07.09.15 NEWS
We would like to share a clarification on Adrián Vásquez's case following our update from 4.9. The targets and key calls remain up-to-date, as the prosecution can - in theory - reach the decision to drop charges against him at any point in the legal process.
Therefore we are encouraging you to continue writing based on the calls below. We will share any further information or guidance as appropriate.
04.09.2015
Unfortunately the Public Prosecutor rejected the legal resource presented by Adrian Vásquez's lawyer and the opportunity to drop charges. Adrian therefore remains in prison. The Mexico team is waiting to find out whether Adrian's lawyer will continue with another constitutional recourse or wait for sentencing.
Thank you all for taking action on this case. We will update the UA and the Stop Torture global petition as soon as possible.
12.08.2015
The Mexico team have been ringing officials at the Federal Attorney General's Office (both in Mexico City and in Tijuana, Baja California state) who have said that they are receiving emails from AI activists from all over the world. They have also said that they continue to review Adrián's case.
Anklagen fallenlassen!
Adrián Vasquez Lagunes wurde im September 2012 willkürlich festgenommen. PolizeibeamtInnen folterten ihn, um ihm Drogendelikte zur Last legen zu können. Seitdem befindet er sich in der im Norden Mexikos gelegenen Stadt Tijuana in Haft. Alle gegen ihn vorliegenden Beweise gehen auf Folter und andere Verstösse gegen die Richtlinien für ein rechtsstaatliches Verfahren zurück. Die Staatsanwaltschaft hat nun wenige Tage Zeit, um auf einen Rechtsbehelf zu reagieren und die Anklagen gegen Adrián Vasquez Lagunes fallenzulassen.
Adrián Vasquez Lagunes ist 33 Jahre alt und Vater von vier Kindern. Er wurde im September 2012 festgenommen, als er mit seinem Auto durch Tijuana im mexikanischen Bundesstaat Baja California fuhr. Er befand sich anschliessend zwölf Stunden lang in Gewahrsam der Polizei des Bundesstaates. Während dieser Zeit drohte man ihm, schlug ihn und erstickte ihn fast, als man ihm durch die Nase Wasser einflösste, das sich in seiner Lunge sammelte. NachbarInnen haben gesehen, wie Adrián Vasquez Lagunes von PolizistInnen geschlagen wurde, als sie ihn zu seinem Haus brachten, um dieses zu durchsuchen. Anschliessend führte die Polizei Adrián Vasquez Lagunes den Medien als berüchtigten Drogenschmuggler vor. Die BeamtInnen, die an seiner Festnahme beteiligt waren, überstellten ihn der Staatsanwaltschaft und gaben an, sie hätten ihn wegen der Übertretung von Geschwindigkeitsbegrenzungen in einem gestohlenen Fahrzeug angehalten und er hätte sich dann spontan selbst als Drogenschmuggler identifiziert. Kurz danach kollabierte Adrián Vasquez Lagunes und wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo wegen seiner Folterverletzungen eine lebensrettende Operation durchgeführt werden musste. Die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft hat gegen Adrián Vasquez Lagunes Anklage wegen Drogendelikten und illegalen Waffenbesitzes erhoben. Er befindet sich seitdem in Haft, und sein Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die Anwältin von Adrián Vasquez Lagunes konnte beweisen, dass ihr Mandant sich bei seiner Festnahme nicht in einem gestohlenen Fahrzeug befunden hat und dass das Festnahmeprotokoll Unstimmigkeiten aufweist. Zudem erklärte sie, dass es den Behörden nicht gelungen sei, zu beweisen, dass die angeblich im Auto von Adrián Vasquez Lagunes gefundenen Waffen und Drogen tatsächlich ihrem Mandanten gehörten. Die Aussagen der NachbarInnen sind nicht berücksichtigt worden und Adrián Vasquez Lagunes hat niemals zugegeben, ein Drogenhändler zu sein. Neben den Angaben des Polizeibeamten, der Adrián Vasquez Lagunes gefoltert haben soll, sind die einzigen gegen ihn vorliegenden Beweise die Drogen und Waffen, die angeblich gefunden wurden, als er sich bereits in Haft befand.
Nachdem seine Anwältin einen Rechtsbehelf eingelegt hat, hat die Staatsanwaltschaft nun wenige Tage Zeit, um den Fall zu prüfen. Die Staatsanwaltschaft hat die Möglichkeit, die Anklagen gegen Adrián Vasquez Lagunes fallenzulassen und seine Freilassung zu veranlassen.
