Roma-Familien droht Zwangsräumung
Acht Roma-Familien in der rumänischen Stadt Eforie droht unmittelbar die Zwangsräumung. Die Behörden müssen die Anwendung internationaler menschenrechtlicher Schutzmassnahmen sicherstellen, um eine rechtswidrige Zwangsräumung zu verhindern.
In der Stadt Eforie im Südosten Rumäniens soll bis zum 30. April ein Gebäude in der Mihai-Viteazu-Strasse 80 zwangsgeräumt und etwa 30 dort lebende Roma vertrieben werden. Dies wäre bereits die dritte Zwangsräumung von Roma in Eforie in weniger als zwei Jahren. Die Roma-Familien leben seit Oktober 2013 in besagtem Gebäude, nachdem sie damals aus ihren Wohnungen in der Agricola-Strasse vertrieben worden waren. Da sie keine andere Unterkunft hatten, zogen sie in das Gebäude in der Mihai-Viteazu-Strasse 80, ein ehemaliges Internat. Seitdem leben die Familien in ständiger Angst vor einer weiteren Räumung, da sie über keinerlei Rechtssicherheit verfügen, was ihre Wohnverhältnisse angeht.
Die Behörden von Eforie haben die internationalen Schutzmassnahmen gegen rechtswidrige Zwangsräumungen und zum Schutz der Menschenrechte nicht umgesetzt. So wurde beispielsweise nicht die Anstrengung unternommen, mit den Betroffenen echte Alternativen zur Räumung auszuloten. Am 14. April stellten die lokalen Behörden den Roma-Familien schriftliche Mitteilungen zu, in denen diese aufgefordert wurden, «alle offenen Schulden» zu begleichen und das Gebäude zu räumen. In den Mitteilungen heisst es, die Familien könnten nach Begleichung der Schulden damit rechnen, «dass die Wohnungskommission im Rahmen der verfügbaren Mittel Notunterkünfte bereitstellen» werde. Nähere Informationen zu den genannten Schulden wurden den Betroffenen nicht mitgeteilt. Auch angemessene Alternativunterkünfte im Vorfeld der Räumung wurden nicht garantiert.
Diese angedrohte Zwangsräumung folgt einem Muster, nach dem die Behörden von Eforie systematisch Roma-Familien vertreiben. Im Oktober 2013 wurden 101 Personen, darunter 55 Minderjährige, aus ihren Wohnungen in der Agricola-Strasse vertrieben und somit obdachlos gemacht. Nach vier Tagen schlechter Witterungsverhältnisse erklärten sich einige der Betroffenen bereit, vorübergehend in einem Schulgebäude untergebracht zu werden, welches nicht angemessen ausgestattet war. Die übrigen acht Familien liessen sich in dem Gebäude in der Mihai-Viteazu-Strasse 80, einem ehemaligen Internat, nieder. Im Juli 2014 wurden zehn der Familien, die in dem Schulgebäude untergebracht waren, erneut vertrieben. Sieben Familien bezogen unangemessene Container-Unterkünfte, während drei weitere Familien in die Obdachlosigkeit gedrängt wurden.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Amnesty International befürchtet, dass diese Räumung einer rechtswidrigen Zwangsräumung gleichkommen könnte, wenn nicht umgehend die international anerkannten Vorkehrungen zum Schutz vor rechtswidrigen Zwangsräumungen getroffen werden und wenn Personen im Zuge der Räumung obdachlos werden. Die Lokalbehörden würden damit gegen internationale Menschenrechtsnormen verstossen, zu deren Einhaltung sich Rumänien verpflichtet hat. Dieser Fall ist einer von vielen Fällen rechtswidriger Zwangsräumungen von Roma, die Amnesty International und andere Organisationen auf lokaler Ebene in Rumänien dokumentiert haben. Diese Fälle zeigen, dass die rumänischen Behörden es nach wie vor versäumen, diese unter dem Völkerrecht verbotene Praxis zu unterbinden und sicherzustellen, dass Räumungen stets mit angemessenen Schutzmassnahmen einhergehen.
Rumänien hat sich darüber hinaus zur Einhaltung einer Reihe weiterer internationaler und regionaler Menschenrechtsabkommen verpflichtet, welche rechtswidrige Zwangsräumungen untersagen und deren Verhinderung verlangen. Dazu zählen der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Kinderrechtskonvention und das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat in seiner Allgemeinen Bemerkung Nr. 7 dargelegt, dass Räumungen lediglich als letzte Möglichkeit durchgeführt werden dürfen, wenn bereits alle anderen Alternativen ausgeschöpft wurden und wenn die betroffenen Personen wirksam konsultiert worden sind. Selbst wenn eine Räumung als gerechtfertigt betrachtet wird, darf sie nur dann durchgeführt werden, wenn angemessene Verfahrensgarantien in Kraft sind und Entschädigung für alle erlittenen Verluste und angemessene alternative Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden.
Erst im Dezember 2014 stellte der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in seiner regelmässigen Überprüfung fest, dass Rumänien seinen internationalen Verpflichtungen nicht nachkommt, u. a. was rechtswidrige Zwangsräumungen und das Recht auf angemessenes Wohnen angeht. In seinen abschliessenden Bemerkungen empfahl der Ausschuss die Umsetzung aller nötigen Massnahmen, um den Zugang zu angemessenem Wohnraum für benachteiligte und marginalisierte Gruppen, einschliesslich Roma, zu gewährleisten. Der Ausschuss forderte die rumänischen Behörden auf, die nationale Gesetzgebung dahingehend abzuändern, um Personen in informellen Siedlungen ein Mindestmass an Rechtssicherheit zu garantieren. Zudem wurden die Behörden angehalten, sicherzustellen, dass Räumungen stets in Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsnormen durchgeführt werden. So soll insbesondere verhindert werden, dass Roma vertrieben werden, «ohne konsultiert worden zu sein, Verfahrensgarantien zugesprochen bekommen zu haben und alternative Unterkünfte bzw. Entschädigungsleistungen erhalten zu haben, mit denen sie sich eine angemessene Unterkunft besorgen können».