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Startseite Urgent Actions 2015 04 Life sentence for «confessing» under torture Torture allegations ignored, sentence upheld
FI 095/15-2
Katar
Abgeschlossen am 20. Juni 2016

Foltervorwürfe nischt untersucht, Haftstrafe bestätigt

AI-Index: MDE 22/3977/2016

Das höchste Berufungsgericht von Katar, das Kassationsgericht, hat am 2. Mai die 15-jährige Haftstrafe von Ronaldo Lopez Ulep bestätigt. Die von ihm erhobenen Foltervorwürfe sind noch immer nicht untersucht worden.

Das Kassationsgericht in Doha, der Hauptstadt von Katar, hat am 2. Mai die Verurteilung gegen den philippinischen Staatsbürger und ehemaligen Zivilangestellten der katarischen Luftwaffe Ronaldo Lopez Ulep wegen Spionage bestätigt.

Ronaldo Lopez Ulep wurde nach seiner Festnahme im Jahr 2010 etwa einen Monat lang von der Staatssicherheitsbehörde ohne Kontakt zur Aussenwelt festgehalten, bevor man ihm erlaubte, seine Familie zu kontaktieren. Personen, die Einsicht in den Fall hatten, gaben an, dass Ronaldo Lopez Ulep während der ersten acht Monate seiner Inhaftierung gefoltert wurde. BeamtInnen der Staatssicherheitsbehörde zwangen ihn, ein Dokument zu unterschreiben, das er nicht lesen konnte, da es auf Arabisch geschrieben war. Das Dokument wurde dem Gericht später als „Geständnis“ vorgelegt und trug entscheidend zum Schuldspruch bei. Im Mai 2014 verurteilte ein erstinstanzliches Gericht Ronaldo Lopez Ulep zu lebenslanger Haft. Nach seiner Verurteilung wurde er in das Zentralgefängnis von Doha gebracht, wo man ihm regelmässigen Kontakt zu seiner Familie verwehrt.

Aus Gerichtsakten geht hervor, dass Ronaldo Lopez Ulep bei seiner Verhandlung angab, dass sein „Geständnis“ unter Folter und anderweitiger Misshandlung erzwungen wurde. Das Gericht erster Instanz wies diese Vorwürfe jedoch mit der Begründung zurück, dass nicht genügend Beweise vorhanden wären, um diese zu stützen. Der Rechtsbeistand von Ronaldo Lopez Ulep sprach die Vorwürfe über Folter und Misshandlung auch im Rechtsmittelverfahren an, das Berufungsgericht ging darauf jedoch weder ein, noch ordnete es eine Untersuchung an. Am 31. Mai 2015 wurde sein Urteil bestätigt, seine Haftstrafe jedoch auf 15 Jahre reduziert. Anschliessend legte Ronaldo Lopez Ulep Rechtsmittel beim höchsten Berufungsgericht von Katar, dem Kassationsgericht, ein.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Am 7. April 2010 wurde Ronaldo Lopez Ulep von sechs Angehörigen der Strafverfolgungsbehörde in seinem Haus in Doha festgenommen. Laut Amnesty International vorliegenden Informationen wurde er bei zwei Verhörsitzungen während der ersten Monate seiner Inhaftierung gefoltert. BeamtInnen fügten Ronaldo Lopez Ulep mit Zigaretten Verbrennungen auf dem Rücken und den Beinen zu. Er wurde entkleidet und dazu gezwungen, auf dem Boden auf den Knien herumzurutschen, bis diese bluteten. Ausserdem wurde er geschlagen und geohrfeigt.
Nach seiner Festnahme verbrachte Ronaldo Lopez Ulep vier Jahre in Einzelhaft bei der Staatssicherheitsbehörde in Doha. Am 30. April 2014 wurde er vom Gericht erster Instanz in Doha der Spionage für schuldig befunden und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Man warf ihm vor, „Informationen über seinen Arbeitsgeber verkauft“ zu haben. Sein Rechtsmittelverfahren begann am 26. Mai 2014 und umfasste mehr als sechs Gerichtstermine, von denen einige lediglich 15 Minuten dauerten. Ronaldo Lopez Ulep wurde vor Gericht keine Verdolmetschung zur Verfügung gestellt.
Die Gefängnisverwaltung hat Ronaldo Lopez Ulep nur einmal erlaubt, seine Familie anzurufen, obwohl er dies bereits mehrfach mündlich und schriftlich beantragt hat. Zudem wurde ihm wiederholt verweigert, Geld von seinem Konto an seine Familie zu überweisen, die auf den Philippinen lebt. Dies hat schwerwiegende Folgen für seine Familie, da sie sich in einer finanziellen Notlage befindet und das Geld von Ronaldo Lopez Ulep benötigt, um für die Schulbildung der Kinder zahlen zu können.
Zwei weitere philippinische Staatsbürger standen im selben Verfahren wie Ronaldo Lopez Ulep vor Gericht und legten ebenfalls Rechtsmittel ein. Sie waren im März bzw. April 2010 festgenommen worden. Man nimmt an, dass sie vor ihrem Prozess ebenfalls in der Staatssicherheitsbehörde in Einzelhaft gehalten wurden. Beide gaben an, dass ihre „Geständnisse“, die man dem Gericht vorlegte, unter Folter erzwungen wurden. Einer dieser Männer wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, den anderen verurteilte man im Mai 2014 zum Tode. Die Urteile wurden in ihren Rechtsmittelverfahren am 31. Mai 2015 in eine 15-jährige Haftstrafe bzw. in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. Auch die Urteile der beiden Männer sind am 2. Mai 2016 vom Kassationsgericht bestätigt worden.
Im September 2014 und im Januar 2015 wandte sich Amnesty International mit zwei Schreiben bezüglich des Falls an die Behörden von Katar, erhielt jedoch keine Antwort. Die Organisation brachte den Fall auch vor der philippinischen Botschaft in Katar und dem Nationalen Menschenrechtskomitee des Landes zur Sprache.
Amnesty International hat in den vergangenen Jahren immer wieder Berichte aus Katar über Folter oder anderen Formen der Misshandlung erhalten, mit deren Hilfe man Gefangene zu „Geständnissen“ oder zur Herausgabe von Informationen gezwungen hat. Die meisten Vorfälle, die bekannten wurden, ereigneten sich in der Zeit, bevor die Gefangenen angeklagt oder vor Gericht gestellt wurden und vor allem, während sich die Personen in Gewahrsam der Staatssicherheitsbehörde befanden und keinen Kontakt zur Aussenwelt hatten. AktivistInnen in Katar zeigten sich besorgt darüber, dass sich Angehörige der Staatsicherheit, die in der Regel in Zivil arbeiten, nicht ausweisen, wenn sie Personen festnehmen. Die AktivistInnen äussern zudem Besorgnis darüber, dass die Gefangenen in Hafteinrichtungen der Polizei festgehalten werden und nicht in solchen, die der Staatssicherheitsbehörde unterstehen. Offenbar versucht die Staatssicherheitsbehörde auf diese Weise, die Verantwortung für bestimmte Festnahmen und Inhaftierungen von sich zu weisen, und so Kritik an ihren Handlungen zu verhindern.

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