Hintergrundinformationen
Amnesty International hat Adrián Vasquez Lagunes in dem Gefängnis besucht, in dem er seit September 2014 festgehalten wird. Seitdem steht die Organisation telefonisch sowie über seine Anwältin und seine Familie in Kontakt mit ihm. Zudem hat Amnesty International lokale Behörden und Bundesbehörden sowie nationale und internationale Medien auf seinen Fall aufmerksam gemacht. Am 7. April 2015 hat die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Baja California Anklage gegen drei Angehörige der Polizei des Bundesstaates erhoben, die mutmasslich für die Folterung von Adrián Vasquez Lagunes verantwortlich waren. Obwohl Baja California bekannt für die hohe Anzahl an Anzeigen wegen Folter ist, war dies das erste Mal, dass dort Anklage gegen mutmassliche Folterer erhoben wurde. Kurze Zeit später wies ein Richter die Anklagen jedoch zurück. Gegen die Entscheidung des Richters ist Rechtsmittel eingelegt worden. Adrián Vasquez Lagunes und seine Frau haben ihre Geschichte in einem Videobeitrag für Amnesty International erzählt, den Sie unter https://www.youtube.com/watch?v=spgm0OYQQYA ansehen können. Zudem gibt es auch eine Online-Petition auf Englisch: https://www.amnesty.org/en/get-involved/take-action/action-release-torture-victim-adrian-vaasquez-now/. Folter ist in Mexiko weit verbreitet. Angehörige der Polizei und des Militärs wenden Folter oft im Rahmen von Einsätzen zur öffentlichen Sicherheit an, um „Geständnisse“ oder Informationen von Tatverdächtigen oder Personen zu erpressen, die sich lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort befinden. PolizeibeamtInnen setzen Folter zudem ein, um Häftlingen Angst einzuflössen und sie in der Folge davor zurückschrecken, die Misshandlungen zu melden. In einer 2014 von Amnesty International durchgeführten Studie haben 64 Prozent der Befragten in Mexiko angegeben, dass sie sich bei einer möglichen Inhaftierung vor Folter fürchten würden. Der Nationalen Menschenrechtskommission zufolge hat sich die Anzahl der Anzeigen wegen Folter und anderweitiger Misshandlung zwischen 2003 und 2013 versechsfacht. Zwischen 2010 und 2013 wurde mehr als 7000 Mal Anzeige wegen Folter und anderweitiger Misshandlung erstattet. Im Jahre 2014 verzeichnete die Nationale Menschenrechtskommission einen leichten Rückgang der Anzeigen. Die Arbeit der Kommission konzentriert sich dabei jedoch nur auf die Anschuldigungen gegen BundesbeamtInnen. Das Ausmass der Folter durch BeamtInnen der einzelnen Städte oder Bundesstaaten, welche die grosse Mehrzahl der PolizeibeamtInnen des Landes ausmachen, ist gänzlich unbekannt. Folter und Misshandlungen werden häufig von Ordnungskräften, höheren BeamtInnen, StaatsanwältInnen, RichterInnen und einigen Menschenrechtskommissionen stillschweigend gebilligt, toleriert oder ignoriert. Dies führt dazu, dass die meisten TäterInnen straffrei bleiben, was ein ständiges Risiko für die Bevölkerung darstellt. Seit Folter im Jahre 1991 in Mexiko unter Strafe gestellt wurde, sind nur sieben Folterer auf Bundesebene verurteilt worden. StaatsanwältInnen und RichterInnen verwenden unter Folter erzwungene Beweise, um Personen strafrechtlich zu verfolgen und zu verurteilen. Den internationalen Standards entsprechende gerichtsmedizinische Untersuchungen von Personen, die gefoltert worden sein sollen, gibt es so gut wie nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft führte 2013 insgesamt 206 und 2014 insgesamt 185 Untersuchungen durch. Amnesty International überprüfte einige dieser Untersuchungen und stellte fest, dass die meisten nicht mit den zentralen Leitlinien der Vereinten Nationen übereinstimmen. Die meisten Folteropfer werden überhaupt nicht von GerichtsmedizinerInnen untersucht. Die Personen, die untersucht werden, können keineswegs damit rechnen, dass das Gutachten letztendlich auch von den StaatsanwältInnen und RichterInnen berücksichtigt wird. Im Mai 2014 startete Amnesty International die internationale Stop-Folter-Kampagne, die sich unter anderem auf Mexiko konzentriert. Weitere Informationen finden Sie auf: http://www.stopfolter.de/. Einen Kurzbericht von Amnesty International zu Folter und Misshandlungen in Mexiko finden Sie unter https://www.amnesty.de/files/140601_Stop_Folter_Laenderbriefings_lang_Mexiko_DE_FINAL.pdf. Im März 2015 hat der UN-Sonderberichterstatter über Folter eine detaillierte Bewertung der Situation in Mexiko veröffentlicht (www.antitorture.org). Die mexikanische Regierung hat den Bericht heftig kritisiert und leugnet noch immer, dass Folter ein weitverbreitetes Problem in Mexiko ist. Die Regierung hat die Analyse und die Empfehlungen des UN-Sonderberichterstatters in einer kurzen Stellungnahme jedoch zumindest „begrüsst“.