rohingya gehören, die in ihrem Herkunftsland Opfer vor Gewalt und Diskriminierung werden. Die Verzweiflung über die unerträglichen Lebensumstände treibt viele der Betroffenen dazu, die gefährliche Seereise anzutreten und damit ihr Leben aufs Spiel zu setzen.
Die Rechte dieser Menschen müssen ungeachtet ihres Rechtsstatus, ihres Einreiseweges oder ihres Herkunftslandes geschützt werden. Niemand darf allein wegen der Art der Einreise inhaftiert, verfolgt oder anderweitig bestraft werden. Amnesty International fordert die Länder der Region auf, unverzüglich ihre Such- und Rettungsmassnahmen in den betroffenen Gebieten auszuweiten und zu koordinieren und die Rechte der Menschen, die sich noch immer in den Booten auf dem Meer befinden, zu schützen.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Die Internationale Organisation für Migration geht davon aus, dass noch immer 8.000 Menschen in Booten vor der Küste von Thailand treiben. Die Behörden von Thailand, Indonesien und Malaysia haben erklärt, dass es ihre Strategie sei, die Boote daran zu hindern, ihr Staatsgebiet zu erreichen, sofern sie seetüchtig sind. Die thailändischen, indonesischen und malaysischen Behörden haben bereits Boote abgefangen, mit Nahrungsmitteln und Treibstoff versorgt und zurück aufs offene Meer geschleppt. In der vergangenen Woche haben Boote aus Myanmar und Bangladesch mit mehr als 2.000 Menschen Malaysia und Indonesien erreicht. Viele von ihnen befinden sich in einem schlechten gesundheitlichen Zustand und leiden an Dehydrierung oder Unterernährung. Einige sind inhaftiert worden und könnten ausgewiesen werden. Mindestens 1.300 Menschen haben in der vergangenen Woche mit Booten die indonesischen Provinzen Aceh und Nordsumatra erreicht. Viele litten an Unterernährung und Dehydrierung und benötigten dringend medizinische Versorgung. Am 10. Mai wurden etwa 600 Menschen von zwei Holzbooten gerettet, die vor der Küste im in Nord-Aceh gestrandet waren. Am Morgen des 15. Mai wurden etwa 700 Menschen von indonesischen FischerInnen aus dem Meer in der Nähe von Langsa in Ost-Aceh gerettet. Noch am selben Tag griffen weitere Fischerleute aus Indonesien 96 Menschen auf hoher See in der Nähe von Langkat in der Provinz Nordsumatra auf. In Malaysia gingen am 11. Mai mehr als 1.000 Menschen auf der Insel Langkawi an Land. Unter ihnen befanden sich auch Angehörige der muslimischen Rohingya und Menschen aus Bangladesch. Sie wurden in einer behelfsmässigen Haftanstalt festgehalten und werden nun in ein Flüchtlingslager im malaysischen Bundesstaat Kedah gebracht. Von dort sollen sie in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden. Ein weiteres Boot mit 500 Menschen an Bord wurde am 13. Mai vor dem nördlichen Bundesstaat Penang von der malaysischen Marine aufgegriffen. Man versorgte sie mit Treibstoff und Nahrungsmitteln und schickte sie wieder zurück auf hohe See. Ein drittes Boot, mit 300 Menschen an Bord, soll am 14. Mai von den Behörden in der Nähe der Insel Langkawi abgefangen und zurückgeschickt worden sein. Laut Angaben des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) haben sich zwischen Januar und März 2015 bereits 25.000 Menschen aus Bangladesch sowie Angehörige der Rohingya vom Golf von Bengalen aus in Booten aufgemacht. Dies sind fast doppelt so viele wie im selben Zeitraum in den vergangenen beiden Jahren. Ihr Ziel ist meist Malaysia. Viele reisen illegal ein, nachdem sie nach ihrer Ankunft in Thailand oftmals unter schlechten Bedingungen in Lagern von SchlepperInnen und MenschenhändlerInnen festgehalten wurden. Hunderte Rohingya, die vom Golf von Bengalen aus mit dem Boot nach Malaysia gekommen waren, haben in den vergangenen Jahren weitere Versuche unternommen, auf auf dem Seeweg über die Strasse von Malakka nach Indonesien zu gelangen. Auch wenn Indonesien, Malaysia und Thailand die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 nicht unterzeichnet haben und es sowohl in Thailand als auch in Malaysia an formellen rechtlichen und administrativen Richtlinien zum Umgang mit Flüchtlingen fehlt, müssen die drei Länder die im Völkergewohnheitsrecht verankerten Prinzipien einhalten. Dies schliesst sowohl das Non-Refoulement-Prinzip, nach dem es verboten ist, Menschen in ein Gebiet zurückzuweisen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit in Gefahr sein könnten, als auch das absolute Verbot von Folter und anderweitiger grausamer, erniedrigender und unmenschlicher Behandlung ein. Weitere verbindliche Prinzipien des Völkerrechts finden sich in den Bestimmungen des UN-Seerechtsübereinkommens von 1982, zu dessen Vertragsstaaten Malaysia, Indonesien und Thailand gehören. Unter anderem schreibt dieses Übereinkommen die Durchführung von Such- und Rettungsoperationen vor. Zudem haben ASEAN-Länder gemäss Artikel 1 (7) der ASEAN-Menschenrechtserklärung die Verantwortung, Menschenrechte und grundlegende Freiheiten zu fördern und zu schützen.